Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)
mal hier?«, will er wissen, als wir die recht steile, enge Treppe hinauf in den winzigen Museumsshop steigen, in dem sich auch die Kasse befindet.
Ich schüttele fast schuldbewusst den Kopf. Es ist wirklich eine Schande, dass ich es noch nicht geschafft habe, obwohl ich schon mehrfach in Rom war. Aber bei meinen bisherigen Besuchen war irgendwie nie Gelegenheit dazu. Ich musste meine Termine immer eng takten, damit ich so schnell wie möglich wieder zu Hause sein konnte, um Dad zu entlasten. Vielleicht hätte ich mir die Zeit nehmen können, aber das kam mir egoistisch vor, und irgendwann habe ich einfach nur noch gearbeitet und es auch gar nicht mehr versucht.
Doch jetzt bin ich hier, denke ich, und die Gelegenheit kommt so schnell bestimmt nicht wieder. Deshalb beschließe ich, den Besuch einfach zu genießen.
Zu meinem Erstaunen nickt uns die junge Dame hinter der Kasse, die gerade zwei älteren Herren Eintrittskarten verkauft, nur lächelnd zu, als wir den Museumsshop betreten, und winkt uns unauffällig durch – wir sollen gleich hoch in die Ausstellungsräume gehen.
»Auch eine Freundin von dir?« Ich kann den Sarkasmus nicht ganz aus meiner Stimme raushalten und ärgere mich sofort über mich selbst. »Oder muss hier nur jeder Zweite Eintritt zahlen?«
Matteo lacht. »Weder noch. Ich bin Fördermitglied in der Keats Shelley Memorial Association, die das Museum betreibt, und einer der Vorteile ist, dass ich kommen darf, wann ich will und mit wem ich will«, erklärt er mir.
Beeindruckt sehe ich ihn an. Wenn er die englische Gesellschaft, die dieses Haus betreibt, finanziell unterstützt, dann muss er wirklich ein großer Verehrer von John Keats sein, genau wie er es auf dem Empfang behauptet hat.
Als wir oben ankommen, schlendern wir langsam durch die vier Ausstellungsräume und sehen uns alles an. Gleich im ersten hängt eins der Prunkstücke der Sammlung, ein weiteres Gemälde von Joseph Severn, sein vielleicht bekanntestes, das Shelley schreibend vor einer Naturkulisse mit Ruinen zeigt.
Matteo steht dicht hinter mir, während wir es betrachten, und ich spüre seine Körperwärme durch den dünnen Stoff meines Kleides, was dazu führt, dass ich irgendwie zweigeteilt bin. Es ist, als würden mein Geist und mein Körper auf unterschiedlichen, aber gleich starken Ebenen wahrnehmen und sich gegenseitig stören. Mein Verstand saugt die Informationen in sich auf, die das Museum zu bieten hat, während mein Gefühl vollständig auf Matteo konzentriert ist, der jetzt sogar noch ein bisschen näher kommt, so nah, dass ich seinen Atem an meinem Ohr spüre.
»Schön, nicht wahr?«, sagt er leise und streift mit den Lippen meine Ohrmuschel, was einen wohligen Schauer über meinen Rücken rieseln lässt. Mein Atem geht schwer, und ich habe deutliche Schwierigkeiten, einen zusammenhängenden Satz zu formulieren. Deshalb greife ich auf die Frage zurück, die mir schon im Kopf herumgeht, seit ich weiß, dass Joseph Severn ebenfalls zu seinen Lieblingsmalern gehört, stelle sie ihm mit belegter Stimme, ohne mich zu rühren, weil seine Nähe so überwältigend und erregend ist.
»Was gefällt dir eigentlich an Severn? Menschlich gesehen, meine ich.« Die Biographie des englischen Malers ist nämlich völlig anders als die von Enzo di Montagna. Severn ist alt geworden, fünfundachtzig, was auch im 19. Jahrhundert noch keine Selbstverständlichkeit war, und gehörte zum Establishment, arbeitete zuletzt als Britischer Konsul in Rom – weshalb er auch hier beerdigt ist. »Ein Rebell war er ja eher nicht.«
Matteo streicht mit der Hand meine Haare zur Seite, und das Gefühl seiner Fingerspitzen an meinem entblößten Hals löst neue Schauer in mir aus.
»Aber ein sehr treuer Freund«, sagt er, und ich sehe mich kurz zu ihm um, bevor ich den Blick wieder nach vorn richte. Das ist ihm wichtig, denke ich. Freundschaft. Genau wie Giacomo ge …
Seine Lippen berühren meinen Hals, direkt hinter meinem Ohr, was alle Gedanken vollständig aus meinem Gehirn löscht. Es ist ein so erregendes Gefühl, dass ich erschrocken einen Schritt zur Seite mache – nur um es gleich anschließend zu bedauern. Matteo lächelt bloß, und für eine Sekunde hasse ich es, dass er mich so verwirrt. Trotzdem lasse ich es zu, dass er wieder nach meiner Hand greift.
»Willst du dir jetzt die Keats-Räume ansehen?«, fragt er und deutet auf den Durchgang in das nächste Zimmer.
Ich nicke beklommen. Natürlich will ich das, allerdings kann ich
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