Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
sie meine Wange berühren. Glücklich lächelnd will ich mich noch dichter an Jonathan schmiegen und stoße plötzlich mit der Wange an etwas Hartes, Kühles, das mich zusammenzucken lässt.
Erschrocken fahre ich hoch und sehe mich um. Ich liege quer auf einem großen Bett, und das Kalte an meiner Wange war der Bettpfosten, an dem ich mit dem Gesicht gelegen habe. Und jetzt weiß ich auch wieder, was das hier für ein Zimmer ist – das Gästezimmer auf Lockwood Manor. Mit dieser Erkenntnis dämmert mir gleich die nächste, die ich eigentlich viel lieber verdrängt hätte.
Es war nur ein Traum.
Natürlich war es nur ein Traum, schimpfe ich mit mir selbst. Wir sind mitten auf einer Wiese in ein riesiges Bett gefallen, und es hat Federn geregnet. Sehr realistisch, denke ich frustriert. Und doch – wie das oft so ist in Träumen, habe ich nichts hinterfragt, sondern nur das wunderbar warme, glückliche Gefühl genossen, das die Bilder in mir ausgelöst haben. Ich will es festhalten, aber es verlässt mich unwiderruflich, entgleitet mir. Stattdessen sickert etwas anderes in mein Bewusstsein, das diese Zufriedenheit sogar noch schneller verscheucht: Jonathan ist nicht da.
Seine Seite des Bettes ist leer, er liegt nicht mehr neben mir. Ist er in sein Zimmer zurückgegangen?
Schnell richte ich mich auf und will die Nachttischlampe anknipsen. Doch mir wird klar, dass das nicht nötig ist, denn Licht dringt durch die nicht ganz geschlossenen Vorhänge. Die Sonne ist schon aufgegangen, steht aber noch tief am Himmel, also muss es noch recht früh sein. Und als ich auf das Display meines Handys blicke, weiß ich auch, wie früh: kurz nach sechs.
Ich stoße die Luft aus und rutsche wieder ein Stück runter im Bett, strecke mich aus und starre an die Decke. Kein Wunder, dass mein Traum so schön war – mein Unterbewusstsein hat einfach alles genommen, was ich mir wünsche, und daraus Bilder zusammengesponnen. Bilder, die der Realität leider nicht entsprechen.
Der Empfang gestern Abend war nämlich eher ernüchternd und hatte nichts mit meinem Traum zu tun, oder fast nichts. Die Dächer der beiden Festzelte wurden von der Abendsonne tatsächlich in ein goldenes Licht getaucht, als ich hineingegangen bin. Und die Leute waren alle toll angezogen, wenn auch nicht ganz so aufgebrezelt wie in meinem Traum – da hat mein Unterbewusstsein offensichtlich noch eine Schippe drauf gepackt.
Aber Jonathan war ganz anders. Er hat mich nicht im Arm gehalten und geküsst. Er war nicht mal wirklich oft bei mir, weil er so viel mit den anderen Gästen reden musste. Vor allem ein älterer Herr, der Duke of Beau-irgendwas, ich hab’s vergessen, hat ihn ständig in ein Gespräch verwickelt, und wenn der mal abgelenkt war, dann hat sich Lady Imogen sofort wieder an seinen Arm gehängt.
Sarah, die durch ihr verletztes Bein überwiegend an ihren Platz gebunden war – einen Sessel, den man extra für sie nach draußen ins Zelt gebracht hatte – und bei der ich fast die ganze Zeit geblieben bin, hat mir zwar versichert, dass Jonathan niemals irgendetwas mit der anhänglichen Lady hatte oder anfangen würde. Trotzdem ärgert es mich, dass Imogen sich weiterhin so produzieren konnte – weil Jonathan zu beschäftigt war, um sich um mich zu kümmern und klar zu stellen, dass er vergeben ist. Und ich bin auch nicht so richtig sicher, ob es wirklich nur seine Pflichten als Sohn des Gastgebers waren, die ihn von mir fern gehalten haben. Okay, ich weiß, wie viel Wert er auf korrekte Umgangsformen legt, nur manchmal wirkte es eben ein bisschen so, als wenn er mir aus dem Weg gehen würde.
Natürlich hätte ich mich einfach an seine Seite stellen und ihm die ganze Zeit folgen können, aber ich wollte kein lästiges Anhängsel sein. Und dank Sarah musste ich das auch nicht, denn sie hat den Part, den ich mir eigentlich von Jonathan gewünscht hätte, sehr gern übernommen, hat mich allen vorgestellt, die zu uns kamen, und hat mir, wenn sie wieder weg waren, erklärt, wer wer ist und in welchem Verhältnis sie zu den Huntingtons stehen.
Erst beim Dinner nach dem Empfang, zu dem nur eine Hand voll Gäste geblieben sind, war Jonathan wieder an meiner Seite. Aber auch da musste er weiter Tischgespräche mit dem Duke mit dem Beau-Namen führen, die komplett an mir vorbeiliefen.
Irgendwann gegen zehn habe ich mich dann entschuldigt und bin auf mein Zimmer und ins Bett gegangen, traurig, frustriert und ernüchtert. Ich war ganz sicher, dass Jonathan
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