Collector
Rüstung mit roten Kreuzen auf den Armen, Rücken und Brust stand vor einer jungen Frau und setzte ihr auf offener Straße eine Injektion in den Hals. Sie wehrte sich nicht. Kaum war er fertig, stampfte er auf die nächste, deutlich ältere zu. Auch sie hielt still und ließ die Prozedur über sich ergehen. »Vitamine«, »Aufbaupräparate«, Impfungen«, diese blechernen Wortfetzen drangen zu ihnen, bevor der Transporter sich zu weit entfernte.
Sie fuhren von Norden nach Süden durch Veljanorsk, und sobald sie in die Außenbezirke kamen, wurde die Bevölkerung auf den Straßen wieder weniger. Theresa hatte die Vision, dass dies nicht der einzige Transporter mit Menschen war, die aus der Stadt gebracht wurden.
Sie fuhren über die Stadtgrenze hinaus und immer weiter. Die Fahrt wurde nun extrem schnell.
Sie passierten Collector-Straßensperren, sahen kubenförmige, hallengroße aufeinandergestapelte Blöcke, die sich kilometerweit dahinzogen.
Ein Wall? Die Unterbringung der Bodentruppen?
Theresa warf einen Blick über die Schulter. Ralda betete mit einem Großteil der Menschen und bat den Schöpfer der Universen für den Erhalt ihrer Seelen, der Rest des Haufens Selektierter saß einfach apathisch auf dem Boden.
Draußen zogen immense Förderanlagen und titanische Tagebaugruben von RussMining vorbei, die brachlagen.
»Es sind diese Androiden«, sagte ein Mann in der Dunkelheit. »Die verdammten Dinger, die Hikma gebaut hat. Jetzt sind sie zurückgekommen und wollen sich an uns rächen. Deswegen findet man nichts Lebendiges in den Rüstungen. Sie tarnen sich!«
Theresa kannte die Theorie über die wahre Herkunft der Ahumanen, teilte sie jedoch nicht.
»Was meint er?«, flüsterte Ralda.
»Vor knapp zweihundert Jahren ging eine komplette Schiffsladung Androiden der Linie Copy 23 der Hikma Corporation zusammen mit dem Containerschiff Dhalia verloren«, erklärte sie ihr. »Die Maschinen stammten noch aus der Zeit, als es nicht verboten war, intelligente Droiden zu bauen. Sie besaßen eine enorm hohe AI. An Bord befanden sich zweihundert Stück dieser Kunstmenschen. Der Kontakt zum Frachter Dhalia riss nach Verlassen des Interim ab. Hikma hat weder Trümmer noch Antriebsspuren gefunden.«
»Sie sind nicht zerstört worden. Die verdammten Androiden sind abgehauen, so sieht es aus«, rief der gleiche Mann. »Und jetzt kommen sie zurück und verarschen uns, indem sie so tun, als wären sie Ahumane.«
»Ich habe gehört«, warf eine Frauenstimme ein, »es sollen die Ancients sein, die ihren Gottstatus herstellen wollen. Was sagen Sie dazu, Bishopness?«
»Es gibt keinen Gott außer dem Schöpfer«, kam es sofort über ihre Lippen. Negierungsreflex. »Die Ancients, wie sie von den Wissenschaftlern genannt werden, sind nichts anderes als weitere Geschöpfe des Allmächtigen. Sie lebten lediglich früher als wir.« Die Spuren alter und sehr ähnlicher Kulturen hatte die Menschheit auf etlichen Fremdplaneten gefunden, Tausende von Jahren alt. Raumfahrer, Besiedler, Weltenformer. »Nein, die Collectors sind keine Ancients. Es gibt keine Parallelen zu ihnen. Das sagen auch die Wissenschaftler.«
Eine weitere Theorie, die im StellarWeb gerne verbreitet wurde, ließ sie außen vor. Diese Annahme besagte, die Collectors seien experimentelle Truppen eines Konzerns, die absichtlich geheimnisvoll operierten, um sich ohne Schaden und Angst vor Angriffen bereits besiedelte Planeten einverleiben zu können. Theresa fand diese Erklärung am unwahrscheinlichsten. Wer eine solche technische Überlegenheit besaß wie die Collectors, musste kein Versteckspiel betreiben.
»Es sind die beschissenen Cbpy-23-Androiden«, wiederholte die Männerstimme dumpf. »Wir hätten niemals schlaue Maschinen bauen sollen.«
Theresa sah wieder nach draußen.
Die Natur wurde wilder und unberührter. Schließlich verlangsamte der Transporter die Geschwindigkeit. Im Anhänger roch es inzwischen nach Urin; es waren keine Pausen gemacht worden.
Mit der Verringerung des Tempos schlug die Stimmung im Innern sofort um. Die Angst war schlagartig wieder da.
»Fürchtet euch nicht«, sagte Theresa milde. »Wenn sie uns hätten umbringen wollen, wäre es schon lange geschehen.« Sie wechselte das Magazin, lud auch ihre zweite Waffe durch, Ralda tat es ebenso. »Gott ist mit uns.«
»Hat er uns die Collectors gesandt oder der Teufel?«, fragte ein kleines Mädchen.
Die Unschuld stellt die gefährlichsten Fragen. Bevor sie antworten konnte, kam der Truck
Weitere Kostenlose Bücher