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Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums

Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums

Titel: Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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dachte Stomald bei sich, muss der Grund sein, warum ich fühle, was ich nicht fühlen soll, nicht fühlen darf .
    Doch zu wissen, was zu tun verboten war, und sich davon abzuhalten, es zu tun, waren zwei sehr unterschiedliche Dinge. Engel Harry wirkte so jung, und sie war anders als Engel Sandy. Sie wirkte … irgendwie sanfter. Freundlicher. Milder. Engel Sandy kannte Mitgefühl – niemand, der ihr Gesicht nach der Schlacht vor Yorstadt gesehen hatte, hätte das jemals bezweifelt. Sie besaß indes die Wildheit eines Talmahk, und diese Wildheit ging Engel Harry zur Gänze ab. Niemand hätte auch nur einen dieser Engel ›schwach‹ nennen können, doch Engel Sandy und Erlaucht Sean waren verwandte Seelen, die jegliche Unsicherheit abstreiften wie ein zu enges Gewand, wann immer sie sie verspüren mochten. Beider Blick war stets auf die nächste Schlacht gerichtet, die nächste Herausforderung, und doch war es immer Engel Harry, an den sich alle wandten, die Sorgen hatten, als würden sie, ebenso wie Stomald selbst, das Mitgefühl ihres Herzens spüren. Ein Engel musste natürlich etwas Besonderes sein, doch Stomald hatte gesehen, wie die Blicke selbst der härtesten Krieger Engel Harry folgten. Die Armee wäre Erlaucht Sean und Engel Sandy oder Erlaucht Tamman in die Hölle selbst gefolgt, doch Engel Harry hatte all ihre Herzen gewonnen.
    Ebenso wie Stomalds, und doch …
    Der Priester seufzte, und seine Augen verdunkelten sich, als er sich die Wahrheit eingestand. Die Liebe, die er für Engel Harry empfand, war falsch, denn es war nicht das, was ein Mann wagen durfte, für einen von Gottes heiligen Boten zu empfinden.
    Sie hörte sein leises Seufzen und wandte sich um. Schockiert musste er feststellen, dass aus ihrem unverletzten Auge eine Träne rann. Harry wischte sie fort, ebenso flink, wie sie sich umgewandt hatte, doch er hatte diese Träne gesehen, und er streckte die Hand nach ihr aus, ehe ihm zu Bewusstsein kam, was er da gerade tat.
    Er erstarrte, die Hand immer noch ausgestreckt, erschrocken über seine eigene Tollkühnheit. Was hatte er sich denn nur gedacht ? Sie war ein Engel , nicht nur die wunderschöne junge Frau, als die sie ihm einen Augenblick lang erschienen war. Hatte er nicht gelernt, auf ihre Stärke zu bauen? Sich an sie zu wenden, um Trost zu finden, wenn seine eigene Erschöpfung und die Trauer über so viele Tode ihn zu erdrücken drohten? Wie konnte er nur wagen, die Hand nach ihr auszustrecken, um sie zu trösten?
    Aber er sah keinen Zorn in ihren Augen, und sein Herz jubelte in sonderbar schmerzhafter Freude, als sie nach seiner Hand griff. Sie drückte diese und blickte dann wieder auf den Kartentisch. Stomald stand da, hielt ihre Hand, und wirre, widerstreitende Emotionen breiteten sich in ihm aus. Es fühlte sich so wunderbar richtig an, so natürlich, hier so bei ihr zu stehen, als wäre das genau der Platz, an den er gehörte. Und doch kam mit der Zufriedenheit auch ein Gefühl der Schuld. Er war sich ihrer Schönheit bewusst, dieses wunderbaren Zusammenspiels aus Stärke und Sanftheit, und er sehnte sich danach – mehr als er sich jemals nach etwas gesehnt hatte, außer vielleicht Gott dienen zu können, dass dieser Augenblick ewig dauern möge.
    »Was ist denn?«, fragte er schließlich, und dass seine Stimme so besorgt klang, überraschte sogar ihn selbst.
    »Ich bin nur …« Sie stockte, dann schüttelte sie ein wenig den Kopf. »Ich mache mir nur Sorgen um Sean«, sagte sie leise. »Dass der Fluss so heftig ansteigt, dass sie noch so weit marschieren müssen, die Gefahr, die ihnen droht, wenn sie ihr Ziel erreichen …« Sie holte tief Luft und schaute ihn mit einem müden Lächeln an. »Ganz schön dumm von mir, nicht wahr?«
    »Nicht dumm«, widersprach Stomald. »Ihr sorgt euch, weil Ihr ihn schätzt.«
    »Vielleicht.« Immer noch hielt sie seine Hand, doch mit dem Zeigefinger der anderen fuhr sie jetzt Erlaucht Seans Marschroute nach, und ihre Stimme war sehr leise. »Ich fühle mich manchmal schuldig, Stomald. Schuldig, weil ich mich so viel mehr um Sean sorge als um alles andere, und schuldig, weil ich all das hier verursacht habe. Es ist meine Schuld, weißt du?«
    Stomald zuckte zusammen, und Selbsthass brandete in ihm auf, als er seine eigene Eifersucht begriff. Er war eifersüchtig , weil sie sich um Erlaucht Sean sorgte! Die schiere Gottlosigkeit dieses Gefühls erschreckte ihn, doch dann drang auch der Rest dessen, was sie gesagt hatte, zu ihm durch, und er

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