COLLECTION BACCARA Band 0269
unternehmen, wenn es nicht schon zu spät ist.“
Tod. Er konnte ihn riechen, als sie näher kamen, und seine Nackenhaare richteten sich auf. „Hat jemand den Container überprüft?“, fragte er den Nachtwächter, der müde und grimmig neben ihm herschlurfte.
„Nee, verflucht“, sagte er. „Die Jungs haben Schiss, das sehen Sie doch selbst.“
Da waren nicht nur Autos in dem Container. Das wusste er so sicher wie seinen eigenen Namen. Und auf einmal wollte er den Container gar nicht mehr aufmachen und sehen, was da drin war. „Wir sollten warten, bis die Verstärkung da ist.“
„Wirst du jetzt etwa zimperlich, Alter?“, fragte Cal.
Nein, nicht zimperlich, aber sein Instinkt hatte ihm oft genug das Leben gerettet. Und dieser Instinkt sagte ihm jetzt, dass er von dem Container wegbleiben sollte. „Mir gefällt das nicht.“
„He, du hast mich aus dem Bett und hierher gezerrt.“ Cal war als Erster beim Container und begann, die Riegel hochzuschieben. Die Dockarbeiter von Prag hatten einen weiten Bogen darum gemacht, aber Cal ahnte nichts. Cal war jung und furchtlos, und er hatte nicht gesehen, was Tristan schon erlebt hatte.
„Cal! Warte!“
Doch Cal wartete nicht. Er warf die Tür auf, und der Gestank schlug ihnen wie eine gigantische Welle entgegen. Tod. Er hätte das vor Tagen melden sollen, als der fehlende Container endlich ankam. Er hatte gewusst, dass etwas schiefgegangen war, aber abgewartet.
Das waren keine Autos, sondern Schmutz, Matratzen und formlose, namenlose Häufchen. Und in dem Moment wurde ihm klar, was in diesem Container transportiert wurde und warum das Kartell so außer sich geriet, als er nicht rechtzeitig eintraf. Tristan brannten die Augen, und er war nur froh, dass es viel zu dunkel war, um etwas zu erkennen.
„Ruf den Krankenwagen“, sagte er, als Cal kreidebleich auf ihn zustolperte. „Einige von ihnen leben vielleicht noch.“
Er hätte viel früher reagieren müssen, vor drei Tagen, als der Container im Hafen ankam. Nur weil er nicht begreifen konnte, was schiefgegangen war, hatte er gewartet.
Und gewartet.
Erin wachte auf und konnte nicht gleich sagen, ob sie den Lärm geträumt hatte oder davon geweckt worden war. Sie lag da und wartete. Worauf?
Sie hatte keine Ahnung.
Ihr wurde unbehaglich, und sie zog die Decke höher, da hörte sie es wieder: ein entsetzlicher Schrei voller Kummer und Verzweiflung.
Tristan.
Erin hatte nicht geträumt, aber Tristan.
Was sollte sie tun?
Ihr erster Gedanke war, zu ihm zu gehen, ihn in die Arme zu nehmen und ihn zu trösten. Ihr zweiter, ihm ein Glas Milch zu bringen. Verflixt! Sie lag da und lauschte, bis es plötzlich leise wurde. Dann sah sie unter der Tür, dass nebenan das Licht anging. Er war wach.
Sie hörte, wie er ins Bad ging, dann drehte er den Wasserhahn auf. Wahrscheinlich wusch er sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Sie wollte zu ihm gehen und ihn fragen, was ihn bedrückte, aber sie blieb regungslos liegen.
Er wollte sicher nicht, dass sie sich einmischte. Wahrscheinlich würde er sie wütend ansehen und ihr sagen, dass nichts wäre und sie wieder ins Bett gehen solle.
Nein, Männer wie er vertrauten sich niemandem an.
Sie hörte, wie er den Wasserhahn abdrehte, das Licht im Bad löschte und leise wieder in sein Zimmer ging.
Das Licht dort ließ er an. Sie stellte sich vor, wie er auf dem Bett saß, den Kopf in die Hände gestützt. Und sie verfluchte ihn dafür, dass er war, wer er war, und sie dazu brachte, Mitgefühl mit ihm zu haben.
Sie wollte zu ihm und ihm helfen, obwohl sie wusste, dass sie es nicht konnte.
Vielleicht las er. Sie hoffte, dass er las. Aber vielleicht schlief er auch bei Licht besser ein.
Beim Frühstück am nächsten Morgen herrschte ein betretenes Schweigen, obwohl es ein herrlicher, sonniger Tag zu werden versprach. Erin hatte große Hoffnung, wunderschöne Opale zu finden.
Sie beobachtete Tristan, frisch geduscht und rasiert, wie er zwei Scheiben Rosinenbrot in den Toaster steckte. In Küchen bewegte er sich anscheinend sehr selbstverständlich, keine Frage. Die Teller von gestern Abend waren abgewaschen und weggeräumt und das Geschirrhandtuch zum Trocknen aufgehängt. Aber auch das Bad war geputzt – weit und breit kein einziger Tropfen Zahnpasta oder ein schmutziges Handtuch.
Nichts als der Duft von Seife und Mann sowie die Erinnerung an einen Schrei in der Dunkelheit, den sie nie vergessen würde. „Gut geschlafen?“, fragte sie beiläufig.
„Sehr gut“,
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