COLLECTION BACCARA Band 0269
was ihr noch nie passiert war: Sie sah alle paar Minuten auf die Uhr.
Dummerweise war es auch ihrem Chef aufgefallen.
„Musst du irgendwo hin?“
Sie errötete. „Nein, ich möchte nur unbedingt all diese Bestellungen fertig haben, wenn der Kurierdienst kommt.“
„Dann ist es ja gut. Heute kommt nämlich spät noch eine große Lieferung aus England herein, deshalb wäre ich froh, wenn ihr heute alle Überstunden machen könntet.“
Fiona seufzte, sobald ihr Boss außer Hörweite war. Großartig. Sie war es ja gewöhnt, Überstunden einzulegen, und sie wurde auch gut dafür bezahlt – einschließlich eines großzügigen Weihnachtsbonusses, wenn die Plackerei zu Ende war. Aber bisher hatte es eben auch keinen Ort gegeben, an dem sie lieber gewesen wäre.
Sie streckte die Hand nach dem Telefon aus. Es war nur höflich, Shane wissen zu lassen, dass sie später kommen würde. Aber wieso fühlte es sich dann so merkwürdig an? So als wären sie seit langer Zeit ein Paar? Überschritt sie nicht eine wichtige Grenze in ihrer Beziehung, wenn sie ihn jetzt anrief? Würde sie ihm damit den Eindruck vermitteln, dass er ihr wichtiger war, als sie zulassen durfte?
Schon der Umstand, dass sie so lange über einen einfachen Höflichkeitsanruf nachdachte, missfiel ihr. Kopfschüttelnd griff sie zum Hörer und wählte die Nummer.
Als sich nur der Anrufbeantworter meldete, fühlte sie sich ein wenig besser. Sie hinterließ Shane eine Nachricht.
Um halb neun war die Lieferung noch immer nicht angekommen. Alle hatten ihre Arbeit von heute und einen Teil der morgigen bereits erledigt und ihre Schreibtische aufgeräumt. In den Büroräumen machte sich eine gewisse Antriebslosigkeit breit. Und Shane hatte nicht zurückgerufen.
Eigentlich wäre das nicht zu viel verlangt gewesen.
Aber vielleicht war es ohnehin einfacher, wenn er sich wie ein typischer, gedankenloser Mann verhielt. So würde es ihr viel leichter fallen, ihn zu verlassen und zu vergessen.
Sie war gerade allein in der Warenannahme, als sie seine Stimme hinter sich hörte. „Wow, du wirkst wirklich unheimlich beschäftigt!“
Fiona fuhr zusammen. Sie drehte sich mit dem Bürostuhl, auf dem sie saß, herum und sah ihn erstaunt an. „Was machst du denn hier? Normalerweise darf hier niemand herein.“
Shane zuckte gleichgültig mit den Achseln. „Du musst etwas essen.“
Ihr Blick fiel auf eine Tüte, die er in der Hand hielt. Außerdem lag eine karierte Wolldecke über seinem Arm. „Du hast mir etwas zu essen mitgebracht?“
Ihr wurde ganz warm ums Herz. Das war wahrscheinlich das Netteste, was jemals jemand für sie getan hatte. „Und, was gibt es? Hoffentlich etwas Anständiges.“
„Natürlich etwas Anständiges, du kennst mich doch“, antwortete er grinsend. „Bei mir ist alles anständig.“ Dabei lehnte er sich so nahe an sie heran, dass sich ihre Nasen beinahe berührten. Dann legte er den Kopf schief und musterte bedauernd ihre leicht geöffneten Lippen. „Wie schade, dass hier überall Überwachungskameras montiert sind. Sonst wäre schnell Schluss mit der Anständigkeit.“
Dabei fiel ihr etwas ein. „Wie bist du eigentlich hier hereingekommen?“, erkundigte sie sich.
„Ich habe am Empfang gesagt, ich wäre dein Freund.“
„Das hast du nicht!“
„Doch, natürlich.“
„Und, was haben sie darauf gesagt?“
„Eine der Frauen dort hat gemeint, dass du dich glücklich schätzen kannst.“
Fiona kicherte. Wahrscheinlich hatte sie schon seit 15 Jahren nicht mehr gekichert.
Shane lächelte sein Grübchen-Lächeln. „Ich habe ihr übrigens zugestimmt.“
„Also, dann zeig mal her, was du da in der Tüte hast“, forderte sie ihn auf.
Er schüttelte stumm den Kopf und deutete auf seine unverletzte Wange. „Zuerst bekomme ich einen Kuss.“
Nach einem flüchtigen Blick zu der Überwachungskamera über ihnen lehnte sie sich vor und küsste ihn auf den Mund. Erst reagierte er nicht, doch dann entspannte er sich und küsste sie so sanft und zärtlich, dass sie mehr wollte. Viel, viel mehr.
Zwischen zwei Küssen fragte er: „Was ist mit den Kameras?“
„Du hast ja gesagt, dass du mein Freund bist. Also erwarten sie das.“
Er lächelte. Mit einem Finger strich er zart über ihre empfindlichen Lippen. „Was für ein Jammer, dass ich mich nicht als dein Frauenarzt ausgegeben habe.“
Fiona musste laut lachen.
Er nutzte die Gelegenheit, die karierte Decke aufzuschlagen und sie auf dem Boden auszulegen. Dann breitete er
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