Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
sollte der Schlussstein eines Lebens sein, nicht eine Karriere an sich; und 'Tanni und ich wollen, dass unsere Kinder – unsere ganze Familie – das niemals vergisst. Deswegen werden wir sie zur Kadettenanstalt schicken, und deswegen wollen wir nicht, dass irgendjemand vor ihnen seinen Kotau macht, so sehr manche der Vollidioten, die hier für uns arbeiten, das gerne tun würden.«
Dahak schwieg einen Augenblick – einen für seine Verhältnisse sehr langen Augenblick –, bis er wieder das Wort ergriff. »Ich glaube dich zu verstehen, Colin, und du hast Recht. Sean und Harriet verstehen noch nicht, was ihr beide, 'Tanni und du, für sie getan habt, aber eines Tages werden sie es verstehen. Und es ist weise von dir, das Dienen eher zu einer Tradition als zu einer rechtlichen Pflicht zu machen, denn meine Beobachtungen lassen vermuten, dass Gesetze sich leichter umstürzen lassen als Traditionen.«
»Jou, das haben wir uns eben auch gedacht«, meinte Colin.
»Mitnichten, mein Liebster«, warf Jiltanith leise ein. »Das hast fürwahr du gedacht, und ich bin dankbar dafür, dass dem so war, denn du hattest voll und ganz Recht mit deinen Worten!«
»'Tanni sieht das ganz richtig, Colin«, sagte Dahak sanft, »und ich bin froh, dass du es mir erläutert hast. Ich vermag Individuen noch nicht so zu durchschauen wie du. Doch mir bleiben noch viele Jahre, es zu erlernen, und ich werde nicht vergessen, was du gesagt hast. 'Tanni und du, ihr seid meine Freunde, und ihr habt mich zu einem Mitglied eurer Familie gemacht. Sean und Harriet sind eure Kinder, und ich würde sie aus diesem Grunde auch dann lieben, wenn sie selbst nicht meine Freunde wären. Doch sie sind meine Freunde – und meine Familie –, und ich sehe, dass ich eine Funktion habe, derer ich mir bisher noch nicht bewusst war.«
»Welche Funktion meinst du?«
» Mutter mag die Hüterin des Imperiums sein, Colin, aber ich bin der Hüter eurer Familie. Das werde ich nicht vergessen.«
»Ich danke dir, Dahak«, sagte Colin sehr, sehr leise, und Jiltanith, den Kopf immer noch gegen seine Schulter gelehnt, nickte schweigend.
Kapitel Sechs
Es war kein großer Raum, doch Sean MacIntyre erschien er riesig, als er am Fuß des schmalen Bettes stand. Unruhig wanderte sein Blick immer wieder über die Oberfläche des Betts und suchte es nach dem kleinsten Staubkörnchen ab.
Sein ganzes Leben, siebzehneinhalb Jahre lang, wusste Sean schon, dass er auf die Kadettenanstalt geschickt werden sollte. Aber obwohl ihm seine hohe Geburt einen großartigen Ausblick auf das Leben, das ihn erwartete, hätte gewähren sollen, hatte er nie wirklich verstanden, was diese Kadettenanstalt für ihn bedeuten würde. Jetzt wusste er es … und seine schlimmsten Albträume kamen der Realität noch nicht einmal ansatzweise nahe.
Er war ein ›Pleb‹, gehörte zur niedrigsten Lebensform im Militär und war damit das rechtmäßige Beutetier eines jeden höherstehenden Mitglieds in der Nahrungskette. Sean erinnerte sich an Gespräche mit Adrienne Robbins, in aller Ruhe, nach dem gemeinsamen Abendessen, bei denen sie seinem Vater versichert hatte, es sei ihr gelungen, die Schikanen, denen die älteren Jahrgänge seit Urzeiten die Neulinge aussetzten, zu unterbinden, Schikanen, an die der Imperator sich noch aus seiner eigenen Zeit in der Kadettenanstalt der US-Navy erinnerte. Natürlich würde Sean es niemals wagen, der Admiralin zu widersprechen. Allerdings schienen ihm ihre Versuche in diese Richtung alles andere als umfassend gelungen.
Sein Verstand war sehr wohl in der Lage zu begreifen, dass das wenig beneidenswerte Schicksal eines ›Pleb‹ ein notwendiger Bestandteil der Ausbildung zukünftiger Offiziere war – schließlich sollten sie auch unter Stress handlungsfähig bleiben. Sean wusste, dass keine der Schikanen persönlich gemeint war – zumindest nicht von den meisten. Doch all das änderte nichts an seinen schweißnassen Handflächen, während er die Stubeninspektion erwartete. Denn genau das war einer der Bereiche, bei denen sein Verstand und der ganze Rest seines Körpers nicht gerade harmonierten. Er hatte FOA/4 Malinovsky, seine unmittelbare Vorgesetzte, vor ihren Kameraden unmöglich gemacht. Die Tatsache, dass er sich selbst dabei sogar noch unmöglicher gemacht hatte, half ihm bei ihr keinen Schlag weiter, und zu verstehen, warum sie es sich aus der Tiefe ihres steinernen Herzens zur Aufgabe gemacht hatte, ihm das Leben zur Hölle zu machen, half hier
Weitere Kostenlose Bücher