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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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kreuzten. Wenn einer der Falken seinen eigenartigen Schrei ausstieß, merkte Jim an der Veränderung in Brumbauchs Gesicht, daß der Alte es gehört hatte. Er war einem Falken so ähnlich, dachte Jim, ein Mann, der immer seinen eigenen Weg verfolgt und immer nach den Höhen gestrebt hatte.
    Es bekümmerte Brumbauch sehr, daß sein Freund Tranquilino immer noch in Mexiko weilte, und oft lud er Serafina und ihre Kinder ein, bei ihm zu sitzen. Er empfand in zunehmendem Maße Hochachtung vor Triunfador, denn der Junge hatte hart gearbeitet, um seinen Vater würdig zu vertreten, und zeigte eine starke Hand auf den Feldern. Und er liebte Serafina, diese würdevolle, stille Frau, die die Härten des Lebens mit so viel Gleichmut ertrug Seit drei Jahren bestellte sie mit ihren zwei Kindern die Rübenfelder und sparte ihr Geld. Sie war jetzt einunddreißig und wurde mit den Jahren immer schöner. Es wollte Brumbauch scheinen, als bewege sie sich mit der Anmut einer jungen Antilope.
    Mehr als einmal hatte Brumbauch auf Triunfador gezeigt und dabei das Wort »Schule« mühsam über die Lippen gebracht, doch Serafina entgegnete ihm auf spanisch: »Wir brauchen ihn auf der Farm. Schule ist für die Anglos.« Leicht verärgert wies Brumbauch sie darauf hin, daß die Kinder der Takemotos zur Schule gingen, aber Serafina erwiderte: »Die haben eben andere Bräuche«, und ließ es nicht zu, daß ihr Sohn mit diesen Dingen zu tun bekam.
    Die kleine Soledad war jetzt vier und alt genug, bei den Rüben zu helfen. Sie ließ Anzeichen erkennen, daß ihre Anmut die der Mutter noch übertreffen würde. Sie hatte dunkle, leuchtende Augen und tief schwarzes Haar, das ihr in zwei Zöpfen über den Rücken hing. Brumbauch forderte sie oft auf, sich auf seinen Schoß zu setzen, doch er konnte seine Beinmuskeln nicht kontrollieren, und sie rutschte immer wieder hinunter. So saß sie lieber auf dem Boden zu seinen Füßen, beobachtete ihn aufmerksam und lächelte zu ihm empor.
    Wie alle selbständigen Denker, die das Ende ihres Lebens herankommen fühlen, mußte Brumbauch sich eingestehen, daß er nie radikal    genug gedacht    hatte.
    Die wirklich kühnen    Gedanken, solche,    die großen
    Erkenntnissen als Grundlage dienten, hatten ihm Angst eingejagt, und er war vor ihnen zurückgeschreckt. Jetzt, im warmen Sommer 1915, untersuchte er ein    geistiges    Gebilde    nach    dem
    anderen und ließ    seinen    Verstand die    Welt
    durchstreifen. »Ich bin wie ein alter Apfelbaum, der zu müde ist, um noch Früchte zu tragen«, sagte er zu sich. »Aber schlagt ein paar kräftige Nägel in den Stamm, und der Baum beginnt wieder zu tragen, als ob er erst vier Jahre alt wäre. Denn es dient ihm als Erinnerung, daß dieses Jahr sein letztes sein könnte.« Es ärgerte ihn, daß Männer wie er noch keinen Rübensamen gezüchtet hatten, der nur einen Sämling hervorbrachte anstatt deren fünf, von denen vier zu nichts taugten. Mit solch einem Samen würde man sich die zermürbende Arbeit des Ausdünnens ersparen.
    Es ist möglich, einen solchen Samen zu finden, dachte er. Man muß sich nur ein Zuckerrübenfeld ansehen, und da und dort findet man ein Büschel mit nur einem Trieb. Das ist der gesuchte Samen. Das Problem besteht dann, ihn zu erhalten und Tausende seiner Art zu züchten.
    Es drängte ihn, seine Gedanken mit jemandem zu teilen. Er ließ Takemoto kommen, und der tüchtige kleine Japaner kam in den Hof und verneigte sich. Obwohl Brumbauch nicht sprechen konnte, kam eine Unterhaltung zwischen den beiden zustande. »Kinder?« fragte Brumbauch, und Takemoto holte die Zeugnisse seiner ersten drei Kinder aus der Tasche. Er konnte sie zwar nicht lesen, aber er wußte, wie sie lauteten. Brumbauch, der sich an seine eigene Befriedigung erinnerte, als sein Sohn Kurt gut in der Schule vorangekommen war, sah die guten Noten, als Takemoto ihm die Zeugnisse hinhielt. »Samen«, brachte er heraus und versuchte, seinem Freund mit der rechten Hand zu verstehen zu geben, daß irgendwie ein Samen entwickelt werden mußte, der nur eine einzige Pflanze hervorbrachte.
    »As-h-nen nicht«, antwortete Takemoto. As-h-nen war seine Art, das Wort ausdünnen auszusprechen, und die zwei Männer nickten sich verständnisvoll zu. Mit dem richtigen Samen wurde die zermürbende Arbeit des Ausdünnens nicht mehr nötig sein.
    »Du bist der einzige, der die Landwirtschaft achtet«, hatte Brumbauch sagen wollen. Die Worte wollten sich nicht

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