Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
in Erastor besser als ein Zelt auf dem Feld, rief er sich in Erinnerung und grinste schief, als er sich umwandte und nach seinem Branahlk rief.
Sean MacIntyre stieg von seinem Reittier und wischte sich den Regen aus dem Gesicht. Er hätte seine Implantate dazu nutzen können, völlig trocken zu bleiben, aber das empfand er seinen Truppen gegenüber als unfair – was wahrscheinlich Unfug war, aber es änderte nichts an seinem Gefühl. Er lächelte ob seiner eigenen Halsstarrigkeit und kraulte seinem Branahlk die Schnauze, lauschte dem zufriedenen leisen Pfeifen und versuchte dann, sich seine Besorgnis nicht anmerken zu lassen, als die tropfnasse Kolonne mit im Morast patschenden Stiefeln an ihm vorbeimarschiert kam.
Es dauerte länger als geplant, und der Regen fiel dichter, als die Meteorologie-Sonden der Israel angekündigt hatten. Die Kaltfront, die durch dieses Tal gepresst wurde, war auf eine Warmfront aus Sanku und Keldar getroffen, und Brashans letzte Wettervorhersage meldete mindestens zwanzig weitere Stunden schwerer Regenfälle, vermutlich einhergehend mit Gewittern. Dadurch würde der Untergrund noch weiter aufgeweicht, das Fortkommen noch beschwerlicher. Die Furten bei Malz wären auch tiefer als gedacht; aber wenigstens sah es noch nicht so aus, als würde der Mortan kritische Tiefe erreichen. Oder, so dachte er grimmig, noch nicht.
Auf seinem eigenen Branahlk kam Tibold heran, und der Morast spritzte auf, als er das Tier näher an Sean heranlenkte.
»Hauptmann Juahl hat das Biwak-Gelände erreicht, Erlaucht Sean.« Der Tonfall des Ex-Gardisten brachte Sean dazu, ihn mit gehobener Augenbraue anzuschauen, und Tibold seufzte. »Es steht eine Handbreit unter Wasser, Erlaucht.«
»Na großartig!« Sean schloss die Augen und atmete tief durch, dann stellte er eine Verbindung seines Kommunikators zu Sandys Kutter her, der jetzt über ihnen schwebte. »Wir haben hier unten ein Problem«, subvokalisierte er. »Unser Biwak-Gelände steht unter Wasser.«
»Verdammt! Wart mal einen Moment!«, erwiderte sie und aktivierte ihre Sensoren; innerlich schalt sie sich, dass sie das nicht früher überprüft hatte. Mit gerunzelter Stirn konzentrierte sie sich auf ihren Neuralzugang, sondierte dann das Gelände, das vor der Kolonne lag, und ihre Augen blitzten auf. »Okay. Wenn ihr noch sechs Kilometer weitermarschiert, dann werdet ihr bemerken, dass der Boden dort nach Süden leicht ansteigt.«
»Feuerholz?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Eher nicht«, gab sie zurück, und wieder seufzte er.
»Trotzdem danke.« Dann wandte er sich wieder Tibold zu. »Sag Juahl, er wird ein etwas höher gelegenes Gebiet finden, wenn er noch ein wenig weiter nach Süden marschiert – ungefähr eine Stunde oder so.«
»Sehr wohl, Erlaucht Sean.« Tibold fragte nicht einmal, woher sein Kommandant das wusste; er wendete einfach sein Branahlk und ließ es Schlamm spritzend in die Abenddämmerung hineinstapfen. Sean lehnte sich gegen sein eigenes Reittier und seufzte erneut.
Er ließ gerade fünfundzwanzigtausend Mann durch den Matsch stapfen, auf Furten zu, die passierbar sein sollten , sobald die Soldaten sie erreichten, und er begann sich zu fragen, ob sein Plan wirklich so gut war, wie er anfangs geglaubt hatte. Die Tage auf Pardal waren lang, und auf guten Straßen (und die Straßen Pardals hätten jeden römischen Kaiser vor Neid auf der Stelle tot umfallen lassen!) konnte Infanterie bei klarem Wetter gut fünfzig Kilometer am Tag zurücklegen. Bei Regen querfeldein, selbst bei offenem Gelände, waren bei bestem Willen nicht mehr als dreißig zu schaffen. Seans Soldaten hatten allerdings noch nicht einmal die Sümpfe erreicht. Die Männer waren besserer Laune, als ihr Kommandeur unter den gegebenen Umständen jemals für möglich gehalten hatte, doch sie marschierten jetzt schon drei zermürbende Tage lang, meist im Regen und ohne warme Mahlzeiten. Selbst für jemanden, der einen vollen Erweiterungssatz in sich trug, wäre dieser Marsch keine fröhliche Spritztour gewesen; für Menschen ohne Erweiterungen musste es eine einzige, reine, unverfälschte, erschöpfende Qual sein. Und dabei hatten sie gerade mal den halben Weg zu den Furten geschafft.
Geistig griff er wieder auf die getarnten Fernsonden zu und ging die letzten Berichte durch. Ortak erhielt neue Waffen, aber Verstärkung, egal aus welcher Richtung, war noch mindestens zwölf Tage entfernt. Selbst wenn man berücksichtigte, dass Seans Kolonne Malagoraner
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