Colorado Saga
formen, doch der Gedanke sprang auf den Japaner über. Takemoto nickte. Wenn er etwas von der Landwirtschaft verstand, wie sie in Colorado betrieben wurde, so nur, weil er Brumbauch nachgeeifert hatte.
»Achtel Section«, murmelte Brumbauch. »Arroyo ich schenke.«
Diese frohe Botschaft verstand Takemoto sofort, und noch am selben Nachmittag kam er wieder, begleitet von einem Anwalt und seinem ältesten Sohn, der den Dolmetsch machen sollte. »Der Bursche da behauptet, du willst ihm diese achtzig Morgen unten beim Arroyo schenken«, sagte der Anwalt.
Hätte Brumbauch sich bewegen können, er würde den kleinen Japaner umarmt haben. Wenn dir ein
Sterbender sagt, daß er dir Land schenken will, laß es dir schriftlich geben. Er dachte an seine Kindheit in Rußland zurück, als die Soldaten des Zaren den
Wolgadeutschen ihr Land gestohlen hatten. Wie schrecklich konnte es doch für einen Bauern sein, sein Land zu verlieren, und wie beglückend, es zu bekommen.
»Ja«, brachte Brumbauch mühsam hervor, und der
Anwalt verfaßte einen Akt, und zwei Nachbarn
unterschrieben als Zeugen. Der junge Takemoto verbeugte sich. »Sie waren so großzügig zu meiner Familie, Mr. Brumbauch«, sagte er sehr förmlich, »daß mein Vater darauf besteht, die Gebühren zu bezahlen.« Brumbauch hatte dafür Verständnis, denn auch er war ein stolzer Mann.
Doch seine Hauptsorge war immer noch der Fluß. Tag für Tag studierte er ihn und erkannte schließlich, was er eigentlich darstellte: den Kanal, der das Wasser aus den Bergen in die Hände von Menschen brachte, die wußten, wie sie es gebrauchen mußten. Wie schön doch der Fluß war! Auf seinen Reisen nach London hatte er vier große Flüsse gesehen - den Missouri, den Mississippi, den Hudson und die Themse - und er hatte die besonderen Qualitäten jedes einzelnen zu würdigen gewußt. Es trugen wohl alle Flüsse, so wollte ihm scheinen, ihre Verantwortung, doch mit dem Platte ließ sich keiner vergleichen.
Seht ihn euch an, jetzt im Hochsommer! Eine Ente mußte sich gehörig anstrengen, um auf dem Wasser einen Platz zu finden, wo sie landen konnte. Ein Säbelschnäbler fand kaum noch Würmer. Denn zu dieser Zeit verließ der Platte sein Bett. Er arbeitete im Uferland, berieselte Zuckerrübenfelder. Der Fluß war jetzt nur eine trockene, leere Linie auf der Landkarte, denn schlaue Männer wie Brumbauch hatten sein Wasser in Besitz genommen. Nie war der Platte so nützlich, als wenn er sein Bett verließ, in die Kanäle eindrang und über die Dämme quoll.
Doch in den letzten Jahren war er im Sommer zu früh ausgetrocknet. Er führte nicht genug Wasser, und Brumbauch hätte hier gern Abhilfe geschaffen. Aber wie?
Er hatte aus Wyoming und Nebraska den letzten Tropfen Wasser, den man hergeben wollte, abgeleitet, und jetzt wollten ihn diese Staaten vor dem Obersten Gerichtshof zur Verantwortung ziehen. Er hatte Flüsse angezapft, die normalerweise in andere Richtungen flossen, und immer noch reichte das Wasser nicht aus.
Eine teuflische Sache! Land, das wie gebackener Sand aussah, wurde zum Garten Eden, wenn es Wasser
bekam. Man konnte mit dem Bleistift eine Linie
ziehen: Auf der einen Seite wasserloses Ödland, auf der andern üppige Vegetation.
Dieser Kerl Creevey hatte doch einen Dachschaden. Er zerstörte das Land mit seinen albernen
Vorstellungen, man könne Getreide ohne Wasser
pflanzen. In den letzten drei Jahren hatten die Siedler Glück gehabt. Sie hatten gute Ernten eingebracht, aber auch überdurchschnittliche Niederschläge gehabt; früher oder später mußten die Mittelwerte wieder in den Vordergrund treten. Es würden Jahre mit unterdurchschnittlichen Niederschlagsmengen kommen, und die Getreidebrachwirtschaften würden nichts produzieren.
Bring mir mein Register, bat Brumbauch Jim Lloyd in seiner Zeichensprache, als dieser ihm einen seiner regelmäßigen Besuche machte, und als er das Buch im Schoß liegen hatte und Jim für ihn umblätterte, fand Brumbauch seine Ansichten bestätigt. Die für Centennial geltende durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge betrug dreiunddreißig Zentimeter. Allerdings war hier auch ein Jahr mit achtundfünfzig Zentimeter verzeichnet.
»Gut, gut«, grunzte Brumbauch. Er erinnerte sich auch an das Jahr mit dreiundfünfzig und an das mit achtundvierzig Zentimeter. Doch dann
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