Colombian Powder
manchen Streich ausgeheckt.«
Manolo kam mit einem beladenen Tablett zurück und knallte strahlend eine Flasche Tequila auf ihren Tisch.
»Tenemos que celebrar, nuestro reencuentro«, brummte er und reichte ihnen zwei gut gefüllte Gläser.
»Er sagt, dass wir unser Wiedersehen feiern müssen«, übersetzte Marco auf Ninas fragenden Blick hin.
Kurz darauf erschien eine zierliche, schwarzhaarige Frau und servierte ihnen eine Vorspeise. Manolo stellte sie als seine Frau Maria vor, und auch sie begrüßte ihre Gäste herzlich. Nina spürte, dass sie für Marcos Freundin gehalten wurde, aber er unternahm nichts, um das Missverständnis zu klären.
»Vielen Dank, für mich bitte nichts mehr! Ich fühle mich wie ein Pottwal«, wehrte Nina einen weiteren Nachschlag Paella ab und legte sich demonstrativ die Hände auf den Bauch.
Seit zwei Stunden tischte Manolo ihnen einen Gang nach dem anderen auf, quer durch die ganze Speisekarte. Nie hätte sich Nina träumen lassen, wie köstlich und abwechslungsreich die spanische Küche sein konnte. Zum Abschluss dieses Festessens bat sie um einen weiteren Tequila, doch Manolo schüttelte entschieden den Kopf. Wieder verschwand er in seiner Küche und kam mit Maria zurück, die eine riesige, mit Früchten und Schlagsahne dekorierte Torte trug.
Nina konnte ihre Rührung kaum noch verbergen. Noch nie war sie von Fremden derart herzlich behandelt worden. Ihre Augen wurden feucht, und sie griff nach ihrer Sonnenbrille, die ihr prompt entglitt und vom Tisch fiel.
Marco bückte sich danach und reichte sie ihr. »Alles in Ordnung?«
»Natürlich. Mir ist nur die Sonne zu grell«, murmelte Nina und senkte verlegen den Blick. Zu ihrem Erstaunen hob er die Hand und legte sie leicht unter ihr Kinn, sodass sie ihn ansehen musste.
»Erinnerst du dich an die Geschichte mit der Engelsträne?«
Nina konnte nur schwach nicken, während er sachte eine Träne aus ihrem Augenwinkel wischte. Sie sah rasch zu Manolo und seiner Frau hinüber, die geschäftig Tortenstücke auf die Teller verteilten und diese zärtliche Geste höflich ignorierten.
Das Lokal hatte sich inzwischen geleert, und Manolo und Maria hatten endlich Zeit. Es wurde ein langer, wunderbarer Nachmittag. Manolo und Marco plauderten über ihre gemeinsamen Jahre und erinnerten sich lautstark an so manche Begebenheit. Obwohl Nina kein Wort verstand, fühlte sie sich in der Runde unglaublich wohl. Sie genoss den Duft des Oleanders und das Rauschen des Windes in den Palmen über ihnen und wünschte, dieser Tag würde niemals enden.
Die Sonne hatte sich bereits in eine orange Scheibe verwandelt, als Marco auf seine Armbanduhr sah. »Liegt es an der Nähe zum Bermudadreieck, dass die Zeit hier schneller vergeht als anderswo?«
Zufrieden registrierte Nina, dass Marco sich anscheinend genauso wohl fühlte wie sie selbst. Trotz allem mussten sie sich auf den Weg machen. Das Schiff würde bestimmt nicht auf sie warten, obwohl es durchaus seinen Reiz hätte, mit Marco am Strand zu übernachten.
Manolo verbot sich jede Form der Bezahlung für ihr opulentes Mahl und umarmte und herzte Nina zum Abschied ein um das andere Mal. Bevor sie endgültig aufbrachen, drückte ihr Maria noch einen kleinen Gegenstand in die Hand.
»Virgen del Valle«, erklärte sie und zeigte auf die fein ziselierte Figur. Es war ein blecherner Anhänger in Form einer Marienstatue. »The patroness of this island«, bemühte sie sich, es Nina verständlich zu machen. »Brings many luck!«
Nina war über dieses einfache Geschenk gerührt. Sofort fädelte sie es auf ihre Halskette. Noch lange winkten Manolo und seine Frau ihnen nach, und Nina entschied, dass sie wohl noch nie in ihrem Leben solch liebenswürdigen Menschen begegnet war.
»Nach all den Jahren sprichst du immer noch fantastisch spanisch«, bemerkte Nina, als der Wagen wieder auf die Landstraße einbog.
Marco zuckte mit den Schultern. »Meine Mutter legte Wert darauf, dass wir Kinder die spanische Sprache genauso gut beherrschen, wie die deutsche. Sie war der Meinung, dass wir uns so ein Stück der alten Heimat bewahren könnten. «
Seine Miene machte sie betroffen und verriet ihr, dass ihm der Verlust seiner Mutter immer noch zu schaffen machte. Darum hielt sie es für klüger, das Thema nicht weiter zu vertiefen.
Die restliche Fahrt zurück zum Hafen verlief schweigend. Hinter der Sicherheitsschleuse am Eingang des Schiffes wartete eine Stewardess und drückte jedem Ankömmling ein Flugblatt in die
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