Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
Mensch Erkennbares zuckte wimmernd zwischen den Trümmern. Tammans Gewehrschützen waren durch die Schießscharten der Schanzen geschützt, doch sie waren zahlenmäßig weit unterlegen. Mehr und mehr Gardisten-Artillerie kam jetzt zwischen den ausblutenden Infanterie-Kolonnen zum Einsatz, und auf den Flanken standen völlig ungeschützt die Musketiere und feuerten in die Rauchwolken hinein. Sie konnten nicht zielen, und sie feuerten über immense Entfernung hinweg, doch selbst noch bei ihren niedrigen Schussraten sausten erschreckend viele Kugeln heulend über die Köpfe der Malagoraner hinweg.
Tamman starrte auf das Blutbad an der Furt hinab. Pikeniere und Musketiere wateten in diesen Wahnsinn hinein, rückten weiter vor, bis Kartätschen oder Musketenkugeln sie zu Boden rissen, doch die Männer, die hinter ihnen aufgeschlossen hatten, kamen endlich zum Stehen. Oder doch nicht? Tamman strengte sich nach Kräften an, irgendetwas erkennen zu können, und dann musste er schlucken. Sie waren nicht stehen geblieben: Sie bildeten neue Formationen.
Unter der Schicht aus Staub und Ruß war das Gesicht von Oberhauptmann Sertal kalkweiß, doch seine heisere Stimme übertönte den Kampflärm. Seine vordersten Kompanien nahmen jetzt die Überlebenden von Vrikadans und Martas Männern auf, und mit eiserner Disziplin standen sie inmitten des Wirbelsturms, den die Kugeln und Kanonen der Ketzer rings um sie entfacht hatten. Unterhauptmänner und Unteroffiziere bellten Befehle. Wo es erforderlich war, traten sie einzelne Soldaten mit den Spitzen ihrer mit Blut und Schlamm verkrusteten Stiefel in Reih und Glied, und Sertal verzog das Gesicht, als eine weitere Kartätsche wie eine Sichel durch die Reihen seiner Männer fuhr. Lange konnte er sie hier nicht halten, doch er musste sie lange genug hier ausharren lassen, um die Reihen neu zu ordnen, und er umklammerte sein Schwert und erstickte fast in dem Rauch, während ihm das Schreien der Soldaten in den Ohren klang.
Wieder griff Sean auf die Scanner zurück, als sich das gesamte Gebiet südlich der Hauptstraße in eine einzige Masse vorrückender Gardisten verwandelte, dann nickte er Tibold zu.
»Die stecken fest«, sagte er und versuchte, sich seine Beunruhigung nicht anmerken zu lassen, »und Rokas schickt seine Reserve vor. Es ist Zeit.«
»Jawohl, Erlaucht Sean!« Sofort begann Tibold Befehle zu bellen, und zwanzigtausend Mann, ohne einen einzigen Pikenier, standen auf – inmitten des ›unpassierbaren‹ Waldes im Norden der Heiligen Heerscharen.
Jetzt!
Sertal stieß mit seinem Schwert in Richtung der Schanzen und ließ es dann befehlend herabsausen, und seine Männer taumelten ihrer Vernichtung entgegen. Tamman sah sie anrücken und drehte sich zur Seite, um Lornar einen weiteren Befehl zu erteilen, aber Lornar war tot, gefallen: Eine dieser blindlings abgefeuerten Musketenkugeln hatte ihm den Schädel zertrümmert. Tamman packte einen Hauptmann an der Schulter. Das Gesicht des Malagoraners – es war Hauptmann Ithun, einer der Offiziere, die von der Garde übergelaufen waren – war kalkweiß, und die Anstrengung war ihm sichtlich anzusehen. Er wurde noch bleicher, als ihm klar wurde, dass er jetzt Tammans ranghöchster Offizier im mittleren Bereich der Schanze war. Tamman sah es, doch jetzt war keine Zeit für Ermutigungen mehr.
»Piken voran!«, bellte er.
Die Chagors in Tammans vorgezogenen Geschützstellungen feuerten eine letzte Salve ab, und ihre Bedienungstrupps griffen nach Schwertern und Piken, als die letzten das Blutbad überstandenen Reihen der Garde endlich aus dem Fluss herauskamen. Ein Dutzend Kanonenschützen hielten inne, um Zündschnüre in Brand zu stecken, bevor sie nach ihren eigenen Waffen griffen, und die Wahnsinnigen, die sich durch alles hindurchgekämpft hatten, was die Malagoraner ihnen nur hatten entgegenschleudern können, sprangen ihnen heulend entgegen. Neue Erschütterungen verwandelten das Heulen in Schreie, als die primitiven Minen, die am Flussufer ausgelegt worden waren, in Flammensäulen explodierten und Gliedmaßen in alle Richtungen schleuderten. Die Überlebenden taumelten, doch Sertals Männer stürmten immer weiter voran. Scharfkantiger Stahl stieß und schlug immer wieder zu.
Malagoranische Pikeniere strömten durch Schleusen in den Feldschanzen und brandeten unter dem gellenden, tremolierenden Schlachtruf der Malagoraner über die vordersten Gardisten einfach hinweg und stürzten sich dann auf die
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