Colorado Saga
Bogardus zu und beklagte sich, daß die Bank um ihr Geld geprellt worden wäre. »In gewissem Sinn haben Sie recht«, gab Bogardus zu. »Ihnen steht der gesamte Verkaufserlös zu - nach Abzug der Steuern.« »Aber der Erlös beträgt doch nur - wieviel? - fünf Dollar!«
Der Sheriff zuckte die Achseln. Er dachte nicht daran, sich mit vierzig zornigen Farmern anzulegen, die vermutlich alle bewaffnet waren und noch dazu auf Calendars Kommando hörten.
»Wo zum Teufel waren Sie?« fragte Auktionator Garmisch, der sich um sein Honorar geprellt sah, den Sheriff.
»Ich habe Ruhe und Ordnung wiederhergestellt«, antwortete der Sheriff und deutete auf den kleinen Übeltäter mit dem Ball.
Nach dem katastrophalen Ergebnis der Rinderauktion in Chicago wurde Beeley Garrett energisch. »Deine Mutter und ich, wir denken nicht daran, noch einen Winter in diesem elenden Klima zuzubringen. Im Oktober übersiedeln wir endgültig nach Florida, aber bevor wir fahren, sollst du versuchen, dein Verhältnis zu Ruth zu normalisieren.«
»Das geht schon in Ordnung«, sagte sein Sohn ausweichend.
»Red keinen Unsinn, Henry. Euer Zusammenleben kann man doch kaum eine Ehe nennen.«
»Mit der Zeit wird es sicher klappen«, entgegnete Henry. Das Thema behagte ihm nicht, und er fühlte sich sehr erleichtert, als seine Eltern tatsächlich die Koffer packten.
Er traf schon seit einigen Jahren alle die Ranch betreffenden Entscheidungen, und unter seiner Leitung hatten sich die Venneford-Stiere einen immer größeren Ruf als Blaubandträger des Westens erworben. Genauigkeitskrämern fiel es auf, daß jede neue Generation um einige Zentimeter kürzer war als die vorangehende, und sie argwöhnten, daß hier die von Jim Lloyd so gefürchtete Entwicklung zum Zwergtier im Gange war, aber die Venneford-Leute überspielten diese Unvollkommenheit, und die großen Crown-Vee-Stiere mit ihrem gemessenen Schritt und den sich herabsenkenden Hörnern brachten auch weiterhin Höchstpreise bei den Auktionen.
Als Beeley und Heller Stern in ihren Cadillac stiegen, um die lange Fahrt nach Süden anzutreten, kam Ruth nicht in den Hof hinunter. Sie fühlte sich nicht wohl, hieß es, und könne sich daher nicht von ihren Schwiegereltern verabschieden. »Ich gebe dir zwei Jahre Zeit, Henry«, warnte Beeley seinen Sohn. »Bring deine Ehe in Ordnung, oder ich muß dir die Ranch wieder wegnehmen. Sie ist zu wertvoll, um sie von dir kaputtmachen zu lassen.«
In Abwesenheit seiner Eltern blieb Henry nun genügend Zeit, seine Lage zu überdenken, und je kritischer er Ruth und ihr sonderbares Benehmen unter die Lupe nahm, desto mehr Anlaß zur Sorge fand er. Sie hatte schon kurz nach ihrer Hochzeit angefangen, sich seltsam zu betragen, und es dauerte nicht lange, und sie wurde zu einer jener nervösen, sich bedauernden, introvertierten Frauen, wie man sie häufig auf den Viehwirtschaften des Westens fand.
»Sie sollte von Venneford weggehen und ein Jahr lang auf dem Trockenbodenland leben«, hatte Beeley gemeint. »Sie soll selbst sehen, was manche Frauen aushalten können, ohne sich zu beklagen.«
»Eine Woche in so einem Indianerzelt, und sie würde wirklich verrückt werden«, hatte Heller Stern gesagt. Sie fand das Benehmen ihrer Schwiegertochter schandbar. »Du bist sehr geduldig mit ihr gewesen«, versicherte sie Henry. »Laß es nicht zu, daß sie dein Leben zerstört.«
Und nun fragte sich Henry, ob er Ruth auf irgendeine Weise enttäuscht hatte, als ihre Eltern bei dem Flugzeugabsturz umgekommen waren. Aber selbst wenn dem so wäre, er wußte nicht, wie er den Schaden hätte gutmachen sollen. Er war bestürzt und verwirrt, wenn er an ihre Unnahbarkeit dachte, an ihr ständiges Klagen, ihre völlige Interesselosigkeit und ganz besonders an die Lieblosigkeit, mit der sie ihn, aber auch ihre Kinder behandelte.
Es geschah aus dieser Stimmung heraus, daß er es sich zur Gewohnheit machte, auf dem Heimweg von Centennial regelmäßig vor La Cantina anzuhalten. Es fand sich immer etwas, was in der Stadt zu erledigen war, und statt einen der Cowboys zu beauftragen, einen Kübel roter Farbe zu holen, um den Anstrich einer Scheune auszubessern, fuhr er selbst in die Stadt, erledigte seine Einkäufe, parkte dann seinen Dodge vor La Cantina und genehmigte sich einen kühlen Trunk.
Er ließ nie erkennen, daß er hier nur anhielt, um Soledad Marquez zu sehen. Doch wenn er das lärmende, rauchige Lokal betrat, blickte er immer suchend um sich. War sie da, setzte er sich
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