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Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
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Mail. Die Kollegen hatten sich Mühe gegeben mit dem
Foto, sie sah aus wie eine schlafende Frau.
    Da kann sich einer das Palms leisten und
lässt sich am Drogenstrich bedienen? Vielleicht eine schnelle Nummer im Auto,
und sie hat nur die Hölzer eingesteckt? Aber wann? Oder war sie selbst da,
unwahrscheinlich. Andrerseits, Geld und Geschmack sind oft zwei ungleiche
Brüder.
    Ich zog die Hotellisten aus dem Ablagekorb. Das
„Four Palms“ gehörte zu den Fünf-Sterne-Häusern, auf deren Rückruf ich noch immer
wartete. Vor dem Fenster glänzte die Stadt im Sonnenlicht. Der Tag schien mir
wie geschaffen, um schlechte Laune zu verbreiten.
    Das Palms war edel, aber irgendwie auch wie
alle anderen Häuser. Plüsch, Marmor und Edelstahl, kennst Du eins, kennst Du
alle. Die Klimaanlage entschädigte für die Fahrt mit der U-Bahn. Schon in der
gläsernen Drehtür spürte ich, dass hier klar war, wer im Kampf mit der
allgegenwärtigen Tropenhitze die Oberhand behielt.
    Der Dienstausweis reichte, um sofort die ungeteilte
Aufmerksamkeit des Service-Personals zu genießen. Ein nervöser Blick nach links
und rechts, leicht von unten, ob auch ja kein Gast mitbekommen habe, dass ich
kein extrovertierter Weltenbummler, sondern nur ein piefiger Berliner Bulle bin.
Eigentlich hatte ich erwartet, sofort in die Katakomben der Dienstkräfte
geführt zu werden, stattdessen wurde mir mit einem Fingerzeig bedeutet, einen
Moment zu warten. Der Finger gehörte einer Blondine mit
antrainiert-freundlichem: „Darf ich Ihnen helfen?“-Tonfall und deutete auf
einen jungen Mann auf der anderen Seite der gut zwanzig Meter langen Rezeption.
    „Mr. Spencer“, hauchte sie.
    Spencer hatte kurz geschnittenes schwarzes Haar
und ihm war anzusehen, dass seine Familie die Höhen und Tiefen des untergegangenen
Empires miterlebt hatte. Ich tippte auf Indien, irgendwann weit vor meiner
Zeit. Ansonsten war er - very british - damit beschäftigt, zwei blond gelockten
jungen Frauen etwas mitzuteilen, was trotz der äußerlichen Ruhe und
Gelassenheit alles andere als eine belobigende Ermunterung zu sein schien.
Versteinerte Minen und zustimmendes Nicken.
    Plötzlich drehte er sich ruckartig um, ein
fragender Blick, dann kam er auf mich zu. Die Hand auf dem Bauch, eine leichte
Verbeugung, ich schob meinen Dienstausweis über den Tresen.
    „Wenn ich bitten dürfte.“, und schon stand er
neben mir und dirigierte mich sanft zu einer Sitzecke am Rande der Lobby.
    Spencer, ganz der aufmerksame Gastgeber,
wartete, bis ich Platz genommen hatte, dann glitt er in den gegenüberstehenden
Sessel, schlug die Beine übereinander, zupfte einen unsichtbaren Fussel von
seinem Hosenaufschlag und sah mir erwartungsvoll direkt in die Augen.
    Ich reichte ihm das Foto: „Übrigens, ich bin
von der Mordkommission.“
    Spencer sah kurz auf und nickte. Seine Zunge
wanderte die Innenseite der Wange entlang. Er schien zu überlegen, wie er sich
verhalten sollte, dann wandelte sich sein distanziert freundlicher Gesichtsausdruck,
Wut und Ekel mischten sich.
    „Fucking assholes, dirty fucking assholes!“ zischte
er mir leise entgegen, in bestem Oxford-Englisch, soweit ich das beurteilen
konnte.
    „Coffee?“
    „Gern.“
    Spencer winkte einer Kellnerin.
    „Sorry, aber manchmal kriege ich einfach das … Ich
darf davon ausgehen, dass Ihnen bekannt ist, welchen Standard wir hier pflegen.
Unsere Gäste verlangen einen Preisnachlass, wenn das Mineralwasser nicht exakt so
temperiert ist, wie sie es bestellt haben. Und dann sehen wir abends auf den
Überwachungsmonitoren der Tiefgarage, wen dieselben Leute ins Hotel holen, ganz
diskret natürlich. Diskretion ist uns wichtig.“
    Er lehnte sich zurück.
    „Letzten Donnerstag, vor zwei Wochen. Sie war wahrscheinlich
im Penthouse.“
    „Bei wem?“
    Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Das
Penthouse wird meist über Firmen angemietet. Zwei Suiten mit Durchgang, kann
man auch zusammen nehmen. Die Gäste genießen Anonymität, bestellen ihr Catering
und haben einen separaten Zugang. Wer da logiert, erfahren wir nur selten.“
    „Aber die Gäste müssen sich doch anmelden?“
    Ich erntete ein mitleidiges Lächeln: „Müller
ist sehr häufig vertreten, Mayer ebenso, auch mit ei . Noch Fragen?“
    „Wer hat das Penthouse am Donnerstag gemietet?“
    „Es war von Montag bis Sonntag, also die ganze
Woche belegt. Das wurde, wenn ich es recht erinnere, über eine Firma auf den
Kanalinseln abgewickelt. Ich müsste

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