Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
vorschlagen, dass wir da unten einen Religionskrieg anzetteln sollten?« Harriet starrte sie entsetzt an, und wieder zuckte Sandy mit den Achseln.
»Ich meine, dass wir das bereits getan haben«, erwiderte sie, jetzt sehr viel nüchterner. »Wir tragen die Verantwortung, diesen Krieg auch wieder zu beenden, auf die eine oder andere Weise, und wir werden das nicht schaffen, ohne uns selbst die Hände schmutzig zu machen – ich glaube kaum, dass die Sache unblutig abgehen wird. Das gefällt mir genauso wenig wie dir, Harry, aber wir haben gar keine andere Wahl – es sei denn, wir wollen uns hier einfach nur zurücklehnen und tatenlos mitansehen, wie Stomald und seine Leute abgeschlachtet werden.
Wenn wir uns also schon einmischen müssen, warum dann nicht gleich richtig? Diese Kirche ist zu groß und viel zu starr. Selbst die weltlichen Herrscher sind für die doch nur Schoßhündchen. Aber die einzige Möglichkeit, Stomalds Überleben zu sichern, besteht darin, den ›Inneren Kreis‹ auszuschalten … und das ist genau das, was wir auch brauchen, um in das ›Heiligtum‹ zu kommen.«
»Ich weiß nicht …«, sagte Harriet langsam, doch Sean starrte Sandy voller Bewunderung an.
»Mein Gott, Sandy – das ist brillant!«
»Naja, zumindest ganz schön clever«, gab sie zu. Dann lachte sie. »Und wir sind auf jeden Fall genau die Richtigen für diesen Job!« Sean schaute sie verständnislos an, und ihr Grinsen ging jetzt über ihr ganzes Gesicht. »Natürlich sind wir das, Sean! Schließlich sind wie die Verlorenen Kinder Israels , oder etwa nicht?«
Kapitel Vierundzwanzig
Sean verzog das Gesicht, als der getarnte Kampfjäger, einer von nur dreien, die sich an Bord der Israel befanden, über der sich unter ihm windenden Schlucht in der Luft stand. Deren Steilwände waren glatt und führten in Schwindel erregende Tiefen; an der engsten Stelle, dort wo auf dem Grund der Schlucht die Feldschanzen sich befanden, betrug der Abstand der Wände zueinander gerade einmal zweihundert Meter. Augenblicklich verstand Sean auch, warum die ›Ketzer‹ sich dorthin zurückgezogen hatten. Leider machte die Enge in der Schlucht es ihm schwierig, dort zu manövrieren.
Sean überprüfte die Scanner. Der Kutter , in dem sich Sandy, Harriet und Brashan befanden, war ebenso unsichtbar wie der Kampfjäger. Da sie die Tarnfelder allerdings synchronisiert hatten, vermochte er ihn mit den eigenen Instrumenten zu orten, und er bemerkte, dass seine Freunde die letzten Vorbereitungen trafen.
Er wünschte, sie hätten genug Zeit gehabt, um die improvisierten Holo-Projektoren zu testen. Es wäre auch nett gewesen, mehr Zeit für die gesamte Planung zu haben. Doch eine Strategie, die man sich innerhalb von weniger als zehn Stunden zurechtlegen musste, konnte kaum sorgsam durchdacht sein, auch wenn er zugeben musste, dass Sandy auf die wichtigsten seiner Einwände tatsächlich eine Antwort parat gehabt hatte.
Für ihn war schlimmer als alles andere, dass sie Stomald und seinen Leuten so wenig an Hilfe zu bieten hatten. Denn dieses Mal war ein Wunder erforderlich, um die ›Ketzer‹ vor der Inquisition zu retten. Nur wusste die Besatzung der Israel lediglich ein einziges Wunder zu wirken. Schließlich durften sie es in der Einhundert-Kilometer-Zone um den ›Tempel‹ nicht wagen, imperiale Technologie einzusetzen. Setzten sie diese Technik aber genau bis an den Rand der Zone ein und hörten dann plötzlich damit auf, könnte dies katastrophale Folgen haben. Sie gäben dann dem ›Tempel‹ neuen Auftrieb und bestürzten durch ein plötzliches Ausbleiben der Wunder die ›Ketzer‹ zutiefst. Möglicherweise gelangten diese dann sogar zu der Überzeugung, sie seien tatsächlich die Ketzer, für die ihre Kirche sie hielt, sollten die ›falschen Engel‹ es nicht wagen, sich der Macht des ›Tempel‹ auf dessen eigenen Grund und Boden entgegenzustellen. Die Folgen wären unabsehbar, die Probleme potenzierten sich über die hinaus, die Sandys Plan sowieso schon mit sich brächte.
Sean schürzte die Lippen und wünschte sich, seine Zwillingsschwester würde sich etwas weniger von Prinzipien leiten lassen. Sie beharrte darauf, sie dürften niemals den Status von Göttern für sich in Anspruch nehmen – was ihre Lage deutlich schwieriger machte. Naja, wahrscheinlich hätte ihnen das sowieso niemand auf Pardal abgenommen. Und selbstverständlich hatte Harry Recht. Seine Freunde und er hatten schon genug Schaden angerichtet, und
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