Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
dürften Schiffe benötigen, um Herdaana und Ishar zu erreichen, und angesichts der Bergketten auf der Landenge schicken sie vermutlich auch nach Süd-Hylar Boten über das Wasser. Das ganze System funktioniert nur bei Tageslicht, aber es bedeutet immer noch, dass sie Nachrichten sehr viel schneller weitergeben können, als wir zunächst vermutet hatten.«
»Genial«, murmelte Sean.
»Allerdings. Natürlich stellen wir hier bisher immer nur Vermutungen an, aber es sieht ganz so aus, als würde die Kirche den politischen Einfluss ganz gezielt dezentralisiert halten, und wenn sie diejenigen sind, die das gesamte Kommunikationsnetz in ihrer Hand haben, dann hätten die damit einen geradezu unermesslichen taktischen Vorteil. Ich möchte annehmen, dass die genau das auch bis zum Anschlag ausreizen: Wenn die Kirche sagt ›Spring!‹, dann, so schätze ich, fragt der betroffene Fürst nur: ›Wie hoch?‹. Zusätzlich zu den Semaphoren-Türmen gibt es in jeder Stadt – und auch in den meisten Dörfern, die sich in Reichweite unserer Sonden befinden –, mindestens einen Kirchen-Komplex. Einige größere Städte haben Dutzende davon, und die kümmern sich wirklich um verdammt viel . Dass sie den Leuten lesen und schreiben beibringen, ist nur ein winziger Ausschnitt ihrer umfassenden Aktivitäten.
Was noch wichtiger ist: Die Stadt mit der Energiequelle stellt genau den Punkt dar, an dem die Semaphoren-Ketten zusammenlaufen – sozusagen das pardalianische Gegenstück zum Vatikan. Tatsächlich wird auch die gesamte Stadt nur als der ›Tempel‹ bezeichnet, und so weit wir das beurteilen können, stellt der Hohepriester sowohl den weltlichen als auch den geistlichen Herrscher dar. Interessanterweise trägt besagter Hohepriester den Titel eurokat a'demostano .« Überrascht blickte Sean auf, und sie nickte. »Selbst wenn man mehrere Jahrtausende der Sprachverschleifung berücksichtigt, klingt mir das viel zu sehr wie eurokath adthad diamostanu , um als Zufall durchzugehen.«
»›Hafenadmiral‹«, übersetzte Sean leise und betrachtete mit gerunzelten Stirn den Lichtpunkt in der Stadt. »Glaubst du, die Kirche hat direkt mit dem Quarantäne-System zu tun?«
»Wahrscheinlich«, antwortete Harriet jetzt anstelle von Sandy. »Die Lage des ›Tempels‹ legt diesen Gedanken zumindest nahe, gerade wenn man daneben auch noch den Hafenadmiral-Titel des Priesters berücksichtigt. Und wenn die tatsächlich noch einen Zugang zu dem Computer bewahrt haben, der dieses System aktiv hält, dann müsste dieser Zugang auf jeden Fall rein verbal sein. Es ist undenkbar, dass dort noch jemand mit einem Neuralzugang rumläuft. Falls die Pardalianer das Quarantäne-System irgendwie über auswendig gelernte Befehle betreiben, würde das vielleicht auch erklären, warum das System so langsam und so ungeschickt vorgegangen ist, als es uns angegriffen hat: Die wussten wirklich im wahrsten Sinne des Wortes nicht, was sie eigentlich tun. Andererseits: Wenn sie wirklich verbal auf den Computer zugreifen können … überlegt dir mal, was das für eine Religion bedeuten würde! Für die wäre das doch wirklich wie die Stimme Gottes!«
»Was dann vielleicht auch gleich den universalen Machtanspruch der Kirche erklären würde«, setzte Sean den Gedanken fort.
»Ganz genau«, bestätigte Sandy. »Auch wenn wir einige Hinweise gefunden haben, die zumindest vermuten lassen, dass der derzeitige politische Einfluss der Kirche eher jüngeren Datums ist. Und es würde vielleicht auch erklären, warum sie in Kontakt mit High-Tech stehen, ohne sich bewusst zu sein, dass es überhaupt Technologie ist . Das ist dann keine Maschine, das ist ›Gott‹.«
»Und das«, stellte Tamman nun fest, »hilft uns wirklich keinen Schlag weiter, Sean! Zumindest nicht, wenn wir auf diesen Computer zugreifen wollen, meine ich. Wenn das wirklich deren Allerheiligstes ist, dann wird der Zugriff darauf höchstwahrscheinlich äußerst eingeschränkt sein – es sei denn, wir wären bereit, uns den Weg dorthin bis auf Reichweite der Neuralzugänge freizuschießen.«
»Bis dahin ist es noch ein verdammt weiter Weg, Tam. Wie dem auch sei: Ich würde es bevorzugen, erst einmal auf Erkundungstour zu gehen, bevor wir anfangen, irgendwelche Pläne zu schmieden.«
»Vielleicht«, warf jetzt Brashan ein, »aber ich fürchte, dass wir hier ein Problem haben könnten.« Er veränderte das Bild auf dem Display, und nun sah man eine Nahaufnahme von einem ihrer ferngelenkten
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