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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Sie blieb immer die Engländerin, die zu einem kurzen Besuch nach dem Westen gekommen war und es sich von einem Tag zum anderen einfallen lassen mochte, in ihre Heimat zurückzukehren. Mit großer Aufmerksamkeit verfolgte sie die Erziehung ihrer vielen Nichten und Neffen, die mehr oder minder erfolgreich englische Schulen besuchten.
    Sie machte sich ein Vergnügen daraus, sie nach Colorado einzuladen, und nichts machte ihr mehr Spaß, als eine Schar Kinder auf Pferdewagen zu laden und mit ihnen zum Line Camp Vier zu fahren, wo sie mit zwei so verschieden gearteten Männern wie Oliver Seccombe und Jim Lloyd so glücklich gewesen war.
    Sie war jetzt zweiundsiebzig, doch ihre Begeisterung war um nichts geringer als in jenen Tagen, da sie dieses herrliche Land zum ersten Mal gesehen und beschlossen hatte, es zu besitzen. Ein einziges Ärgernis beeinträchtigte das gute Verhältnis zu ihrem Mann. Sie und Jim Lloyd waren willensstarke Menschen, und was die Herefords betraf, waren sie nicht einer Meinung.
    Für Charlotte waren diese edlen Tiere, deren Heimat nicht weit von ihrem Elternhaus im Westen Englands gelegen hatte, die Elite des Tierreichs, und sie stellte sie voll Stolz im ganzen Land auf den Viehschauen aus. Die Tiere mußten daher gepflegt und geputzt und fett sein, um ein großartiges Schaustück abzugeben. Sie ließ Züchter aus Herefordshire kommen und trug ihnen auf, ein gedrungeneres Tier mit größerer Härte und gefälligerem Kopf zu züchten.
    Diese Männer vollbrachten Wunder. Aus den ursprünglichen langgliedrigen Crown-Vee-Herefords züchteten sie stattlichere Tiere, die im ganzen Land Blaue Bänder einheimsten. »Crown Vee« wurde zum Markenartikel. In feinen Tweed gekleidet, nahm Charlotte an diesen Ausstellungen teil und genoß es, sich zusammen mit einem großen Stier oder einem mehrfach prämierten Ochsen fotografieren zu lassen. Man nannte sie manchmal »Königin des Westens«, und wo immer sie hinging, entwickelten sich lebhafte Diskussionen, in welchen die wertvollen Eigenschaften der Herefords gegenüber minderen Rassen wie etwa der Angus- oder der Kurzhornrasse entsprechend herausgestrichen wurden.
    Jim Lloyd war nicht davon begeistert, seine Herefords in der Hoffnung auf Auszeichnungen auszustellen. Er erblickte in dem ganzen Viehschauzirkus ein anmaßendes Getue, das, wenn über längere Zeit fortgesetzt, die Hereford-Rasse zerstören könnte. Ganz besonders mißtraute er den Qualifikationen der englischen Züchter, die seiner Meinung nach die Herefords in die falsche Richtung züchteten.
    »Sie züchten die Tiere zu klein«, beklagte er sich, »sie sind so von der Schönheit des Kopfes gefesselt, daß sie oft die Kraft des Körpers vergessen. Ich habe meine Weidetiere gerne groß und sehnig und fleischig. Sie müssen fähig sein, sich auch in einem rauhen Winter selbst zu versorgen. Ich brauche keine Schönheitsköniginnen, und diese Blauen Bänder machen mir richtig angst, weil sie die Viehzüchter dazu verführen, eine Menge Dinge falsch zu machen.« Er drang mit seiner Meinung nicht durch. Im Oktober 1924 erfuhr einer der englischen Züchter von einem Freund, der in der Nähe von Bristol zu Hause war, daß Emperor IX. als nächster in der Linie der großen Stiere geboren worden war. Wer immer dieses Tier in die Hände bekam, würde mit großer Wahrscheinlichkeit die Zucht auf Jahre hinaus beherrschen - so wie es seinerzeit mit Anxiety IV. und Confidence gewesen war.
    Jim hielt es für unwahrscheinlich, daß man ein vier Monate altes Stierkalb ansehen und eine solche Vorhersage wagen konnte, doch er gab seine Zustimmung, als Charlotte entschied, den kleinen Kerl um den astronomischen Preis von neuntausend Dollar zu erwerben. Und als Emperor IX. nach seiner langen Reise die Rampe herunterkam und, jeder Zoll ein Imperator, der ein geschlagenes Königreich in Besitz nimmt, den Kopf herrisch von einer Seite zur anderen wandte, flogen ihm alle Herzen zu.
    Es war ein phänomenales Tier, ein mächtiger Stier, der die kostbare Fähigkeit besaß, nur seine besseren Eigenschaften an seine Nachkommenschaft weiterzugeben. Die Hälfte des Jahres brachte er damit zu, Kühe aus anderen Viehwirtschaften zu belegen, die andere Hälfte posierte er auf den Vorführplätzen, wo er mehr Auszeichnungen errang als irgendein Stier des zwanzigsten Jahrhunderts. Er    wurde    zu einer
    Goldgrube für die Venneford-Ranch. »Hätte er seine Qualitäten nicht auf den Vorführplätzen nachgewiesen, er hätte

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