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Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums

Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums

Titel: Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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und wieder kehrte der verbotene Gedanke zurück. Stomald kämpfte dagegen an, doch dieser Gedanke blieb in seinem Verstand zurück, und nun presste der junge Priester die Augen so fest zusammen, dass sie schmerzten, während der Gedanke in die Stille hineinflüsterte.
    Sie waren aus dem Tal der Verdammten gekommen, und Blitze hatten den wolkenlosen Himmel über dem Tal zerrissen. Sie hatten Klippenend mit Feuer und Donner überzogen. Ein Einziger von ihnen, ganz allein, hatte das ganze Dach von seiner Kirche heruntergerissen. Ein weiterer hatte drei schwere Karren zerstört. Ein Dritter hatte lodernd in den Flammen des heiligsten Öls von Mutter Kirche gestanden und hatte gelacht … gelacht! Und als der Rauch sich verzogen hatte, da hatte Stomald die blasigen Glasoberflächen betrachtet, die wie Edelsteine im Licht der Morgensonne geglitzert hatten – dort, wo die Schmiede zu weniger als Asche verbrannt war.
    Und trotz all ihrer unvorstellbaren Macht hatten sie niemanden getötet. Nicht einen Einzigen. Keinen Mann, keine Frau, kein Kind. Nicht einmal ein einziges Tier ! Nicht einmal die Männer, die ihre Gefährtin verletzt und eingefangen und die die Absicht gehabt hatten, sie bei lebendigem Leibe zu verbrennen …
    Die Kirche lehrte die Nächstenliebe, doch diese Dämonen hätten sie erschlagen müssen – und die hilflosen Sterblichen nicht nur so weit verschrecken dürfen, dass sie ihnen aus dem Weg gingen! Und kein Dämon konnte die Heilige Zunge ertragen, geschweige denn, sie mit eigener Zunge aussprechen!
    Er öffnete die Augen, strich erneut über das Kleidungsstück, erinnerte sich an die Schönheit der Frau, die es getragen hatte, und stellte sich dem Gedanken, den er so lange zu bekämpfen versucht hatte. Es waren keine Sterblichen gewesen – es konnten keine Sterblichen gewesen sein, und damit mussten sie Dämonen sein. Doch Dämonen hätten nicht in der Heiligen Zunge sprechen können, und Dämonen hätten Sterbliche auch nicht verschont, hätten sie Gelegenheit gehabt, sie zu erschlagen. Und wenn auch keine Frau die Gewänder von Mutter Kirche tragen durfte, so waren diese Gewänder hier doch nicht von Mutter Kirche, sondern feiner und geheimnisvoller als alles, was der Mensch anzufertigen vermochte, selbst zum Ruhme Gottes.
    Wieder schloss er die Augen und erzitterte, jetzt von einer anderen Furcht erfasst, wie Sonnenschein nach dem Sturm, und diese Furcht vermischte sich mit seinem Entsetzen zu bewundernder Ehrfurcht. Keine Frau durfte die Gewänder von Mutter Kirche anlegen, nein, doch es gab andere Wesen, die es vielleicht durften. Wesen übernatürlicher Schönheit, die sogar das verfluchte Tal betreten und dessen dämonische Macht mit einem Donner niederschlagen durften, der tödlicher war als der der Hölle selbst. Wesen, die in der Heiligen Zunge sprechen konnten … und in keiner anderen.
    »Vergib mir, Herr!«, flüsterte er in den Sonnenstrahl hinein, der durch das Fenster fiel. Seine Augen glitzerten, als er die Hand dem Licht entgegenstreckte, dann erhob er sich und breitet die Arme aus, um die Strahlen ganz in sich aufzunehmen.
    »Vergib mir meine Unwissenheit, Herr! Lass Deinen Zorn nicht auf meine Herde fallen, denn es war meine Blindheit, nicht die ihre! Sie sahen nur mit ihrer Furcht, doch ich … ich hätte mit meinem Herzen sehen und verstehen sollen!«
     
     
    Harriet MacIntyre öffnete ein Auge und verzog vor Schmerzen das Gesicht, als das matte Licht sich tief in ihr Hirn zu bohren schien. Ihre trägen Gedanken waren völlig verschwommen, und Schwindel und Übelkeit schwappten über sie hinweg.
    Sie stöhnte, versuchte sich zu bewegen und schauderte vor Entsetzen, als sie feststellte, dass sie es nicht konnte. Irgendetwas beugte sich über sie, und sie blinzelte. Zur Hälfte sah sie nur das furchtbare Wabern eines undeutlich erkennbaren Gleißens, die andere Hälfte zitterte hin und her, wie Hitze, die über einer Oberfläche flirrte, oder Licht, das durch eine Wasserschicht fällt. Tränen der Frustration rannen ihr über die Wange, als sie vergebens versuchte, ihre Umgebung zu erkennen, und wieder spürte sie, wie die Welt vor ihr zurückwich.
    »Harry?« Eine Hand ergriff die ihre, hob sie sanft an. »Harry, kannst du mich hören?«
    In Seans rauer Stimme schwangen Schmerz und Besorgnis mit. Sorge um mich, dachte sie verwirrt, und ihr Herz verkrampfte sich vor Erschöpfung.
    »Kannst du mich hören?«, wiederholte er sanft, und sie nahm all ihre Kraft zusammen, um seine

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