Colorado Saga
vom Missouri nach Fort Laramie geritten, und Gräber säumten meinen Weg. Die Cholera hat uns nicht weniger hart getroffen als euch.«
»Woher habt ihr die Krankheit gebracht, ihr Weißen?« »Von dort drüben«, sagte Mercy und deutete nach Osten, »von jenseits des Großen Wassers.«
»Wird sie immer wieder und wieder kommen?«
»Sie wird fortgehen«, versicherte Mercy ihnen. Es mußte aufhören, so konnte es nicht weitergehen, sonst würde die Menschheit ausgelöscht. »Die Krankheit wird aufhören«, wiederholte er, »bei euch und bei uns.«
»Werdet ihr Medizin schicken?«
»In den Forts wird es Ärzte geben.«
»Forts?« fuhr Jake Pasquinel dazwischen.
»Ja, wenn wir den Vertrag haben, wird der Große Vater fünf oder sechs Forts brauchen... da oder dort, versteht ihr...«
»Wir verstehen«, sagte Krummdaumen kalt, »ihr werdet viele Forts brauchen, und diese wieder viele Soldaten, und die Soldaten brauchen viele Frauen, und es wird viele Flaschen Whisky geben, und während wir betrunken in unseren Tipis liegen, geht ihr den Büffel töten.« Hier fiel er in eine Art Trance. Als er weiterredete, hatten die Zuhörer das Gefühl, als sähe er in einer quälenden Vision die Zukunft: »Wenn die Büffel fort sind, werden wir hungern, und wenn wir hungern, werdet ihr uns unser Land nehmen, die Tipis werden in Flammen stehen, und die Büchsen werden feuern, und wir werden dahin sein. Das weite Land, durch das wir gezogen sind, werden unsere Augen nicht mehr sehen.«
»Nie mehr«, wiederholte Weiße Antilope, und diese Worte schienen den Redner noch mehr zu erregen. »Nein!« schrie er. »Wir wollen kein Palaver, keinen Frieden, keine Unterwerfung. Krieg wird sein, Mercy! Ich habe zu den heiligen Pfeilen gebetet, und ich weiß, daß das wahr ist. Ich werde dich töten, und du wirst mich töten.«
Er verfiel in Raserei, stürzte von einer Ecke in die andere, schwenkte seine verstümmelte Hand vor Mercys Gesicht, riß mit einer wilden Geste die Pfeile an sich und zerschmetterte sie an einer Zeltstange. »Krieg, Krieg!« rief er, das breite Gesicht finster verzogen, die Zöpfe fuhren hin und her wie Schlangen. Jetzt fing der Häuptling mit dem Hut zu reden an. Aus dem Schatten streckte er eine Hand heraus, zog Krummdaumen neben sich nieder und redete in der Arapaho-Sprache beruhigend auf ihn ein. »Nein, es wird nicht Krieg sein. Wenn der Große Vater wirklich mit uns reden will, und wenn er einen Boten wie Mercy schickt, um uns zu zeigen, daß er es diesmal ernst meint, dann werden wir zu ihm kommen. Wir werden nach Fort Laramie kommen, wir werden ihm zuhören und versuchen, herauszufinden, was in seinem Herzen steht. Wie mein Freund Krummdaumen weiß auch ich, daß der Vertrag zuerst geschlossen und dann gebrochen werden wird. Ich habe keine Hoffnung, daß der weiße Mann jemals ein Versprechen gibt, das er auch einhält, denn wir haben es ja nie mit demselben weißen Mann zu tun. Der eine macht den Vertrag, dann geht er. Ein neuer kommt, aber er hat nie von dem Vertrag gehört. Bei uns ist das anders. Wenn die Friedenspfeife im Kreis geht, dann ist jeder Arapaho, ob lebend oder noch ungeboren, daran gebunden.«
Als diese Rede übersetzt worden war, pflichteten die anderen Häuptlinge ihr bei, und der Redner fuhr fort: »Trotzdem müssen wir es versuchen. Also sage ich zu dir, Krummdaumen: Die Cheyenne werden nach Fort Laramie kommen. Und zu dir, Mercy: Sag dem Großen Vater, daß auch unser Volk noch dieses eine Mal mit ihm sprechen will, weil wir aufrichtig nach Frieden verlangen.«
Der gesprochen hatte, war der Verirrte Adler, Häuptling der Arapaho, die in diesem Sommer weiter östlich ihr Lager aufgeschlagen hatten. Er war zu den Cheyenne gekommen, um die Botschaft aus St. Louis mit ihnen zu besprechen, und hatte zwei Tage lang mit ihnen verhandelt, mit Pasquinel als Dolmetsch. Zwei Tage lang hatte er ihnen seine Meinung vorgetragen, daß nämlich die einzige Hoffnung der Indianer darin bestünde, mit dem weißen Mann einen dauernden Vertrag abzuschließen, der den Weißen das Recht gäbe, indianisches Land zu durchqueren und Forts hier aufzurichten, während andererseits den Indianern bestätigt wurde, daß das Land ihnen gehörte. Der Verirrte Adler war ein Mann, der seine Ansichten überzeugend vorzutragen verstand, und seine Vorstellung von der Zukunft wich von der Krummdaumens ganz erheblich ab. Seine Worte verhallten nicht ungehört, denn er war allgemein als ein Mann bekannt, dem das Wohl seines
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