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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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   geradezu
    himmlischen Blau.«
    Als sich in London herumsprach, daß David Venneford einen der neuen Seidenhüte aus Paris trug -wohlgemerkt, nur die Seide stammte aus Paris, die Verarbeitung besorgten Messrs. Wickham -, geriet die Modewelt in Aufregung. Und als sich Venneford später in einem dieser Seidenhüte, diesmal von einem glänzenden Silbergrau, trauen ließ, lancierte er damit einen neuen Stil und besiegelte das Schicksal des eintönig braunen Biberhutes. Damit war eine ganze Lebensform in den fernen Prärien Amerikas zum Aussterben verurteilt.
    Durch einen der vielen Zufälle der Weltgeschichte waren die Biber in den Bergen gerade zu dem Zeitpunkt praktisch ausgerottet worden, als ihre Pelze in den Städten nicht mehr gefragt waren.
    »Gar nicht so leicht, heutzutage noch Felle zu finden«, sagte McKeag zu Bockweiß. Er war für einige Wochen nach Saint Louis gekommen und staunte über die Veränderungen, die es als amerikanische Stadt durchgemacht hatte. Die Grande Rue war zur Main Street, die Rue de l'Eglise und die Rue des Granges zur Second und Third Street geworden. Und überall, wo er nur hinkam, hörte er, daß Bockweiß dieses gekauft, jenes verkauft hatte.
    Lise Pasquinel, die bald erfuhr, daß ihr alter Freund wieder in der Stadt war, lud ihn zum Abendessen in ihr großes Backsteinhaus an der Fourth Street ein, und als er zu ihr die Stufen hinaufgeklettert war, entdeckte er, was für einen herrlichen Blick man von dort oben hatte. »Der Mississippi fließt hier oben nur für dich«, sagte er, wurde aber sofort wieder wortkarg, als er feststellte, daß Grete und ihr wohlhabender Gatte ebenfalls eingeladen worden waren. »Ich dachte, daß es dich freuen würde, alte Freunde wiederzusehen«, erklärte ihm Lise, und die beiden Schwestern waren so reizend, daß er seine Schüchternheit bald völlig vergaß.
    Zu jener Zeit wurde entlang der Grenze, wie die westlichsten Siedlungsgebiete nunmehr genannt wurden, sehr viel von amerikanischen Militäraktionen geredet. Nach dem Abendessen kam Hermann Bockweiß, der auch die beiden Pasquinel-Kinder mitbrachte. Cyprian, ein hochgewachsener junger Mann von vierundzwanzig Jahren, präsentierte sich in Pariser Kleidung: enge Hose, reichgestickte Weste, Jacke, gerüschtes Hemd, Halsbinde, spitze Schuhe und dazu einer von den neuen Seidenhüten. Er war sehr höflich und berichtete, er helfe seinem Großvater bei dessen Grundstückskäufen. Lisette, nunmehr dreizehn, war ein lebhaftes Kind, hübsch, aber mit dem energischen Kinn ihrer deutschen Mutter. Sie trug ein Kleid im Prinzeßstil mit hochsitzender Taille und weich fallendem Rock. Unwillkürlich verglich McKeag die beiden Kinder mit ihren Halbbrüdern in der Prärie: Diese hier sprachen Englisch, Französisch und Deutsch gleichermaßen gut. Sie waren noch nicht diplomatisch genug, so zu tun, als seien sie an einem Gespräch mit McKeag interessiert. Sie wußten kaum, wer er eigentlich war, und hatten es eilig, zu verschwinden. »Nette Kinder!« sagte McKeag impulsiv, als sie fort waren. »Pasquinel ist bestimmt stolz auf sie.«
    Diese unangebrachte Bemerkung hatte ein eisiges Schweigen zur Folge, dann beugte sich Lise ohne spürbare Verlegenheit vor und fragte ihn: »Wie geht's Pasquinel?«
    »Ist er denn nicht hier gewesen?«
    »Wir haben ihn seit sieben Jahren nicht gesehen«, antwortete sie gelassen.
    McKeag starrte sie sprachlos an. Wie schade, dachte er. Kein heftiger Streit, nicht einmal eine Meinungsverschiedenheit. Nur ein Pelztrapper, der die Stadt satt hatte und eines Tages auf und davon ging. Er hatte tiefes Mitleid mit Lise, fand aber keine Möglichkeit, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Ihr Schwager unterbrach das entstandene Schweigen und fragte ihn: »Was macht er denn jetzt?«
    McKeag überlegte. Was machte Pasquinel? Und von den zahllosen Antworten, die ihm zur Wahl standen, entschied er sich für eine sehr ausgefallene: »Sie haben ihm die Pfeilspitze aus dem Rücken geschnitten.«
    »Wirklich?« rief Lise.
    »Wie denn?« fragte Grete. Und McKeag erging sich in so vielen Einzelheiten über das große Treffen, über den Engländer Haversham, der ihm Lapsang souchong verkauft hatte, und andere Dinge, daß sich die bei der Erwähnung Pasquinels entstandene Spannung legte. Später jedoch machte er dann wieder eine höchst unglückliche Bemerkung:    »Ich glaube, es war,
    nachdem sie ihm die Pfeilspitze rausgeschnitten hatten... Pasquinel war betrunken, aber er stand stocksteif da

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