Collector’s Pack
Atemholen flüsterte sie zwischendurch seinen Namen, heiser und verzweifelt wie ein Glück, das man nicht fassen konnte.
»Mein Gott, ich bin so froh, dass du lebst!«
Peter erwiderte ihre Umarmung etwas steif, drückte Maria an sich, genoss die Wärme ihres Körpers trotz der Hitze.
»Steht dir gut!«, lachte sie und strich ihm zärtlich über den kahlen Kopf.
»Warum trägst du kein Habit mehr?«, fragte Peter, denn Maria stand in Jeans und T-Shirt vor ihm.
»Ich fand es … irgendwie unpassend. Nach allem, was passiert ist.«
Sie fühlt sich schuldig, weil sie mit dir geschlafen hat.
»Bist du aus dem Orden ausgetreten?«
»Nein. Ich wollte. Ich wollte meiner Äbtissin alles beichten. Aber in den letzten Wochen konnte ich sie noch nicht einmal sehen. Wir sind um die halbe Welt geflogen. Im Augenblick gibt es wichtigere Dinge als die Sexbeichte einer verliebten Nonne.«
Sie lächelte ihn etwas bemüht an, als gäbe es da noch etwas, das sie ihm verschwieg. Immer noch standen sie im Hausflur. Peter fühlte sich plötzlich beobachtet.
»Wollen wir nicht reingehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Hier habe ich dich noch für einen Moment für mich. Die restlichen Wohnungen sind alle leer. Wir sind ganz unter uns.«
Sie klang kokett.
»Ich liebe dich, Maria.«
»Schschsch!« Sie legte ihm einen Finger auf die Lippen und küsste ihn sofort wieder. »Sag das nicht.«
Peter spürte, wie er zum ersten Mal nach seinem Erwachen aus dem Kokon eine Erektion bekam, und drückte Maria fest an sich.
»Warum nicht?«
»Weil ich mich noch nicht entschieden habe.«
»Aber ich liebe di…!«
Und wieder verschloss sie ihm die Lippen lachend mit einem Kuss. »Schschsch, sag ich!« Und etwas ernster fügte sie hinzu: »Ich habe ein Gelübde abgelegt, wenn die Heilige Jungfrau Maria dich aus dieser Hölle rettet… nein, frag nicht. Ich werde es dir nicht sagen.«
Wie kann sie dich so küssen und dich gleichzeitig auf Abstand halten?
»Hast du das Amulett noch?«
Maria zog ein kleines Stoffsäckchen aus der Hosentasche und reichte es Peter. Behutsam zog er das Amulett ans Licht. Das blaue Medaillon und die zweiundfünfzig Perlen schimmerten milchig im gedämpften Licht des Treppenhauses. Auf der einen Seite des Medaillons sah Peter das eingeritzte Kupferzeichen.
Auf der Rückseite war die Abbildung der »Djet«-Hieroglyphe, dem ägyptischen Symbol für Ewigkeit.
Peter betrachtete das Amulett einen Moment und gab es Maria dann zurück.
»Was immer auch passiert, gib es nie wieder aus der Hand. Noch nicht einmal mir, hörst du?«
»Warum …?«
Peter unterbrach sie. »Solange es bei dir ist, ist es sicher. Das ist alles.«
»Seid ihr endlich fertig da?«, polterte eine grantige Männerstimme aus der Wohnung. Die große Gestalt von Franz Laurenz, dem ehemaligen Papst Johannes Paul III., erschien im Türrahmen, füllte ihn beinahe ganz aus, die großen Hände trotzig in die Hosentaschen gestopft. Marias Vater trug eine helle Baumwollhose mit Bügelfalte und ein dunkelblaues Polohemd. Er war braun gebrannt und wirkte eher wie ein Pensionär, der seinen Lebensabend genoss, als wie einer der ehemals mächtigsten Männer der Welt, der nun gegen die Mächte des Bösen kämpfte.
»Hallo, Peter. Schön, dass Sie diesem Inferno entkommen sind. Kommen Sie, wir haben viel zu besprechen.«
Die kleine Wohnung roch nach Schimmel, Weihrauch und Chlor. Die Einrichtung wirkte billig und alt. An den Wänden Kruzifixe und Kunstdrucke religiöser Meisterwerke. In den Regalen katholischer Souvenirkitsch aus den bekanntesten Wallfahrtsorten von Lourdes über Altötting, Fátima, Guadeloupe und Tschenstochau bis Jerusalem.
»Willkommen in meinem Gefängnis!«, rief Laurenz, als Peter ihm ins Wohnzimmer folgte. Er nahm auf dem knarzenden Sofa Platz und bot Peter den Sessel an. Maria setzte in der Küche Kaffee auf. Peter konnte sie mit Tassen und Löffeln klappern hören. Es klang, als wollte sie sich unbedingt mit irgendetwas beschäftigen. Sich ablenken. Nicht reden müssen.
»Diese Wohnung ist nur eine Übergangslösung«, erklärte Laurenz. »Aber ich werde heute Nacht ohnehin wieder abreisen.«
»Wohin?«
»Das spielt im Moment keine Rolle.«
Laurenz sah Peter aufmerksam und durchdringend an.
»Sie sind blass.«
»Kommen Sie zur Sache, Laurenz.«
Der ehemalige Papst seufzte. »Warum waren Sie in Köln? Wo waren Sie in den letzten fünf Tagen?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Habe ich tatsächlich
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