Colorado Saga
eine lange Messerwunde, die zwar verheilt, unter dem Narbengewebe jedoch immer noch dunkelrot war.
McKeag befingerte die Narbe, lachte ein wenig dünn und sagte dann: »Ja, er war immer schon gut mit dem Messer.«
Gemeinsam wanderten sie einige Tage weiter, bis sie den Green River erreichten. Abends am Lagerfeuer berichteten sie McKeag von ihrem Marsch den Arkansas entlang, von Santa Fe und den westlichen Berghängen, vom Hochplateau. Sie schienen praktisch mit allen gekämpft zu haben: Comanchen, Apachen, Mexikanern, Ute. »Von allen Indianern, die wir getroffen haben«, sagte der eine, »beherrschen die Ute im Kampf ihre Pferde am besten.« Sie hielten sehr viel von diesem Stamm und fragten McKeag, welchen er vorziehe. »Arapaho«, antwortete er, ohne einen Grund dafür zu nennen.
Als sie sich dann nach Norden und dem Bear Lake zuwandten, wo das Treffen stattfinden sollte - die Nachricht hatte sich im gesamten Westen, von Oregon nach Saint Louis, von Kanada nach Chihuahua, verbreitet -, stießen sie auf sechs verschiedene Indianerstämme, die sich ebenfalls auf dem Weg zu dieser einen ganzen Monat dauernden Festivität befanden: Ute, Shoshone, Gros Ventre, Snake, Nez Percé und Flathead. Die Neuankömmlinge prahlten sogleich mit ihrer Kenntnis der Zeichensprache, dabei mit einigen wenigen Symbolen höchst dürftige Ideen ausdrückend, während McKeag von einem Ute aus dem Gebiet am Ostabhang begrüßt wurde und sich mit diesem in ein Gespräch vertiefte. Ein Gros Ventre gesellte sich dazu, mit dem sich McKeag auf Arapaho unterhielt. Die Bergtrapper waren zutiefst beeindruckt. »Squaw Man?« fragten sie ihn neugierig.
»Trapper«, antwortete McKeag.
Nachdem sie eine kleine Anhöhe hinaufgestiegen waren, sahen sie unten den schimmernden See und die weiten Wiesen liegen, auf denen das Treffen abgehalten wurde. Schon ungefähr zweitausend Indianer lagerten dort, und immer noch kamen von Norden und Westen mehr. »Im letzten Jahr hatten wir nicht genug Gras für die Pferde«, sagte einer der Trapper.
»Bist du denn schon mal hiergewesen?« fragte McKeag.
»Zum drittenmal jetzt. Hier ist es besser als in Saint Louis«, sagte der Mann begeistert und vom Anblick der ersehnten Stätte erregt. »Scotty, ich sage dir, hier wirst du was erleben... Und ich schwöre, wenn dieser kleine Teufel Pasquinel wieder versucht, mich anzugreifen...«
»Kommt er denn?« erkundigte sich McKeag.
»Der? Für den haben die das doch erfunden! Der wird in zehn Tagen nicht zehn Minuten lang nüchtern sein.« Ein anderer Trapper mischte sich ein. »Im ersten Jahr ist er allein gekommen. Ununterbrochen stockbetrunken. Im letzten Jahr hat er seine Squaw mitgebracht. Labe wollte was mit ihr anfangen. Deswegen die Wunde am Arm. Mit acht Männern mußte Pasquinel während des Treffens kämpfen.«
Als sie sich an den Abstieg machten, wurden die vier aus Santa Fe immer wieder von Bergtrappern aus den verschiedensten Regionen des Westens erkannt, die ihnen Grüße von fernen Freunden brachten. McKeag hielt sich abseits, beobachtete den See und staunte darüber, daß so viele weiße Männer in den Bergen lebten, daß so viele kriegerische Stämme in Frieden hier zusammenkommen konnten. Gerade wollte er sich wieder zu seiner Gruppe gesellen, da wurde die Luft von einem ungeheuren Knall erschüttert, so stark, daß einigen Trappern die Mütze vom Kopf geblasen wurde.
McKeag sah sich um, weil er feststellen wollte, woher der Knall kam. Die Männer mit der Kanone hatten zur Begrüßung der Abteilung aus Santa Fe einen Leerschuß abgegeben, und einer der Bergtrapper fragte jetzt: »Was wollen die mit der Kanone?«
»Die Indianer einschüchtern. Sieh mal, da drüben!« Die Männer hatten auf einem gegenüberliegenden Hügel ein Tipi errichtet und darum herum zahllose Baumstämme aufgetürmt, auf denen ein Trapper stand und eine rote, an einem Stock befestigte Fahne schwenkte. Die Weißen starrten gebannt auf das Tipi, und überall gingen Scouts durch die Reihen der Indianer und sorgten dafür, daß sie ebenfalls zusahen. Minutenlang schwenkte der Mann seine Flagge. Dann wurde ein Pistolenschuß abgefeuert, der Mann ließ die Flagge fallen und lief so schnell wie möglich in Deckung. Ein Artillerist bei der Kanone setzte die Zündschnur in Brand und sprang zurück. Ein lauter Knall, und eine Eisenkugel flog über das Gelände, schlug einmal auf, daß der Staub hochwirbelte, traf die Baumstämme und fegte das Tipi hinweg.
Ein Kanadier aus dem Norden,
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