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Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums

Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums

Titel: Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Stomald starrte die Gewänder an, die auf dem Tisch in seinem Pfarrhaus lagen, während knarrend Wagen an seinem Fenster vorbeirollten. Nioharqs zogen Karren voller Schutt durch Klippenend, Viehtreiber schrien, und die Vorarbeiter, die mit den Wiederaufbau beschäftigt waren, bellten Anweisungen, doch die Menschen, die in der Kirche selbst arbeiteten, flüsterten nur.
    Der junge Priester spürte ihre Angst, denn ihr Entsetzen hatte sich auch tief in seinen eigenen Verstand eingegraben, und mit diesem Entsetzen sogar noch eine weitere, noch viel größere Furcht.
    Mutter Kirche hatte sie im Stich gelassen. Er hatte sie im Stich gelassen, und nun wappnete er sich und berührte noch einmal den blutbefleckten Stoff. Er war nur der Vikar eines kleinen Bergdorfes, doch er hatte seine Pilgerfahrt zum Tempel gemacht und hatte an der Kommando-Luke gedient, während Hohepriester Vroxhan die Messe gelesen hatte. Er hatte die Pracht des Tempels und des Heiligtums gesehen, in dem Gottes Eigene Stimme wohnte, und er hatte die herrlichen Gewänder des Hohepriesters betrachtet, hatte die herrlichen Stoffe und die glitzernden goldenen Borten bewundert, das Schimmern ihrer Knöpfe …
    Und all diese Pracht verblasste neben diesen blutbefleckten Kleidungsstücken, als hätte ein Kind ungeschickt versucht, etwas nachzuahmen.
    Er zwang sich, das Oberteil anzuheben, und die schimmernden Knöpfe blitzten im Licht der Sonne, das durch das Fenster fiel, fingen mit der gekrönten Pracht von Gottes Explodierenden Stern das Herz der Sonne selbst ein. Doch Stomald atmete zischend aus, als er genauer hinschaute, denn ein sonderbares, geflügeltes Geschöpf – ein prachtvolles Wesen, wie er es sich bisher nicht einmal hatte vorstellen können – brach aus dem Herzen des Sterns hervor und griff nach Gottes Krone … genau wie die Dämonenfrau aus den Flammen hervorgebrochen und auf ihn zugeschritten war.
    Er unterdrückte den hysterischen Drang, das Kleidungsstück von sich zu schleudern. Blasphemie! Blasphemie, die heiligsten der heiligen Symbole zu verunstalten! Doch dieses Geschöpf, dieses geflügelte Geschöpf, wie das geflügelte Abzeichen eines Tempel-Boten, und doch anders als …
    Er zwang seinen rasenden Verstand zur Ruhe und betrachtete die Kleidungsstücke erneut. So herrlich diese Knöpfe auch waren, sie waren doch nur Verzierungen, anders als die auf den Gewändern von Hohepriester Vroxhan. Mit einer zitternden Fingerspitze fuhr er über den unsichtbaren Verschluss, mit dem das Oberteil zusammengehalten wurde, und selbst jetzt konnte er nichts erkennen, was ihm verriet, wie es funktionierte.
    Als er, Stomald, und die anderen versucht hatten, die entweihten Gewänder dieser … dieser Frau, dieser Ketzerin oder … dieser Dämonin oder was auch immer sie nun war … abzunehmen …
    Seine Schultern verspannten sich, und er zwang sich dazu, sie wieder zu lockern. Als sie versucht hatten, dieser … Frau … die Kleidungsstücke abzunehmen, hatten sie keinerlei Verschlüsse gefunden, und selbst die schärfsten Klingen hatte der Stoff noch verlacht. Doch dann, ohne rechte Hoffnung, hatte er nur daran gezogen … genau so.
    Erneut öffnete er das Oberteil, strich über den Übergang von Ärmel und Schulter, dann biss er sich auf die Lippen. Er hatte seiner Mutter oft genug beim Nähen zugesehen und während seiner Zeit im Priesterseminar selbst schon genug genäht, um zu wissen, was er dort hätte vorfinden müssen: Nur gab es dort nicht eine Naht. Das Oberteil bestand aus einem einzigen Stück, perfekt und unteilbar, als wäre es im Ganzen gewebt, nicht zusammengefügt worden, und die einzigen Makel, die der Stoff aufwies, waren die Löcher, die die Kugeln der Musketen hineingerissen hatten …
    Er ging auf die Knie und faltete die Hände zum Gebet. Nicht einmal die berühmten Webstühle von Eswyn hätten diesen Stoff herstellen können! Und auch der beste Schneider des Tempels hätte sie nicht ohne Fäden oder Nähte anfertigen können. Kein Mensch hätte diesen magischen Verschluss konstruieren können!
    Es mussten Dämonen gewesen sein. Mit aller Macht sagte er es sich selbst, erzitterte erneut, als er sich an das Entsetzen erinnerte, das er angesichts der dröhnenden Dämonenstimme empfunden hatte. Doch in seinem Herzen wohnte ein noch größeres Entsetzen, denn die dröhnende Erhabenheit dieser Stimme war über ihn mit den Worten der Heiligen Zunge selbst hinweggebrandet!
    Er stöhnte auf, sein Stöhnen hallte im leeren Raum wieder,

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