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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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die Schlange zu, die immer bösartiger klapperte. Endlich reagierte der Eindringling - beinahe zu spät. Die Schlange stieß nach dem Wesen, das da so dicht vor ihren Fängen stand, sollte aber etwas noch nie Dagewesenes erleben. Das Opfer sprang geschickt zur Seite, und von oben kam etwas herabgesaust, das die Schlange mit einem wuchtigen Schlag direkt hinter dem Kopf traf. Aus ihrer zusammengerollten Position gerissen, versuchte sich die Schlange verwirrt auf diesen unvermuteten Angriff einzustellen. Sie rollte sich nur halb zusammen und wollte den Feind ein zweites Mal attackieren.
    Dann aber blickte sie auf und sah statt des erwarteten Büffels oder Hirsches ein ganz neues Wesen vor sich stehen - aufrecht, mit einer schweren Waffe, die sie noch nie zuvor gesehen hatte -, und das letzte, was die Schlange wahrnahm, war diese Waffe, die mit ungeheurer Wucht auf ihren Kopf herunterkam, und das seltsame Triumphgeschrei, das dieses zweibeinige Wesen ausstieß. Dann war der Tod da.
    Der Mensch war in die Prärie gekommen.
    Sah man bei Sonnenaufgang von den Buttes aus nach Osten, so sah man einhundert Meilen weit bis zum Horizont nur Grasland. Die weiten Ebenen besaßen eine erhabene Größe. Mit ihren Staubstürmen, ihren Blizzards, ihren Tornados und ihrer unendlichen Verheißung stellten sie eine Herausforderung dar. Sie waren unausschöpflich in ihrer Vielfalt und anspruchsvoll in ihrer Liebe. Während der nunmehr folgenden Jahre sollten sie die Einwanderer aus dem Osten Amerikas und aus Europa mit ihrer Einsamkeit erschrecken, doch allen, die ihnen Verständnis entgegenbrachten, ein sicherer Hort und Zufluchtsort sein und von ihnen auf die unterschiedlichste Art und Weise, zuweilen auch unter kräftigen Flüchen, geliebt werden.
    Sah man von den Buttes aus nach Norden, so sah man die Kalkklippen von Nebraska, jene strahlendweißen Felsen, die einst am Grunde eines versunkenen Meeres gelegen hatten. Es war zum Rasendwerden: Man konnte in der Weite der Prärie vor Durst bald umkommen und wußte dennoch, daß das gesamte Gebiet früher einmal unter Wasser gestanden hatte. Die weißen Klippen waren der Beweis dafür. Stocherte man dort herum, fand man versteinerte Fische und Muscheln.
    Im Süden dagegen standen die Pappeln, jene dünne Reihe nutzloser Bäume, die selbst für Biber kaum eßbar waren, obwohl diese Nagetiere praktisch jeden Baum fraßen. Wenn ein Reisender diese verstümmelten und von Stürmen zerfetzten Bäume sah, schlug ihm das Herz höher, denn sie kennzeichneten den South Platte, und wo der floß, gab es wenigstens Wasser - auch wenn es faulig war -und damit die Chance, daß sich ein menschliches Wesen hier aufhielt. Im Westen bot sich ein besonders großartiger Anblick, denn dort erhoben sich die Berge. Reihe um Reihe zogen sich die Gipfel nach Norden und Süden, so zahlreich und so mannigfaltig, daß das Auge nie müde wurde, sie zu betrachten. Im Winter waren sie schneebedeckt und sahen aus, als seien sie auf den tiefblauen Himmel geklebt. Im Frühling waren sie an den Hängen grün, nahe den Gipfeln granitblau. Zu allen Jahreszeiten waren sie großartig. Sie ragten viereinhalbtausend Meter empor und waren auf der Prärie schon aus einer Entfernung von über hundert Meilen zu sehen.
    Von den Buttes aus sah man jedoch vor allem einen Gipfel, den höchsten von allen; er wäre auch schon aufgefallen, wenn er kein besonderes Merkmal besessen hätte, aber er hatte eins, und das war ein Biber aus Granit, der an seiner Ostflanke emporkletterte. Reisende erkannten ihn schon aus großer Entfernung, und erst von den Buttes aus war er schon gar nicht zu übersehen. Folgerichtig hätte er Beaver Mountain heißen müssen - Biberberg -, die anderen Gipfel hatten poetische Namen; doch dieser eine mit dem Biber an seiner Flanke trug den langweiligen Namen Longs Peak.
    Die Bergkette der Rockies war von einer Luft umgeben, die so rein war, daß man aus der Ferne unmöglich berechnen konnte, wie groß die Distanz bis zu ihnen war. Wenn ein Einwanderer aus einem flachen Land wie Illinois hierherkam, wachte er nach der Überquerung des Missouri eines Morgens auf, sah die Rockies so klar vor sich wie eine Reihe Maiskolben zu Hause in seinem Gemüsegarten und rief wahrscheinlich begeistert aus: »Heute abend sind wir in den Bergen!«
    Aber er sollte den ganzen Tag westwärts reisen und am Abend die Berge immer noch so vor sich sehen wie am Morgen, und auch am nächsten Abend würden sie nicht näher gekommen sein,

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