Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
Doch die Zufriedenheit, die mich gerade noch erfüllt hat, ist verschwunden, hat einem nagenden Gefühl des Unbehagens Platz gemacht, das mich einfach nicht mehr loslässt. Deshalb hebe ich den Kopf wieder und stütze ihn auf den Ellbogen.
»Wieso zum Glück?«, frage ich ihn. »Wäre es denn so ein Unglück, wenn ich schwanger würde?«
»Du kannst nicht schwanger werden«, widerspricht Jonathan mir. »Du nimmst die Pille.«
»Ich meine ja auch nur, rein theoretisch«, beharre ich. »Was würde passieren, wenn ich es wäre?«
»Dann hätten wir ein Problem.« Sein Gesicht wird ernst. Sehr ernst. »Ich will keine Kinder, Grace.«
»Du meinst jetzt nicht?« Ich schlucke. »Oder mit mir nicht?«
»Ich meine gar nicht. Mit niemandem«, stellt er klar, und die Vehemenz in seiner Stimme erschreckt mich.
Nicht, dass ich unbedingt welche will. Über dieses Thema habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Wieso auch? Ich bin jung und bis vor kurzem habe ich überhaupt nichts getan, von dem ich hätte schwanger werden können, deshalb stellte sich die Frage gar nicht.
Aber jetzt, wo ich zum ersten Mal Jonathans Sperma in mir spüre, hat es etwas Konkretes, und ich stelle fest, dass ich die Aussicht, von ihm schwanger zu sein, tatsächlich gar nicht schlimm finde. Ich könnte ihn mir als Vater meiner Kinder vorstellen, auch wenn das nicht sofort passieren müsste – was vermutlich ein Zeichen dafür ist, wie hoffnungslos verliebt ich in ihn bin.
»Musst du denn nicht irgendwann welche bekommen?«, frage ich. »Wegen der Erbfolge und so?«
Jonathan seufzt tief. »Ich muss gar nichts. Das mit den zu produzierenden Erben kann von mir aus auch Sarah übernehmen, genau wie das Herrenhaus und alles andere.«
Nachdenklich sehe ich ihn an. »Was ist denn so furchtbar daran, Kinder zu haben?«
»Kinder sind Monster – oder können welche sein. Das haben mir meine Mitschüler auf dem Winchester College sehr eindrucksvoll bewiesen.« Jonathans Stimme klingt bitter, und ich ahne, dass es nicht leicht für ihn gewesen sein kann, so kurz nach dem Tod seiner Mutter aufs Internat zu gehen. Kein Wunder, dass seine Freundschaft zu Alexander, den er damals kennenlernte, so eng ist.
Er seufzt. »Und selbst wenn sie keine Monster sind – ich will keine. Meine Kindheit war nichts, was ich irgendjemandem wünschen würde, und ich wäre auch definitiv kein guter Vater.«
»Das weißt du doch gar nicht«, widerspreche ich ihm, aber er macht eine abwehrende Handbewegung.
»Doch.« Er stößt die Luft aus, sichtlich aufgewühlt. »Außerdem will ich die Lockwood-Linie nicht fortsetzen. Das habe ich ernst gemeint. Der Titel kann auf Sarahs Nachwuchs übergehen oder auf irgendjemand anderen, der damit etwas anfangen kann. Ich kann es nicht, und ich will es auch nicht.«
Aus seiner Stimme spricht diesmal keine Wut, sondern Entschlossenheit. Und echte Sorge, die mir klar macht, dass seine Entscheidung keine Kampfansage an den Earl ist, wie ich anfangs dachte. Jonathan will damit nicht seinen Vater treffen – er will wirklich nicht. Und das muss ich erst mal verdauen.
Warnend sieht er mich an. »Falls du also nach einem Happyend mit Familiengründung suchst …« Er lässt die Bemerkung im Raum stehen und ich kann sie für mich ergänzen: Dann werde ich das bei ihm nicht finden. Dann ist er der Falsche für mich.
Aber das will ich nicht hören.
»Ich suche noch gar nichts«, erkläre ich ihm und hoffe, dass meine Stimme sicherer klingt, als ich mich gerade fühle. »Für Familie und Kinder habe ich noch ewig Zeit.«
»Gut.« Er zieht mich an sich und schließt die Augen. »Dann ist das ja kein Problem.«
Doch, denke ich unglücklich und lege den Kopf zurück auf seine Brust, starre hinaus in den Abend. Es ist eins. Jetzt vielleicht noch nicht, aber irgendwann schon. Bald. Denn der Graben zwischen dem, was ich mir wünsche, und dem, was Jonathan mir geben kann, ist gerade noch weiter aufgerissen, schneidet mir tief ins Herz.
Er zieht die Grenzen dessen, was bei ihm möglich ist, ständig so eng, dass die Liebe, die ich für ihn empfinde und von der ich immer noch hoffe, dass er sie erwidert, keinen Platz hat, um sich zu entfalten. Dafür bräuchte es eine Perspektive, und die lässt er einfach nicht zu.
Ich weiß jetzt, dass er es ernst meint: Er kann mir wirklich keine Versprechungen machen. Aber was bedeutet das für mich? Plötzlich habe ich große Angst, dass ich irgendwann – bald – bei ihm vor einer Mauer stehen werde, an der
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