Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
wissen.«
»Erscheint mir sinnvoll«, stimmte Sean zu. »Dann wär's das jetzt erst mal, oder?«
»Leider ja. Wir haben eine Kirchenbibliothek in einer der Städte etwas westwärts von hier entdeckt, und Tam und ich werden heute Nacht ein paar Fernsonden ausschicken. Vielleicht können Harry und ich ja damit noch etwas anfangen.«
Vater Stomald hob sein blaues Gewand bis über die Knie an und watete in den eisigen angestauten Teich, um das neue Wasserrad zu begutachten. Folmak Folmakson, der Mühlenbauer, zappelte unruhig, während er wartete, und Stomald runzelte die Stirn. Ein Priester musste stets wachsam sein, wenn er dem Tal der Verdammten so nahe war, vor allem, nachdem die Prüfung erst kürzlich über sie gekommen war und diese sonderbare Sternschnuppe ihn seiner Pflichten gemahnt hatte. In Augenblicken wie diesen war er sich seiner eigenen Jugendlichkeit unglücklich bewusst, doch, so rief er sich selbst ins Gedächtnis zurück, ein Mann muss nicht alt sein, um Gott in seinem Herzen zu hören.
Er stapfte zum Rand des Mühlgrabens hinüber und spähte auf das Rad hinab. Doch, doch, es sah wirklich sonderbar aus. Stomald hatte noch nie von einem Wasserrad gehört, das durch Wasser angetrieben wurde, das von oben herabfiel, und nicht durch Schaufeln, die ins Wasser eintauchten. Er sah indes schon mehrere Vorteile. Zum einen erforderte diese Technik deutlich weniger Wasser, und das bedeutete, dass ein solches Wasserrad in trockeneren Regionen viel länger würde laufen können als die herkömmlichen Mühlräder. Zu wenig Regen war in Malagor nur selten ein Problem. Aber dank der Effizienz dieser neuen Konstruktionsweise konnten auch hier mit der gleichen Wassermenge mehr Räder betrieben werden.
Wieder runzelte er die Stirn, lauschte dem Knarren des Rades, während er die Probe durchführte. Das war hier eine ganz besonders wichtige Aufgabe, denn die Handwerker von Malagor waren schon immer besonders widerspenstig angesichts der Verfügungen von Mutter Kirche gewesen, schon seit den SchismaKriegen. Tatsächlich hatte Stomald manchmal das Gefühl, dass ihre Widerborstigkeit seitdem immer schlimmer geworden war … und er wusste, dass viele Malagoraner heimlich immer noch von der Unabhängigkeit ihres Fürstentums träumten. Allein innerhalb der letzten sechs Fünftage hatte Stomald tatsächlich vier Leute die verbotene Melodie von ›Malagor die Freie‹ pfeifen hören, und er machte sich ernstlich Sorgen darüber, wie er darauf reagieren sollte. Und doch war er erleichtert festzustellen, dass zumindest dieses Mühlrad keinen der Lehrsätze der Kirche verletzte. Es wurde von Wasser angetrieben, und für seinen Bau waren nicht die Entwicklungen neuer Werkzeuge oder Vorgehensweisen erforderlich. Es mochte auffällig innovativ sein, doch Stomald vermochte keinen dämonischen Einfluss zu entdecken. Es war immer noch ein Wasserrad, und Wasserräder wurden schon immer verwendet.
Er hörte auf, die Stirn zu runzeln, und setzte stattdessen einen angemessen meditativen Gesichtsausdruck auf, als er platschend wieder auf sein Publikum zuging. Er konnte, so entschied er, ein Urteil darüber abgeben, ohne Bischof Frenaur belästigen zu müssen, und das war eine immense Erleichterung. Wie die meisten dienstältesten Prälaten war der Bischof stets unglücklich, aus dem Tempel gerufen zu werden, wenn es dabei um etwas anderes ging als den zweimal im Jahr erforderlichen Besuch zur Seelsorge. Stomald wollte gar nicht darüber nachdenken, wie der Bischof wohl reagieren würde, wenn irgendein Dorf-Unterpriester, vor allem auch noch ein Dorf-Unterpriester, der in Malagor geboren war, den Vorschlag unterbreitet hätte, ein Konklave sei erforderlich, und die Tatsache, dass Folmak nicht eine einzige neuartige Technik eingeführt hatte, bot ihm einen Ausweg aus dieser misslichen Lage.
Was, so dachte Stomald mit einem Hauch von Schuldgefühl, in mehr als nur einer Hinsicht als Glücksfall betrachtet werden darf. Der neue Katechismus deutete daraufhin, dass Mutter Kirche in eine ihrer eher dogmatisch geprägten Phasen eintrat, und einige Vorgehensweisen der Inquisition ließen für Stomalds störrische Landsleute nichts Gutes erahnen. Bischof Frenaur hätte sich tatsächlich bemüßigt fühlen können, ein Exempel an Folmak zu statuieren.
Stomald stieg aus dem Wasser, versuchte ein für einen Priester äußerst unziemliches Zittern zu unterdrücken, und Folmak trat von einem Fuß auf den anderen und rang fast verzweifelt
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