Collection Baccara Band 0250
jedoch hoffte sie, sie würde Jesse entdecken. Sie hatte ihm gesagt, dass sie heute mit Sam’s Pride zur Auktion fahren würde, aber das hieß noch lange nicht, dass er auch kam. Und wenn, dann würde er sowieso erst in letzter Minute auftauchen, wie es so seine Art war. Ihr war in all den Jahren nie bewusst gewesen, wie viel ihr seine Unterstützung bedeutet hatte. Wie sehr sie sein verschmitztes Lächeln vermisste!
Sie hörte hinter sich jemanden über den Kies laufen, und ihr Herz schlug schneller.
Sie drehte sich um. Ein wenig enttäuscht entdeckte sie Clint, der sie etwas außer Atem schließlich erreichte und einen kurzen Gruß ausstieß. Sein Cowboyhut fehlte, und sein T-Shirt hing aus der Hose. „Ich habe erst heute früh beim Kaffeekochen deine Nachricht abgehört.“
„Einen schönen guten Morgen. Hattest du eine lange Nacht?“ Mit dem Kopf wies sie auf sein T-Shirt. Welche Frau mochte wohl diesen wenig romantisch veranlagten Mann so sehr verwirrt haben, dass er nicht einmal merkte, wenn er sein T-Shirt verkehrt herum trug?
Stirnrunzelnd blickte er auf die Nähte an seinen Schultern. „Ich hatte eine wundervolle Nacht. Aber als ich deine Nachricht hörte, bin ich so schnell wie möglich hergekommen. Du darfst ihn nicht verkaufen, Kyra. Nicht nach dem Erlebnis vom letzten Mal. Er würde es nicht verkraften.“
„Wie meinst du das? Glaubst du, er würde einen bleibenden Schaden davontragen?“, fragte sie. Sie wollte ihr Pferd nicht traumatisieren, aber schließlich ging es hier ums Geschäft. Der Erlös aus seinem Verkauf war schon fest eingeplant. Es ging ihr nicht so sehr darum, in Zukunft auf der Ranch alleine das Sagen zu haben, sondern sie wollte Jesse endlich das Geld zurückzahlen, das er investiert hatte. Sie hatte vor fünf Jahren dieser Zusammenarbeit zugestimmt, weil sie es finanziell alleine nicht geschafft hätte, doch ihr Ziel war es immer gewesen, ihm eines Tages das Geld wieder zurückzugeben.
„Kann sein.“ Nachdenklich strich er über den Kopf des Pferdes. „Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Ich glaube aber, sein Beschützerinstinkt ist einzigartig. Wir sollten ihm die Chance geben, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, bevor du ihn wie ein x-beliebiges Pferd verkaufst.“
Hatte nicht Jesse vor drei Tagen das Gleiche gesagt? Hatte er nicht gesagt, das Pferd verdiente eine zweite Chance?
Aber Kyra war nicht weiter darauf eingegangen. Genauso war es damals mit den Ponys gewesen. Vielleicht lag sie auch diesmal falsch?
Ihr ganzes Leben lang hatte Kyra immer das getan, was sie selbst für richtig hielt, denn auf ihren Vater hatte sie sich nie verlassen können. Der schwankte ständig zwischen seinen manisch-depressiven Phasen und musste starke Medikamente nehmen. Kyra hatte gelernt, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, und diese Gewohnheit war schwer abzulegen.
„Meinst du wirklich, es steckt mehr hinter seinem Verhalten? Ich möchte nicht einem Pferd eine Sonderbehandlung zukommen lassen, nur weil es störrisch ist.“
Clint fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Anschließend sah er noch zerzauster aus als ohnehin schon. „Du kannst sagen, ich bin verrückt, aber ich glaube, das Pferd hat es sich zur Aufgabe gemacht, dich zu beschützen.“
Seine Worte riefen Erinnerungen in ihr wach. Ihr fiel ein, dass ihr Vater kurz nach der Geburt von Sam’s Pride in den Stall gegangen war. Es war einer der Tage gewesen, an denen ihr Vater klar im Kopf gewesen war. Von Anfang an hatte er dieses Pferd ins Herz geschlossen, und er war sogar so weit gegangen, ihm seinen eigenen Namen zu geben – Sam. Später hatte er Kyra erklärt, dass er Sam’s Pride eine Mission mitgegeben hatte: Er sollte sie beschützen.
Die Fürsorge des Vaters hatte sie damals sehr gerührt. „Du glaubst also, er hat eine Mission zu erfüllen?“
„Ich fresse einen Besen, wenn es nicht so ist! Ich sage nicht, dass ich telepathische Fähigkeiten habe, aber immer wenn ich neben ihm stehe, spüre ich es: Er hat eine Aufgabe zu erfüllen.“
Kyra hielt nicht viel von diesen esoterischen Vermutungen. Sie hätte gerne gewusst, was Jesse darüber dachte. Wie würde er wohl reagieren, wenn sie ihm von ihrem Vater und der Mission erzählen würde?
Würde er sie auslachen? Oder würde er es für möglich halten?
Jetzt, wo sie nicht mehr auf Jesse zählen konnte, schien ihr sein Rat wichtiger denn je. Obwohl sie letztendlich immer ihre eigenen Entscheidungen getroffen hatte, war ihr die Meinung ihres
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