Colombian Powder
stehen und holte eine Chipkarte hervor. Durch ein Vorzimmer betraten sie einen in Beige- und Goldtönen gehaltenen Salon, in dem eine antike Sitzgruppe den Mittelpunkt bildete. Ein schlanker, elegant gekleideter Mann erhob sich und kam auf sie zu. Dabei ließ er die Qualitätsarbeit seines Zahnarztes aufblitzen. Nina schätzte ihn auf höchstens vierzig Jahre. Er hatte schwarze, sorgfältig zurückgekämmte Haare und einen olivfarbenen Teint. Hohe Wangenknochen und eine gebogene Nase verliehen ihm geradezu aristokratische Züge. Als er Nina die Hand schüttelte, bemerkte sie eine schwere Rolex an seinem Handgelenk. Hier wurde geklotzt, nicht gekleckert.
»Willkommen, Senoritas!«
»Ramon«, schnurrte Beate und ließ sich von ihm umarmen.
Er richtete seinen Blick auf Nina. »Ich freue mich Sie kennenzulernen, Senorita Sonnenberg.« Sein Deutsch war gebrochen, mit einem deutlich spanischen Akzent. Er bedeutete den beiden Frauen, Platz zu nehmen. »Champagner?« Geschmeidig hob er eine Flasche Blanc de Noirs aus einem silbernen Eiskübel, füllte zwei Champagnerkelche und reichte sie ihnen. »Salute!«
Sein stechender Blick fixierte Nina, während die nervös ihr Glas leer trank. Erwartete er etwa, dass sie die Unterhaltung begann? Doch Ramon schien kein Mann langer Worte zu sein.
»Beate hat mir von ihrem Liquiditätsproblem erzählt«, kam er unumwunden auf des Pudels Kern. Er deutete ein Lächeln an, so klang die Anspielung nicht hämisch.
Nina nickte artig.
»Nun, ich sehe eine Möglichkeit, Sie aus dieser Lage zu befreien.«
Also doch, dachte Nina, und machte ein möglichst erwartungsvolles Gesicht. Ihre Vorahnung hatte sie nicht getäuscht. Es ging tatsächlich ums Geschäft! Gespannt sah Nina zu Beate, die jedoch nicht weniger neugierig wirkte.
»Hier, lesen Sie das.« Ramon nahm eine Tageszeitung von voriger Woche von einem gläsernen Beistelltischchen. Darauf hatte er eine Schlagzeile markiert.
Drogenkurierin verhaftet
Eigenbericht EZ
Kokain im Verkaufswert von siebenhunderttausend
Euro hatte eine Frau aus Köln im Koffer,
als der Zoll in Frankfurt am Main sie am Flughafen
kontrollierte. Die Drogenkurierin kam aus Rio de
Janeiro, das Rauschgift befand sich in einem
doppelten Boden. Einen weiteren Koffer dieser Art
fanden die Ermittler auch bei der Durchsuchung
ihrer Wohnung. Die 25jährige sitzt jetzt in
Untersuchungshaft.
»Das ist schon der dritte Reinfall in diesem Monat!«, seine Stimme klang aufgebracht. »Wegen dieser leichtsinnigen Dilettanten ist der Zoll an den Flughäfen bald so dicht wie ein U-Boot. Aber wenn die sich mit mir anlegen wollen, müssen sie früher aufstehen«, fügte er in höhnischem Tonfall hinzu. »Wir haben deshalb beschlossen, die Methoden zu ändern. Es gibt einen Weg, um das Zeug problemloser hierher zu kriegen.«
»Und wie sieht der aus?«, fragte Beate.
Ramon ignorierte die Frage und wandte sich Nina zu. »Ich bin ein unhöflicher Gastgeber, perdón. Darf ich Ihnen eine kleine Stärkung anbieten?« Seine Augen blitzten, als er an dem großen Siegelring an seinem Finger den oberen Teil aufklappte. Er drehte die Hand um und ließ ein wenig weißes Pulver auf die Glasplatte des Tisches rieseln. Blitzschnell formte er daraus eine Linie und sah Nina auffordernd an.
»Nein, danke«, erwiderte Nina und schüttelte energisch ihre Haare zurück. »Fürs Geschäft brauche ich einen klaren Kopf.«
In Gedanken umarmte sie Beate für den Tipp von vorhin. Ramon nahm ihre Ablehnung wortlos zur Kenntnis.
»Das Ziel ist immer noch das gleiche«, fuhr er fort und lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Der Stoff muss ins Land kommen. Aber nicht mehr auf dem herkömmlichen Weg.«
»Sondern?« Beates Stimme klang nun eine Spur ungeduldiger, was Ramon lediglich ein schmales Lächeln entlockte.
»Ein Kreuzfahrtschiff. Das ist des Rätsels Lösung. Und ihr seid meine señuelos, meine Locktäubchen!«
»Lockvögel«, verbesserte Beate.
»Wie auch immer. Ihr übernehmt die Ware in Kolumbien und sorgt dafür, dass sie ein anderer nach Deutschland schafft. Einer, der nichts davon ahnt, natürlich«, er lächelte feinsinnig.
»Ach, du meinst …«, begann Beate, wurde aber von Ramon harsch unterbrochen.
»Ihr checkt auf einem Mar Crucero ein, kreuz und quer durch die Karibik. Beim Anlegen in Cartagena schafft ihr den Koks an Bord. Dann packt ihr ihn in unseren Spezialkoffer und jubelt es einem Passagier unter.« Bei dieser Vorstellung lachte er glucksend.
»Und was für
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