Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
fremdartiger Name, ein Name, wie er ihn noch nie gehört hatte.
»Wie Ihr befehlt«, murmelte er und verbeugte sich, und sie hob die Augenbrauen.
»Ich bin nicht hier, um dir zu befehlen, Stomald.« Er zuckte zusammen, fürchtete schon, sie verärgert zu haben, und sie schüttelte den Kopf, als sie seine Furcht sah.
»Die Dinge haben sich in eine falsche Richtung entwickelt«, erklärte sie. »Es war nicht unsere Absicht, dein Volk in einen Heiligen Krieg gegen die Kirche zu verwickeln. Es war unser Fehler, der euer Land und euer Leben gefährdet.«
Stomald verbiss sich das Bedürfnis, ihre Selbstbezichtigungen zurückzuweisen. Sie war Gottes Bote; sie konnte nicht fehlgehen. Aber, so rief er sich ins Gedächtnis zurück, Engel sind nur Diener Gottes, nicht Gott selbst, und so konnten sie sich vielleicht doch irren. Dieser neue Gedanke war verstörend, doch ihr Tonfall verriet ihm, dass sie die Wahrheit sprach.
»Wir haben mehr Fehler gemacht als Ihr«, erwiderte er bescheiden. »Wir haben eine der Euren verwundet und in gottloser und gewalttätiger Weise Hand an sie gelegt. Dass Gott Euch erneut zu uns schickt, um uns vor Seiner eigenen Kirche zu retten, nachdem wir solches falsches Tun Seinem Engel gegenüber zu verantworten haben, ist eine größere Gnade, als Sterbliche verdienen, oh Sandy.«
Sandy verzog das Gesicht. Sie hatte beabsichtigt, den Ausdruck ›Engel‹ zu vermeiden, wenn es irgend möglich gewesen wäre, doch ebenso wie die Terraner hatten auch die Pardalianer mehrere Ausdrücke für ›Engel‹. Sha'hia , der gebräuchlichste, war von dem Universal-Imperial-Wort für ›Bote‹ abgeleitet, so wie sich das auch in zahlreichen terranischen Sprachen das Wort vom griechischen Wort gleicher Bedeutung ableitete. Bedauerlicherweise gab es noch ein anderes, das etymologisch mit dem Wort für ›Besucher‹ verwandt war – Erathiu , dem Wort, das sie auch auf sich selbst angewendet hatte – und diese Feinheit war Stomald nicht entgangen. Er selbst hatte bisher immer das Wort Sha'hia verwendet, nun nutzte er Erathu , und wenn sie ihn jetzt korrigierte, käme er gewiss nur zu dem Schluss, er habe es falsch ausgesprochen. Zu erklären, was genau sie mit dem Wort ›Besucher‹ meinte, würde sein Weltverständnis so weit übersteigen, dass jeder Versuch, mit ihm darüber zu diskutieren, zweifellos eine Gewissenskrise hervorriefe. Sandy biss sich auf die Lippen, zuckte dann aber mit den Schultern. Harry hatte Recht damit, sie alle sollten sehr behutsam und vorsichtig vorgehen. Harry allerdings hätte in dieser Situation auch keine andere Wahl, als Stomalds Engelglauben hinzunehmen.
»Du hast nur getan, was erforderlich war«, sagte sie vorsichtig, »und weder ich noch Harry werfen es dir vor.«
»Dann … dann hat sie überlebt?« Stomalds Miene hellte sich erleichtert auf, und Sandy nahm zur Kenntnis, dass pardalianische Engel ganz offensichtlich getötet werden konnten.
»Das hat sie. Doch was mich hierher bringt, ist die Gefahr, in der dein Volk schwebt, Stomald. Wir haben unsere eigenen Ziele zu erreichen, aber bei dem Versuch, eben das zu tun, haben wir euer Leben aufs Spiel gesetzt. Wenn wir könnten, so würden wir rückgängig machen, was wir getan haben, doch das liegt außerhalb unserer Macht.«
Stomald nickte. Die Heiligen Schriften besagten, dass Engel machtvolle Wesen seien, der Mensch indes besaß den freien Willen. Mit seinem Handeln konnte er sogar die Absichten eines Engels durchkreuzen, und Stomald errötete vor Scham, als ihm bewusst wurde, dass seine Schar genau dies getan hatte. Und doch war dieser Engel Sandy nicht erbost; sie hatte seine Schar und ihn gerettet, und die ehrlich empfundene Besorgnis in ihrer sanften Stimme erfüllte sein Herz mit tiefer Dankbarkeit.
»Weil wir es nicht rückgängig machen können«, fuhr Sandy nun fort, »müssen wir nun dem Weg folgen, den die Ereignisse genommen haben. Es ist möglich, dass wir unsere Absichten mit unserer Verantwortung, dein Volk vor den Konsequenzen unserer Fehler zu bewahren, verbinden können. Aber es gibt Grenzen dessen, was wir zu erreichen vermögen. Letzte Nacht hatten wir keine andere Wahl, als in der Art und Weise einzugreifen, wie es geschehen ist. Wir können das nicht noch einmal tun. Unsere Absichten verbieten dies.«
Stomald musste schlucken. Wenn Mutter Kirche gegen sie stand, wie konnten sie dann hoffen, ohne derartige Hilfe zu überstehen? Sie sah ihm seine Furcht an und lächelte sanft.
»Ich habe nicht
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