Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
krächzte er schließlich und strich die zur Schriftrolle zusammengerollte Botschaft glatt, die Ortak ihm überreicht hatte, während der Bischof sich in schmollendes Schweigen hüllte. Einen Augenblick schaute Vroxhan mit flammenden Augen diese Botschaft an, dann blickte er wieder zu Ortak hinüber. »Berichte mir mehr über diesen ›Erlaucht Sean‹ und die anderen Anführer der Ketzer!«
»Eure Heiligkeit, ich habe derartige Wesen noch nie gesehen«, gab Ortak unumwunden zu, und die anderen Gefangenen nickten zustimmend. »Der Mann, der Erlaucht Sean genannt wird, ist ein Riese, größer als jeder Mann, den ich jemals gesehen habe, und seine Augen und sein Haar sind schwärzer als die Nacht. Der, den sie Erlaucht Tamman nennen, ist kleiner und sieht weniger sonderbar aus, von seiner dunklen Haut abgesehen. Doch wir alle haben Geschichten gehört – von unseren eigenen Männern, die sie im Kampf erlebt haben, nicht nur von den Ketzern, dass sie beide wundersame Kräfte haben.«
»›Sean‹, ›Tamman‹«, schnaubte Vroxhan. »Was sind denn das für Namen?«
»Das weiß ich nicht, Eure Heiligkeit. Ihre Männer sagen …« Ortak biss sich auf die Lippen.
» Was sagen ›ihre Männer‹?«, fragte Bischof Surmal mit schmeichlerisch sanfter Stimme, und Ortak musste schlucken, als er den Blick in den Augen des Großinquisitors sah.
»Euer Exzellenz, ich wiederhole nur, was die Ketzer behaupten«, erwiderte er und stockte dann. Beredtes Schweigen senkte sich über die versammelten Männer, bis Hohepriester Vroxhan es brach.
»Wir verstehen«, erklärte er kühl. »Wir werden keinen von euch für die Lügen anderer zur Verantwortung ziehen.« Er hat nicht, so dachte Ortak bei sich, und sein Mut sank beträchtlich, gesagt, wofür der Innere Kreis mich, uns denn nun zur Verantwortung ziehen wird . Aber im Augenblick war er bereit, jede Gnade anzunehmen, die man ihm würde angedeihen lassen.
»Ich danke Euch, Eure Heiligkeit«, sagte er und holte tief Luft. »Die Ketzer sagen, dass diese Männer Krieger aus einem Land sind, das jenseits dessen liegt, was wir kennen, ausgewählt von … von den so genannten Engeln, deren Erste Krieger sie seien. Sie behaupten, alle ihre neuen Waffen und ihre neuen Taktiken stammen von Erlaucht Sean und Erlaucht Tamman. Dass diese beiden von Gott berührt seien und niemals besiegt werden könnten.«
Ein zorniges Zischen war aus den Reihen der versammelten Prälaten zu vernehmen, und Ortak spürte, wie ihm unter den Verbänden der Schweiß auf die Stirn trat. Er zwang sich selbst dazu, so gerade und aufrecht zu stehen, wie seine Verletzungen ihm das gestatteten, und er erwiderte auch den Blick aus den flammenden Augen des Hohepriesters. Tief in seinem Herzen betete er darum, Vroxhan möge sein Versprechen auch einhalten, ihn nicht für diese Worte zur Verantwortung zu ziehen.
»Also«, sagte der Hohepriester schließlich, und seine Worte waren wie Eis. »Ich bemerke, Ortak, dass du diese so genannten Engel bisher noch nicht erwähnt hast.« Ortak wagte es nicht, darauf etwas zu erwidern, und Vroxhan lächelte ein kleines, gefährliches Lächeln. »Ich weiß, dass ihr alle sie gesehen habt. Berichte uns davon!«
»Eure Heiligkeit, ich habe sie gesehen«, gestand Ortak, »aber was sie wirklich sind, vermag ich nicht zu sagen.«
»Was scheinen sie denn zu sein?«, fauchte Surmal.
»Euer Exzellenz, sie haben die Gestalt von Frauen angenommen. Es gibt zwei, Engel Harry und Engel Sandy.« Wieder mokierte der Innere Kreis sich über diese fremdartigen Namen, und nun, da der Oberhauptmann damit begonnen hatte, fuhr er hartnäckig in seinem Bericht fort. »Die Gestalt, die sie Sandy nennen, ist kleiner und hat kürzeres Haar. Nach allem, was ich habe in Erfahrung bringen können, war sie diejenige, die im Alleingang sämtliche Einheiten der Garde in die Flucht geschlagen hat, die ursprünglich ausgeschickt worden waren, dieser Ketzerei Einhalt zu gebieten. Sie und dieser Erlaucht Sean scheinen die eigentlichen Heerführer der Ketzer zu sein. Das andere Wesen, das, das sie Harry nennen, ist größer als die meisten Männer, und – vergebt mir, Eure Heiligkeit, aber Ihr habt danach gefragt – von unvergleichlicher Schönheit, obschon sie eine Augenklappe trägt. Die Ketzer haben uns erzählt, sie sei von den Bewohnern des Dorfes Klippenend verwundet und gefangen genommen worden, und die andere, die sie Sandy nennen, hat dann die Dämonen zu ihrer Rettung geschickt.«
»Und haben sie dir
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