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Collector

Collector

Titel: Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Lautsprecher des Korns.
    Aha, sie haben mitgekriegt, was ich getan habe. Kris drückte die Taste und konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen: »Sorry, darf ich denn antworten? Ich meine, was ist mit der Funkstille?«
    »Antworten Sie.«
    »Ich musste die Hitze in den Griff bekommen«, erklärte er und unterdrückte das Lachen. »Der Reaktor läuft warm, weil ich leicht überladen bin und nicht so schnell fahren kann, dass Kühlwind auf herkömmlichem Weg in den Innenraum gelangt.«
    »Das stellt ein Sicherheitsrisiko dar«, bellte ihn der Gardeur an. »Sollten wir angegriffen werden ...«
    »... habe ich euch«, unterbrach Kris ihn gelassen. »Ich schreibe euch auch nicht vor, wie ihr euren Job zu tun habt, also lasst mir bloß meine Ruhe!« Er beendete das Gespräch und sagte »Arschloch« beinahe zu früh. Um ein Haar wäre das Schimpfwort durch den Äther gegangen.
    Vor ihm lag nichts als ebene, dunkelgraue Fläche, am Horizont erhoben sich die Hochregale von Park I/52AFK/GI.
    Die größte dieser Speicheranlagen barg klotzartige Gebäude von dreitausend Metern Höhe in sich und verteilte sich über mehrere Hundert Quadratkilometer. In diesen Parks lagerten Unternehmen ebenso ihre Rohstoffe und Produkte wie Nationen ihre Reserven jeglicher Art: Edelmetalle, ahumane Metalle, Ausgrabungsfunde der Ancients, kostbare Kolonialware, Daten, Schmuck. Beute nannten es andere.
    Kris hatte einmal gelesen, die Kolonisation des 19. und 20. Jahrhunderts sei von der Menschheit konsequent von der Erde ins All getragen worden, nur habe sie diesmal weitestgehend auf die damaligen Gräueltaten verzichtet. Nicht, weil sie aus der Geschichte gelernt hätte, sondern in Ermangelung passender Gegner.
    Die tote, ausgebeutete Erde war zu einem gewaltigen Speicher, zu einem einzigen Hort für die Schätze und Errungenschaften geworden. Das bisschen verbliebene Natur wurde weiter zerstört oder sich selbst überlassen. Außer den zähen Insekten gab es keine Tiere mehr. Ausgerottet.
    Ohne Importe von Kolonialwelten wären die Menschen auf der Erde verhungert und ohne Wetterkontrollsystem schon lange abgesoffen, von Stürmen davongewirbelt oder von der Sonne ausgetrocknet. Dass die Erde zu einem zweiten Mars mutierte, war gerade noch verhindert worden, und dennoch neigten die Wetterbedingungen zu extremen Ausschlägen.
    Die Regierungen der Staaten saßen in einer der molochartigen GlobalCities und leiteten von dort ihre Länder auf der Erde sowie die Kolonien. Auch wenn diese siebenundzwanzig Titanstädte Milliarden von Einwohnern beherbergten, lebte das Gros der Menschheit an schöneren Plätzen auf schöneren Planeten.
    Es gab nur zwei Typen von Erdbewohnern: die Reichen, die in den schönsten, höchsten Wolkenkratzern oder auf einer künstlichen Insel namens At Lantis lebten, und die Armen. Die Verlierer.
    Kris gehörte zu den Verlierern. Jemand musste Kutscher sein, Lagerverwalter. Aufräumer. Kris hatte keinen Ehrgeiz mehr, seinen Status zu ändern.
    »Genau deswegen hast du keine Frau mehr und musst deiner Tochter hinterhertrauern«, wie ihm Ugly, einer der anderen Kutscher, nach zehn Bier am Tresen vom HookUp, der Stammkaschemme, gesagt hatte. »Du bist jung und hast eine Pilotenausbildung. Wir sind die Interim-Krüppel, denen sie einen netten Job gegeben haben, damit sie uns keine Rente zahlen müssen«, hörte er Uglys Worte von damals. »Was, beim Hades, machst du hier auf der Erde?«
    Was, beim Hades, mache ich hier? Kris sah auf die größer werdenden Regaltürme. Ich würde sagen: meinen Job.
    Ein leises Fing lenkte seine Aufmerksamkeit auf das Radar: ein Punkt, noch ein Punkt...
    »Fuck«, entfuhr es ihm: Vier Flugobjekte näherten sich ihnen von Nordosten mit dreifacher Schallgeschwindigkeit. Gleiter. Damit war klar, dass es sich nicht um einfache Parkpiraten handelte, die sich auf das Plündern der Lagerstätten spezialisiert hatten. Diese griffen höchstens mit Hubschraubern oder Schwebern an, militärische Ausrüstung besaßen sie jedoch nicht. Eine Kennung strahlten die Gleiter nicht ab. Das war ein noch weniger gutes Zeichen.
    »GI first, haben Sie unseren Besuch auch gesehen?« Kris blickte nervös auf die Entfernungsanzeige. In weniger als einer Minute waren sie über dem LCV. Er sah zum ersten Hoverpanzer. »GIfirst?« Durch seine erhöhte Position besaß er einen guten Überblick über den Meeresboden. So fiel ihm der abgestorbene, verkrüppelte Baum sofort auf, der einsam und verlassen aus dem Grau ragte. Auf der

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