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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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aufgestellt, in dem früher ein wunderbar geordnetes indianisches Lager gestanden hatte, und er dachte, wie schwierig es für die Häuptlinge sein mußte, jetzt ihr Volk zu führen, das an grenzenlose Prärie gewöhnt war und nun auf engstem Raum gedrängt lebte, wo Kalkhügel jede Aussicht verstellten.
    Er pfiff ein Signal für die Wachen, die irgendwo in den Felsen versteckt sein mußten, aber niemand erschien, und Mercy erkannte, daß die Leute hier schon zu elend waren, um sich noch um Fragen der Organisation oder um Wachen zu kümmern.
    Als er schon fast beim Lager unten angelangt war, kamen ihm zwei Arapaho zu Fuß entgegen, um ihn zu inspizieren, und er fragte: »Wo sind eure Pferde?«, und sie antworteten: »Wir haben keine mehr.«
    Sie erkannten ihn als Freund ihres Stammes und brachten ihn zu der Hütte, wo die Häuptlinge saßen und müde nach Möglichkeiten suchten, ihr hungerndes Volk zu ernähren. Mercy verbrachte die Nacht im Lager und riet den Indianern, Oberst Skimmerhorn ja keinen Grund zu liefern, sie anzugreifen.
    »Wir haben keine Gewehre«, sagte Verirrter Adler. »Ich rede nicht von Waffen«, erwiderte Mercy.
    »Skimmerhorn ist ein Irrsinniger, er würde jeden Vorwand benutzen.«
    »Wir haben alles getan, was uns General Asher gesagt hat«, sagte der Verirrte Adler in klagendem Ton.
    »Stehlt keine Kühe«, erklärte Mercy. »Wenn ein weißer Mann in euer Lager kommt, laßt ihn in Frieden ziehen, gleichgültig, wie er sich aufführt.«
    »Ohne Waffen«, sagte der Verirrte Adler, »können wir keinen Schaden anrichten, auch wenn wir wollten.«
    Das Gespräch wendete sich drängenderen Fragen zu. »Wann werden wir Essen bekommen?« fragte Häuptling Schwarzes Knie von den Cheyenne.
    »Es wird darüber verhandelt«, sagte Mercy verlegen. »Ihr verhandelt! Wir verhungern, Mercy. Unsere Schande ist so groß wie die Erde.«
    Jedes Versprechen von General Asher war von Oberst Skimmerhorn zunichte gemacht worden. Jedesmal, wenn Mercy die Lieferung von Nahrung angeordnet hatte, hatte Skimmerhorn die Weisung wieder rückgängig gemacht. Zwei Stämme, die ihre Verträge mit den Vereinigten Staaten stets getreulich erfüllt hatten, wurden hier systematisch ausgehungert, nachdem man ihnen zuerst ihr Land genommen hatte, dann ihre Büffel und endlich ihre Waffen. Jetzt wurden sie von einem wahnsinnigen Zivilisten gehetzt, der Soldat spielte, und keiner der Zuständigen war bereit oder mutig genug, dem Treiben ein Ende zu machen. Das war Mercys schwärzeste Stunde, ärger noch als damals bei Chapultepec, als seine Kameraden ihn blutüberströmt liegenließen, weil sie glaubten, er sei tot.
    Zum ersten Mal in seinem Leben war er nicht stolz darauf, ein amerikanischer Soldat zu sein. Die betrügerischen Winkelzüge, mit Hilfe deren aus dem großzügigen Vertrag von 1851 das schäbige Abkommen von 1861 gemacht worden war, konnte man noch einsehen. Anpassungen waren vielleicht wirklich notwendig. Er beschuldigte Kommissar Boone nicht länger, die Indianer hineingelegt zu haben; die Weißen brauchten eben Land, sie wollten unbedingt die Flüsse in ihrer Gewalt haben, in denen Gold gefunden wurde. Dagegen war einfach nichts zu machen.
    Aber wie die amerikanische Regierung sich jetzt benahm, das war verabscheuungswürdig, und sobald er wieder in Denver sein würde, würde er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg halten. Über eintausendvierhundert Indianer auf eine von Felsen umgebene Wiese zu pferchen, ohne Wasser, sogar ohne Essen, das war zuviel, das durfte man nicht zulassen. Er war überzeugt, daß die wirkliche, die echte Armee in Fort Leavenworth oder Washington sofort etwas dagegen tun würde, wenn sie nur davon wüßte. Er mußte sie unbedingt informieren.
    Er sagte zu dem Verirrten Adler: »Verlaß dich nur das eine Mal noch auf mich. Unternehmt nichts, bis ich zurückkomme.«
    »Wir werden tun, was du sagst, Mercy«, sagte der alte Häuptling. Die Falten in seinen Wangen hatten sich noch tiefer eingegraben, die Augen waren noch weiter in die Höhlen gesunken, aber das felsengleiche Gesicht strahlte noch immer unnahbare Würde aus. In den letzten Wochen hatte er vieles von den jungen Kriegern einstecken müssen, die sich nicht mehr aushungern lassen wollten, aber der Stern, der ihn führte, war sein Vertrauen in den weißen Mann. Männer wie Major Mercy und General Asher würden schließlich doch Essen beschaffen und selbst mit Oberst Skimmerhorn fertig werden.
    »Bis das neue Jahr anbricht, vertrauen

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