Colorado Saga
Frau.«
»Das glaube ich nicht«, antwortete McKeag gelassen. Der Kanadier stellte sich so hin, daß er ihm direkt in die Augen sah. »Sie ist meine Cousine«, sagte er. McKeag wollte derartige Dinge nicht hören und wäre am liebsten fortgegangen, aber der Kanadier hielt ihn fest. »Er hat sie mit zwei Kindern sitzenlassen. Und wir müssen nun dafür bezahlen.«
McKeag starrte über den Kopf des Mannes hinweg, der Kanadier aber redete weiter. »Du warst doch in Saint Louis mit ihm. Das weiß ich genau. Hat er dort eine Ehefrau?«
»Ich weiß überhaupt nichts von Ehefrauen«, erklärte McKeag eigensinnig. Dann ließ er den Mann kurzerhand stehen. Und so endete für ihn das große Treffen.
Während des folgenden Jahres, 1828, ereigneten sich eine Reihe anscheinend unzusammenhängender Dinge, die sich auf das Leben in der Prärie folgenschwer auswirken sollten. Die Bibertrapper arbeiteten an den Flüssen, aber ihr Handwerk war bereits zum Aussterben verurteilt. Noch über ein Jahrzehnt hindurch sollte jedes Jahr das große, lärmend-fröhliche Treffen stattfinden, aber sein Schicksal war bereits besiegelt. Sogar der hinsichtlich der Biber so vorausschauende Alexander McKeag sollte von diesen Veränderungen betroffen werden, ohne daß er etwas von ihnen ahnte.
Es begann im Winter am Beaver Creek. Seit einigen Jahren schon hatten es die Biber an diesem Bach sehr schwer gehabt. Es gab keine Espen, von denen sie sich ernähren konnten, und die wenigen Pappeln, die noch existierten, waren schlecht. Gute Bäume waren nirgends mehr zu finden, denn die Menschen hatten sie zum Bau von Winterhütten verwendet, und sogar schwächliche Bäume gab es kaum noch, weil diese von den Menschen als Feuerholz geschlagen wurden.
Einst hatte es Hunderte von Biberburgen in diesem Bach gegeben, jeder mit einem eigenen Damm, jeder mit einer alljährlich wachsenden Zahl von Jungen und Zweijährigen. Nun aber waren die Burgen leer. Jahr um Jahr hatten die gierigen Trapper die Dämme attackiert, die Bibereltern ersäuft, die Zweijährigen mit Knüppeln erschlagen und die Jungen ohne Nahrung und Schutz sich selbst überlassen. Der schier unerschöpfliche Vorrat war endlich erschöpft.
Das zweite Ereignis, das die Entwicklung in der Prärie beeinflussen sollte, begab sich in London, wo an einem Frühlingsmorgen der junge, elegante David Earl Venneford of Wye feststellen mußte, daß sein geliebter Biberhut völlig verschmutzt war, weil er ihm am Abend zuvor, als er, der Earl, das linke Bein der Marchioness of Bradbury tätschelte, aus dem Landauer gefallen war. Der Earl suchte seinen Hutmacher auf, um sich zu erkundigen, ob der Schaden repariert werden konnte, denn diesen Hut liebte er besonders.
»Ich könnte ihn natürlich gründlich ausbürsten und den Sand entfernen. Aber an dieser Stelle, Mylord, ist er schon ziemlich abgewetzt, und wenn ich ihn reparieren wollte, würde er Ihnen nicht mehr gefallen. Ich fürchte daher, Mylord, man kann nichts mehr machen. Leider.«
»Sie können die abgetragene Stelle also nicht ausbessern? Mit einem neuen Fell etwa?«
»Das wäre möglich - wenn Sie den Hut nur noch zur Jagd tragen würden. Doch für London wäre er auf keinen Fall mehr geeignet.«
»Und was schlagen Sie vor? Einen neuen Biberhut?« »Hm... Wir haben da einen Hut, Mylord... Wir haben mit Messrs. Wickham zusammen experimentiert. Der Hut wird ganz sicher bald in Mode kommen.« Damit reichte er dem jungen Venneford einen schönen,
tiefblauen Hut aus einem ganz neuen Material.
»Aber das ist ja kein Biber!« protestierte der Earl. »Nein, so etwas will ich nicht!«
»Es ist ein ganz neuer Stil, Mylord. Ich kann Ihnen versichern - im nächsten Jahr wird ganz London diese Hüte tragen.«
»Was ist das für ein Material?«
»Seide, Mylord. Französische Seide. Steifer als Biber und leichter zu pflegen.«
Venneford ließ den Hut auf seinem rechten
Zeigefinger kreisen. Die schimmernden Lichtreflexe gefielen ihm. Und als er mit dem linken Daumen dagegen klopfte, gefiel ihm auch die Festigkeit.
»Eigentlich sehr hübsch«, sagte er. »Ich könnte mir vorstellen, daß ich mich an so einen Hut gewöhne.« Beim Lunch führte er seinen Hut den Damen vor. »Das ist Seide. Französische Seide. Sehr... Wie soll ich mich ausdrücken?«
»Elegant«, half ihm die Marchioness of Bradbury. »Er ist sehr elegant, David, und von einem
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