Collins, Suzanne
Kummer nach der Rettung. Finnick
versucht mich wegen Peeta zu trösten. Die werden bald merken, dass er
nichts weiß. Und sie werden ihn nicht töten, solange sie denken, sie können ihn
gegen dich einsetzen. »Du hast mich doch gewarnt. Auf
der Krankenstation. Aber als du gesagt hast, sie würden Peeta gegen mich
einsetzen, da dachte ich, du meinst, als Köder. Um mich ins Kapitol zu locken«,
sage ich.
»Nicht mal das hätte ich sagen sollen. Es war zu spät, um
dir zu helfen. Wenn ich dich schon nicht vorher, vor dem Jubel-Jubiläum,
gewarnt habe, hätte ich mir auch den Hinweis darauf sparen können, wie Snow
vorgeht.« Finnick reißt am Ende seines Seils und ein komplizierter Knoten löst
sich auf. »Aber damals, als ich dich kennenlernte, da hab ich es nicht kapiert.
Nach euren ersten Spielen dachte ich, die Liebesgeschichte wäre von deiner
Seite aus nur Theater. Wir sind alle davon ausgegangen, dass du diese Taktik
weiterverfolgen würdest. Erst als Peeta das Kraftfeld berührt hat und fast
gestorben wäre, da wusste ich ...« Finnick zögert.
Ich denke zurück an die Arena. Wie ich geschluchzt habe,
als Finnick Peeta wiederbelebte. Sein verwirrter Gesichtsausdruck. Und wie er
mein Benehmen entschuldigt und es auf die angebliche Schwangerschaft geschoben
hat. »Was wusstest du da?«
»Da wusste ich, dass ich dich falsch eingeschätzt hatte.
Dass du ihn liebst. Auf welche Art, weiß ich nicht. Vielleicht weißt du das
selbst nicht. Aber jeder, der dich beobachtet hat, konnte sehen, wie viel er
dir bedeutet«, sagt er sanft.
Jeder? Als Snow mich vor der Tour der Sieger besucht hat,
hat er von mir verlangt, jeden Zweifel an meiner Liebe zu Peeta auszulöschen.
»Überzeuge mich«, hat er gesagt. Unter dem heißen
rosa Himmel, als Peetas Leben an einem seidenen Faden hing, scheint mir das
schließlich gelungen zu sein. Und indem es mir gelungen ist, habe ich Snow die
Waffe zur Verfügung gestellt, die er braucht, um mich zu brechen.
Lange sitzen Finnick und ich schweigend da, schauen den
Knoten zu, wie sie entstehen und sich wieder auflösen, bis ich die Frage über
die Lippen bringe: »Wie hältst du das aus?«
Finnick schaut mich ungläubig an. »Ich halte es nicht aus,
Katniss! Natürlich nicht. Jeden Morgen quäle ich mich aus Albträumen, um
festzustellen, dass das Erwachen keine Erleichterung bringt.« Etwas in meinem
Blick lässt ihn verstummen. »Am besten gar nicht erst nachgeben. Sich wieder zusammenzuflicken,
dauert zehnmal so lange, wie zu zerbrechen.«
Er muss es ja wissen. Ich hole tief Luft und zwinge mich
dazu, ganz zu bleiben.
»Versuch dich abzulenken, das ist das Beste«, sagt er.
»Morgen besorgen wir dir als Erstes ein eigenes Seil. Bis dahin kannst du
meins haben.«
Den Rest der Nacht sitze ich auf meiner Matte und mache
wie besessen Knoten, die ich dann Butterblume zeige. Wenn einer verdächtig
aussieht, fängt er ihn aus der Luft und beißt ein paarmal hinein, damit er auch
ganz sicher tot ist. Am nächsten Morgen habe ich wunde Finger, aber ich mache
weiter.
Nachdem es vierundzwanzig Stunden ruhig geblieben ist,
verkündet Coin schließlich, dass wir den Bunker verlassen können. Unsere alten
Quartiere sind ausgebombt worden. Alle bekommen ganz genaue Anweisungen, wo
sich die neuen Wohneinheiten befinden. Wie angeordnet, räumen wir unsere Lager
und stellen uns gehorsam vor der Tür auf.
Ehe ich angekommen bin, taucht Boggs auf und zieht mich
aus der Schlange. Er gibt Gale und Finnick ein Zeichen, zu uns zu kommen. Die
anderen lassen uns durch. Einige lächeln mich sogar an, durch das Spiel mit dem
»Verrückten Kater« habe ich offenbar gepunktet. Zur Tür hinaus und die Treppe
hoch, durch den Flur und zu den multidirektionalen Aufzügen, die uns in die
Waffenabteilung bringen. Unterwegs haben wir keine Zerstörungen gesehen, aber
wir sind auch noch immer tief unter der Erde.
Boggs führt uns in einen Raum, der fast genauso aussieht
wie die Kommandozentrale. Coin, Plutarch, Haymitch, Cressida und alle anderen
am Tisch sehen erschöpft aus. Irgendwer hat endlich den Kaffee rausgeholt -
wenn auch garantiert nur als Aufputschmittel -, und Plutarch hat beide Hände
fest um die Tasse gelegt, als könnte sie ihm gleich wieder weggeschnappt
werden.
Präsidentin Coin kommt sofort zur Sache. »Wir brauchen
euch vier in voller Montur über der Erde. Ihr habt genau zwei Stunden Zeit, um
Bildmaterial zu sammeln, das erstens die Zerstörung durch die Bomben zeigt,
zweitens beweist, dass
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