Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
Vom Netzwerk:
Lasater war ein guter Reiter, er war tapfer, aber er war auch ein überführter Dieb, und keiner hatte erwartet, daß Poteet ihn für einen so wichtigen Posten auswählen würde. »Ich werde damit fertig«, sagte Lasater, und er hatte nicht geprahlt. Er war gewissenhaft und konnte die Absichten der Rinder im voraus erraten. Nach einigen Tagen sagte Skimmerhorn zu Poteet: »Sie haben eine gute Wahl getroffen.«
    An den Abenden nach dem Essen fingen die Männer jetzt an, Geschichten zu erzählen, und Jim lauschte verwundert den Berichten, die die jungen Cowboys, kaum älter als er, über ihre Abenteuer zum besten gaben. Erst als mehrere Abende auf diese Weise vergangen waren, tauchte in seinem Kopf die Vermutung auf, daß dabei manchmal vielleicht die Phantasie eine größere Rolle spielte als die Wahrheit. Aber er hatte das Pech, sich mit dem falschen Mann anzulegen. Lasater war es, der gerade eine Geschichte erzählte. »Ich denke noch, wie O. D. Cleaver am Abend heimkommt, nachdem er eine Milchkuh gekauft hat, und wenn es auf dieser Welt ein Vieh gibt, das Klapperschlangen nicht ausstehen kann, dann ist es die Milchkuh, denn wie ihr wißt, säuft die Klapperschlange Milch mit Begeisterung, sie kriecht hinauf auf eine Kuh und säuft sie aus. Schlängelt sich von Zitze zu Zitze, hab' ich selber gesehen.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine Kuh sich das gefallen läßt«, unterbrach ihn Jim.
    Mit unverhohlener Geringschätzung starrte Lasater den Jungen an und fuhr dann fort: »Wie O. D. Cleaver die Milchkuh heim treibt, sieht er die Klapperschlange am Straßenrand, wie sie ganz friedlich ihre neunzehn Jungen füttert. Haben ausgesehen wie kleine Bleistifte, nicht größer. Kaum hat die Kuh die Schlange gesehen, macht sie einen Satz auf sie los, und was glaubt ihr, was die Mutterschlange tut? Sie öffnet den Mund und ruft die Kleinen, oder was. O. D. kann den Ruf natürlich nicht hören, aber er denkt sich, daß sie gerufen hat, denn die kleinen Klapperschlangen schlängeln sich eine nach der anderen durch den Sand und springen in Mamas Maul und hinunter in ihren Bauch zurück, worauf Mrs. Klapperschlange sich elegant in Sicherheit bringt.«
    Die Geschichte gefiel den Zuhörern, sie erinnerte sie einmal mehr an die Geheimnisse der Natur, aber Jim Lloyd verdarb die Wirkung, indem er sagte: »Ich glaube nicht, daß Klapperschlangen so etwas tun können. Die Kleinen würden doch ersticken.«
    Lasater warf den Kopf zurück, als hätte ihm einer ins Gesicht geschlagen. »Willst du damit sagen, daß das nicht wahr ist?«
    »Ich war nicht dabei«, zog Jim zurück, »aber ich weiß nicht... «
    Lasater zog seinen Colt und hieb ihn vor sich auf den Boden, daß die stahlblaue Kammer im Schein des Feuers aufleuchtete. »Nennst du O. D. Cleaver einen Lügner? Er hat's gesehen, Teufel noch mal. Er hat's gesehen, und du nennst O. D. Cleaver einen Lügner!« »Aber nein, überhaupt nicht«, sagte Jim entschuldigend, »wenn er es gesehen hat, na dann... dann... «
    »Das ist schon besser«, sagte Lasater und steckte den Revolver wieder ein.
    Als Jim an diesem Abend zu Bett ging, blinzelten die anderen einander zu und warteten, und siehe da, wenige Augenblicke später ertönte ein Entsetzensschrei, und Jim stürzte mit aschgrauem Gesicht wieder zum Feuer.
    »Um Gottes willen, was ist denn los?« rief Buck, der Wrangler.
    »In meinem Schlafsack ist eine Klapperschlange!« »Furchtbar, was du nicht sagst!« schrie Buck, ebenfalls voll Entsetzen, obwohl er sie selber ins Bett gelegt hatte.
    »Ich ziehe mir die Schuhe aus und strecke meine Füße aus...« Vor Schreck versagte ihm die Stimme, und Buck fragte mitfühlend: »Hat sie dich gebissen?« »Ich glaube, nicht«, antwortete Jim und untersuchte im Schein des Feuers sorgfältig seine Knöchel. Dabei merkte er plötzlich, daß die anderen über ihn lachten, und erkannte instinktiv, daß seine Zukunft in dieser Mannschaft davon abhing, wie er die Frotzelei aufnahm. Sorgfältig den linken Knöchel mit beiden Händen abtastend, sagte er langsam:    »Die
    Klapperschlange hätte es leicht mit mir gehabt. Wenn sie mich nicht gebissen hat, dann muß sie entweder geschlafen haben, oder sie war schon tot. Wahrscheinlich war sie schon tot, denn Buck hätte sicher nicht genug Mumm gehabt, eine lebendige zu fangen und in mein Bett zu legen.«
    Er brach in Gelächter aus, nahm eine Handvoll Erde und warf sie übers Feuer hinweg dem Wrangler ins Gesicht. Als er zurück ins Bett gegangen

Weitere Kostenlose Bücher