Collector
Männer lachten leise. »Also, Kutscher: Warum sollte dich jemand umbringen?«
»Wegen der Belohnung, vermute ich mal«, gab Kris zurück, weil er nicht beabsichtigte, ihnen etwas von seinen Nachforschungen zu berichten. »Die Coalition sucht mich. Wegen dem Antrieb«, er stampfte mit dem Fuß auf, »den BaIn hier eingebaut hat.«
»Du hast den geklaut?«, wunderte sie sich und musste grinsen. »Respekt. Hatte nur gehört, dass du früher Kutscher warst.« Sie streckte die Hand aus. »Lopez. Und frag mich nicht nach meinem Vornamen. Wir haben alle nur Nachnamen, sogar die Verheirateten unter uns.« Wieder lachten die Männer, und Kris stimmte mit ein. »Ist so ein Ritual, damit der Tod nicht genau weiß, wo er hinsoll.«
»Okay.« Kris schüttelte nacheinander die kräftigen Hände der Gardeure und fand, dass sie alle Brüder sein könnten: eckige Gesichter, Nackenmuskulatur, die den Hals verschwinden ließ, Tätowierungen mit verschiedenen Abzeichen und Symbolen darauf. Eine Tätowierung fand er überall: ein J mit einem Adlerkopf: das Wappen eines jeden Justifiers, egal für welchen Kon er arbeitete. Und Narben trugen auch alle. Ich wette, dass sie Kybernetix in sich tragen. Und diese Supra-Drogen. »Wo wart ihr denn schon überall eingesetzt?«
»Offiziell: nirgends«, gab Lopez zurück und grinste noch breiter. Die kurzen blonden Haare standen ihr sehr gut und betonten die blauen Augen. Ein Engel zwischen fünf Höllenbrüdern. »Weißt du, Kris, Konzerne können sich nicht immer leiden, und wenn die Schreibtischhengste nicht zu einer Lösung am Verhandlungstisch kommen ...« Sie tippte sich gegen die Brust, dann klopfte sie an den rechten Oberschenkel, wo ihre Hole-Automatikpistole im Halfter steckte. »Passiert öfter, als man denkt.«
Kris hatte davon gewusst. Als Kutscher hatte er immer wieder von Kollegen gehört, die von sonderbaren Frachtpiraten überfallen worden waren. Merkwürdigerweise waren sie äußerst militärisch vorgegangen und dabei ausschließlich mit der Ausrüstung eines konkurrierenden Unternehmens ausgestattet gewesen. Justifiers-Einheiten eben, die sogenannte »feindliche Übernahmen« durchführten.
»Und solche Missionen wie hier?« Er hatte verstanden, dass Lopez zumindest bei den fünf Männern das Alphaweibchen war, das den Ton angab.
»Nein.« Sie legte das Grinsen ab und wirkte ernst. »Wir waren alle begierig darauf, dabei zu sein. Den Collectors in den gepanzerten Arsch zu treten und mehr über sie herauszufinden, das ist eine abgefahrene Sache, die sich kein Justifier entgehen lassen wollte.« Ihr Gesicht verschloss sich. »Scheiße, dass es gleich die Hälfte von uns erwischt hat.«
»Ihre Seelen sollen bei Odin weilen«, sagte ein Mann, auf dessen Namensschild Harper stand. Gemeinsam wiederholten sie den Spruch und schlugen sich einmal gegen die Brust.
Somit ist die Frage ihrer Religion auch geklärt. Das handfeste Germanische passt zu ihnen und ihrem Beruf. Aphrodite wäre total falsch. Kris wartete, um das ehrende Schweigen nicht vorzeitig zu unterbrechen. »Keine Angst vor den Collectors?«
»Im offenen Kampf, nein. Im All in einem Raumschiff, ja«, gab Harper unumwunden zu. »Wir wissen, was wir können, und haben hart trainiert, um sie zu knacken. BaIn gab uns neue Waffen mit, die richtig krachen. Dakka-dakka-bumm!« Die anderen grinsten.
»Wirst du bald sehen, Kutscher.« Lopez zeigte gegen die Decke. »Ist der Chemical wirklich so verrückt, wie man es von denen hört?«
»Ist er«, antwortete Kris nickend. »Aber harmlos und extrem gut in dem, was er tut.«
Harper tat, als müsste er ausspucken. »Dieses Arschloch hat einen KSP im Interim gemacht! Ich habe gedacht, ich ersticke an meiner Kotze.«
»Moment! Das hat er auf Befehl von Suede getan«, verteidigte Kris 23. Er konnte kein gegen ihren Piloten gerichtetes Feindbild brauchen. »War ein erstes Experiment, das sie im Auftrag von BaIn gemacht hat.« So, wie er es gesagt hatte, schwebte im Raum, dass noch weitere folgen mochten, in die niemand sonst eingeweiht war.
»Wie ist sie denn so, die Professorin?«, hakte Lopez sofort ein und legte die Füße hoch. »Knallst du sie?«
»Sagt man das auch?«, konterte er mit einem Grinsen.
»Nein. Das hört man«, fügte Harper hinzu, und sie mussten alle lachen.
Kris hatte das Gefühl, dass sich ein wenig Vertrauen aufbaute. Dummerweise begann die zweite Halbzeit des Spiels, und die Männer richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen im Cube. Nur
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