Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
mit den Händen. Der Mühlenbauer war mehr als doppelt so alt wie Stomald, und dem Priester fiel auf – und das nicht zum ersten Mal, wie absurd es war, dass jemand, der älter war als sein eigener Vater, ihn so flehentlich anschaute. Er schalt sich – ebenso nicht zum ersten Mal – für diesen Gedanken. Folmak suchte hier nicht etwa bei ›Stomald Gerakson‹ Hilfe; er schaute hier auf Vater Stomald aus Klippenend, und Vater Stomald sprach nicht mit eigener Autorität, sondern mit der von Mutter Kirche selbst.
»Sehr gut, Folmak, ich habe es mir angesehen«, sagte der junge Priester. Er hielt inne, konnte den wenig von Edelmut zeugenden Drang, seine Erklärung noch ein wenig länger geheimnistuerisch zu verhüllen, einfach nicht unterdrücken, doch dann lächelte er. »So weit ich das beurteilen kann, ist dieser neumodische Apparat ganz im Einklang mit sämtlichen Lehrsätzen. Wenn du mit mir zum Pfarrhaus kommen möchtest, kann ich dir die Bestätigung gleich ausfüllen.«
Ein gewaltiges Grinsen breitete sich auf dem bärtigen Gesicht des Mühlenbauers aus. Stomald gestattete sich, dieses Grinsen zu erwidern, dann gab er Folmak einen Klaps auf die breite Schulter, und die schiere Freude, seiner Schar gedient zu haben, ließ ihn noch jünger wirken.
»Tatsächlich«, fuhr er dann fort und lachte leise, »habe ich, glaub ich, noch ein Fässchen von Schwester Yurids Winterbier da, und ich denke, das wäre ein guter Anlass, es anzuschlagen. Findest du nicht auch?«
Dieses Mal glitzerten Sandys Augen wirklich. Harriet wirkte fast ebenso aufgeregt, und Sandy begann schon zu reden, noch bevor sich alle gesetzt hatten.
»Leute«, sagte sie, »wir haben zwar immer noch nicht herausgefunden, wie Pardal seine Technologie-Basis eigentlich verloren hat, aber wenigstens wissen wir jetzt, warum die Pardalianer nicht wieder eine neue entwickelt haben! Wir haben vorletzte Nacht mehrere Stunden in der Kirchen-Bibliothek verbracht – mit Hilfe unserer Fernsonden haben wir Bücher in die Datenbanken eingelesen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir noch keine Gelegenheit, uns inhaltlich damit zu befassen. Aber jetzt hat sich herausgestellt, dass es sich bei einem unserer Funde um ein Buch über die Doktrinen der Kirche handelt, und ein paar andere befassen sich mit Kirchengeschichte. Aus welchem Grund auch immer: Die Kirche hat Technologie mit einem Kirchenbann belegt!«
»Moment mal!«, warf Sean ein. »Darüber habe ich auch schon nachgedacht, aber das funktioniert doch nicht. Zumindest nicht über fünfundvierzigtausend Jahre.«
»Warum denn nicht?«
»Denkt doch mal einen Augenblick darüber nach! Nehmen wir einfach mal an, dass irgendwann in der Vergangenheit – vor ziemlich langer Zeit, möchte ich annehmen, wenn man bedenkt, wie viel von den imperialen Ruinen noch übrig ist – die Kirche Technologie tatsächlich geächtet hat. Ich kann mir ein paar Szenarien vorstellen, wie es dazu gekommen sein kann – zum Beispiel Harrys ersten Vorschlag, die könnten sich gegenseitig sozusagen in die Steinzeit zurückgebombt oder im Alleingang einen biologischen Kampfstoff entwickelt haben. In beiden Fällen könnte problemlos ein Großteil der Menschen auf diesem Planeten dabei umgekommen sein, die ein Faible für Technik hatten. Ich könnte mir gut vorstellen, dass eine derartige Zerstörung zu einer anti-technologischen Grundhaltung führen kann, die dann in eine ›religiös‹ begründete anti-technologische Grundhaltung übergeht. Auf jeden Fall ist irgendetwas dafür verantwortlich, dass die ihre ursprüngliche Schrift verloren haben, ihre ursprüngliche Sprache, ihre Wissenschaften – samt und sonders, und das klingt eher nach systematischer Unterdrückung als nur nach einem ›Schaden‹ an ihrer Technologie-Basis.
Aber wenn so etwas geschehen wäre, dann würde die Kirche schon ein paar Jahrtausende später überhaupt nicht mehr wissen , was ›Technologie‹ überhaupt ist. Wie sollten sie dann also verhindern, dass etwas Derartiges aus eigenständigen Überlegungen neu erwächst? Ohne irgendein Referenzsystem, anhand dessen sie würden erklären können, was ›High-Tech‹ überhaupt ist: Wie sollte die Kirche das denn überhaupt erkennen können? Wie es rechtzeitig verbieten, wenn es irgendwo auftaucht?«
»Klingt gar nicht dumm«, gestand Sandy ihm zu, »aber du weißt doch noch gar nicht, was wir noch alles herausgefunden haben. Erstens haben die das Universal-Imperiale überhaupt nicht vollständig verloren.
Weitere Kostenlose Bücher