COLLECTION BACCARA Band 0273
verbergen. „Schon komisch, dass ich vor Kurzem noch ganz deiner Meinung gewesen wäre, was? Es hat Jahre gedauert, bis ich endlich mit mir im Reinen war.“
Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass er sie stirnrunzelnd betrachtete. „Glaub mir: Egal, für wie mies du mich hältst – ich hatte eine noch schlechtere Meinung von mir.“ Sie zeigte auf die Wand. „Und was da drinnen eben passiert ist, hat mich an eines der Dinge erinnert, die ich an mir selbst am meisten gehasst habe, als sie so über dich geredet haben.“
„Du glaubst wohl, indem du mich verteidigst, könntest du alles wiedergutmachen?“
Wieder lachte sie, schriller diesmal, während sie den Arm sinken ließ. „Das kapierst du nicht, was? Es passt nicht in deine Schubladen von ‚ich Sünderin – du Heiliger‘. Soll ich dir mal was sagen?“ Sie presste die Lippen zusammen, schluckte die Tränen hinunter – nicht auszudenken, wenn er sie hätte weinen sehen! – und hob trotzig den Kopf. „Du hast dich in die Arbeit gestürzt, um der Welt zu beweisen, dass du es zu etwas bringen kannst – egal, wie deine Ausgangsposition war. Nicht, wo wir hineingeboren werden, macht uns zu dem, was wir später sind. Vielleicht möchte ich das ja auch beweisen.“
„Ich hindere dich nicht daran.“
„Doch, das tust du.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wie kannst du nur so blind sein? Du erinnerst mich andauernd an das, was ich mal war.“
Er stand so dicht vor ihr, dass es für sie leicht gewesen wäre, ihn zu berühren. „Vielleicht brauchst du ja diese Erinnerung und hast mich deshalb nicht weggestoßen, als ich dich dieses Mal geküsst habe.“ Warum wirkten seine Worte nur so verführerisch auf sie? „Oder du willst die Uhr zurückdrehen, um zu prüfen, ob das, was wir damals getan haben, jetzt besser klappt.“
War das der Grund, weshalb sie so intensiv auf ihn reagiert hatte? Angelina beschloss, den Dingen nicht tiefer auf den Grund zu gehen, weil es so schmerzhaft war. „Wenn ein Kuss so schön ist, soll man es vielleicht dabei bewenden lassen. Das hast du mir selbst mal gesagt. Und ein paar Minuten lang hast du vergessen, wie sehr du mich verachtest, oder? Vielleicht sollten wir genau das tun, Gabriel – unseren Gefühlen freien Lauf lassen, wenn sie zu stark werden, und …“
„Uns wieder küssen?“ Halb überrascht und halb amüsiert musterte er sie.
Als sie seine gefurchten Brauen sah, wurde ihr bewusst, was sie ihm gerade vorgeschlagen hatte. Und wie immer schnappte sie nach dem Köder. „Warum nicht? Möglicherweise ist das der beste Weg, den Ärger zu vergessen und andere Gefühle zuzulassen.“
„Zum Beispiel Lust?“ Seine Stimme klang auf einmal tiefer, und das amüsierte Funkeln in seinen Augen wich etwas anderem, was sie nicht zu deuten vermochte.
Ihre Antwort klang ziemlich atemlos. „Vielleicht.“
„Also, wenn wir uns demnächst wieder streiten, sollten wir sofort damit aufhören und uns stattdessen küssen? Oder anfassen? Oder was?“ Mit jedem Wort wurde seine Stimme lauter. „Wie weit wollen wir denn gehen, Angelina? Ein bisschen wilden Sex im Stehen, irgendwo an eine Wand gelehnt? Was willst du eigentlich?“
Seine harschen Worte enttäuschten sie zutiefst. „Ich weiß es nicht!“, schrie sie.
Er schrie ebenfalls. „Genau das war schon immer dein gottverdammtes Problem!“
Sie schloss die Augen, als sie der Schmerz einer alten Wunde so intensiv und plötzlich überkam, dass sie erst tief Luft holen musste, bevor sie weitersprechen konnte. Als sie Gabriel wieder ansah, bemerkte sie seine verärgerte Miene, und so ruhig wie möglich sagte sie: „Sex an der nächsten Wand? Ist es das, was du zu deiner Befriedigung brauchst?“
Er ballte die Fäuste, als er ihren provozierenden Blick bemerkte.
Sie hoffte, dass sie mit ihren Worten den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. „Aber du kannst dich nicht rächen, weil du immer an die Zeit denken muss, in der wir einander nahe waren. Du erinnerst dich genauso gut daran wie ich.“
Hatte sie Gabriel nur deshalb ihren Vorschlag gemacht, weil sie genau wusste, dass er nicht darauf eingehen würde? Und genau damit bewies er ja, dass sie ihm immer noch sehr viel bedeutete und es mehr als ein bloßes Abreagieren von irgendwelchen Gefühlen war.
Wollte sie ihn mit ihrem Vorschlag bloß auf die Probe stellen?
Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es andere Gründe waren, die sie so handeln ließen: seine Attraktivität, die Aura von Sex, die ihn umgab. Sosehr sie
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