Colombian Powder
die ganzen Sorgen und Ängste der letzten Tage waren Lichtjahre entfernt. Ihr war, als bewegte sie sich in einem Vakuum auf Marco zu, denn die Geräusche und Farben ringsum verschwammen zu einem einzigen unbedeutenden Grau. All ihre Sinne registrierten nur noch diesen umwerfenden Mann.
»Du hast sicher ein verdammt gutes Argument, warum ich heute schon wieder allein aufgewacht bin«, sagte Nina zur Begrüßung und ließ sich von ihm widerstandslos in die Arme ziehen.
»Ich musste etwas organisieren.« Seine Augen blitzten schelmisch, als er sie an der Hand nahm und Richtung Terminal lotste. »Weil ein unbestimmtes Gefühl mir sagte, dass du noch immer nicht genug von mir hast.«
Diese Worte machten Nina vor Glück richtig schwindlig, und nur zu gern folgte sie ihm auf die Schnellstraße hinaus.
»Da vorne stehen Taxis«, machte sie ihn auf ein paar verbeulte Vehikel aufmerksam, damit sie möglichst schnell von hier wegkamen. Marco schüttelte den Kopf und zog sie in die entgegengesetzte Richtung, bis er vor einem schwarzen Monster von Wagen stehen blieb, das am Straßenrand parkte.
»Die Autovermietung hatte leider nichts Größeres. Ich hoffe, du bist auch mit einem Jeep Cherokee zufrieden?« Er grinste über Ninas sprachloses Gesicht. »Besser gesagt, dieses Baby hier war der einzige Geländewagen.«
»Ein Geländewagen? Wohin willst du mich denn entführen?«
Schwungvoll öffnete er ihr die Tür. »Gestern hattest du deine Überraschung, heute bin ich dran.«
Die Fahrt ging aus der Stadt hinaus und durch eine sattgrüne Landschaft, bis die Straße immer enger wurde und sich durch schroffe Hügel schlängelte. Es war so wie auf der Isla Margarita, mit dem Unterschied, dass Marcos Hand diesmal auf ihrem Oberschenkel lag und nicht auf dem Schaltknüppel.
Marco orientierte sich ein paar Mal auf einem bekritzelten Zettel und lenkte den Wagen alsbald auf eine holprige Sandpiste. Nach mehreren Kilometern über Stock und Stein waren sie endlich am Ziel. Marco parkte am Rand eines dicht bewachsenen Palmenhains.
»Was machen wir hier?« fragte Nina. Weit und breit entdeckte sie nichts als Regenwald, und die Fahrbahn war längst nicht mehr als solche zu bezeichnen.
Marco tippte ihr zärtlich auf die Nase. »Es stimmt also, dass eine Frau zu drei Vierteln aus Neugier besteht.«
Er stieg aus und holte einen Picknickkorb samt Decke aus dem Kofferraum.
»Also vertraust du mir und lässt dich von mir führen?«
Nina nickte. Es gab keinen Ort der Welt, an dem sie in diesem Augenblick nicht mit ihm hingegangen wäre.
Marco machte die Augen schmal und suchte konzentriert den Wegesrand ab. Schließlich fand er, was er suchte.
»Da hinein!« Er gab der verdutzten Nina die Decke und zog sie hinter sich her in das Dickicht. Es bereitete ihr ziemliche Mühe dem überwucherten Pfad zu folgen, und nach weniger Metern stand ihr der Schweiß auf der Stirn. Zum Glück war Marco körperlich viel besser trainiert als sie, half ihr über Kriechwurzeln hinweg und bog weit herunterhängende Palmwedel auseinander, um ihr das Durchkommen zu erleichtern.
Nina war bereits davon überzeugt, dass sie sich in dieser Wildnis verlaufen hatten, da lichtete sich das Unterholz und gab den Blick auf eine ausgedehnte Sandbucht frei.
Hier wuchsen keine stattlichen Kokospalmen mehr, sondern kleinere Fächerpalmen, deren Blätter ein natürliches Sonnendach bildeten. Begrenzt von rundgewaschenen Felsen und dem Gebüsch des Palmenhains wirkte dieser Ort zweifellos paradiesisch.
»Gefällt es dir hier?«, Marco war dicht vor ihr stehen geblieben.
»Was für ein Traum! Wie hast du nur hierher gefunden?«
»Einer der Kellner auf dem Schiff ist Puertoricaner. Er hat mir heute Morgen eine Skizze gezeichnet.«
Nina konnte sich vorstellen, dass dieser Kellner selbst schon mit einer Frau hier gewesen war. Die versteckte Bucht war für Liebespaare gerade richtig, denn sie waren bestimmt meilenweit die einzigen Menschen.
»Hast du Lust zum Schwimmen?« Marcos Stimme klang so träge, wie Nina sich fühlte. Nachdem sie sich über den Picknickkorb hergemacht hatten, lag sie nun zufrieden in seinen Armen, die Glieder schwer vom Wein, und wäre am liebsten nie wieder aufgestanden.
»Komm schon, Prinzessin! Ich zeige dir eine neue Welt.« Er zog zwei Schnorchelmasken aus seinem Rucksack. Anscheinend hatte er ihr Bekenntnis, dass sie noch nie in ihrem Leben geschnorchelt war, nicht vergessen.
Nina blinzelte. »Bin ich das wirklich, deine
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