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Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
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nachsehen.“
    „Und?“, ich sah ihn fragend an.
    „Sie werden verzeihen, aber das dürfte so kaum
zulässig sein, wünschenswert ist es auf gar keinen Fall. Diskretion.“
    „Nun, ich könnte natürlich auch in zwei Stunden
mit einem Mannschaftsbus und einer Gruppe grün gekleideter Marsmännchen mit großen
Helmen vorbeikommen, die sich vor dem Hotel die Füße vertreten? Ich könnte
dafür sorgen, dass nur ein Teil der Zufahrt blockiert wird. Natürlich nur, wenn
Sie es wünschen.“
    Mister Spencer schien der Gedanke zu gefallen.
Sein Fuß wippte und er faltete die Hände: „Ich sehe, auch Sie bevorzugen
diskrete Arrangements. Was halten Sie von einem kleinen Spaziergang und einer
Einladung zu einem Espresso, sagen wir in einer Stunde, wenn es Ihnen recht ist.
Bis dahin dürfte die junge Dame von vorhin die Bestellung wohl erledigt haben.“
    Spencer stand auf, knickte in der Hüfte kurz
ein und ging gemessenen Schrittes zurück zu seinem Blondinen-Club.
    Na und, dachte ich, was hilft es Dir, wenn Du
weißt, bei wem sie vor vierzehn Tagen war. Schließlich ist sie gestern ermordet
worden, und garantiert nicht hier.
    Ich fuhr zurück ins Büro, wo die Temperatur
inzwischen auf Werte jenseits des Erträglichen geklettert war. Nur der
Bereitschaftsdienst huschte noch lustlos über die Gänge. Wer Überstunden
abzubummeln hatte, war schon lange weg.
    Auf dem Schreibtisch lagen die Listen mit den
Telefonnummern unserer Kopflosen. Die britische Nummer gehörte zu einem Handy, das
auf eine Limited mit Sitz auf Guernsey zugelassen war: „International Finance
Ltd.“ Die Firma teilte sich ihre Anschrift mit 25 anderen und wurde von einer
Kanzlei namens Weber, Sparks & Co. vertreten. Handschriftlich stand
daneben: „Ende der Durchsage – Ltd ist Ltd“. Ich verstand.
    Mader würde noch eine Weile die Kurfürstenstraße
abklappern. Schneiderhannes schnippelte wahrscheinlich an der Leiche herum, um
mir morgen mitzuteilen, dass sie infolge eines gezielten Hiebes mit einer
metallischen Klinge, die ihr nicht nur die Halswirbel, sondern auch Luft-,
Speiseröhre und Halsschlagader, eigentlich alles bis auf ein paar Muskeln
linksseitig durchtrennt hatte, in weniger als zwei Sekunden verstorben war.
Leider haben derartige Klingen nichts an sich, was zweifelsfrei auf den
Besitzer schließen lässt. Ich nahm ein abgewetztes Handtuch aus meiner
untersten Schreibtischschublade und machte mich auf den Weg in die
Gemeinschaftsdusche.

31
    Spencer blickte kurz auf, sein Finger wies in
die Ecke. Ich versank erneut in den Tiefen des lederbezogenen Clubsessels und
genoss die leichte Briese der Klimaanlage.
    „Zucker?“
    Ich schreckte hoch. Vor mir stand ein Kellner
mit einem Tablett.
    „Danke.“
    Der Kellner stellte ein Zuckerdöschen aus fein
ziseliertem Silber auf den Tisch, mit einem Löffelchen, geeignet, jedes
Zuckerkorn einzeln in die Tasse zu befördern. Zu all den Kleinigkeiten, die auf
dem Tisch ausgebreitet wurden, gehörte auch eine veilchenblaue Porzellantasse,
die jeden zwang, den zierlichen Griff so zwischen Daumen und Zeigefinger zu klemmen,
dass der kleine Finger wie von selbst das Weite suchte und elegant abstand.
    Während ich mit dem Tässchen jonglierte, erschien
Spencer am Tisch und schien, was er sah, als überaus unterhaltsame Ablenkung zu
genießen.
    „Tja, wir machen es niemandem leicht. Wer hier bestehen
will, muss sich anstrengen. Sogar beim Kaffee.“
    Er grinste und setzte sich in den gegenüberstehenden
Sessel. Seine hellbraune Hand lag auf der mit feinen Blumenstickereien
bezogenen Armlehne. Ich versuchte, nicht zu schlürfen. Spencer lächelte. Ich
hatte genug und ließ die Tasse in meiner Hand verschwinden, als wäre es ein
IKEA-Pott und nicht das Kunstwerk eines Manufakteurs.
    „Und?“
    Er griff mit zwei Fingern in die Innentasche
seines Jacketts: „Mehr habe ich nicht. Sie buchen und zahlen. International
Finance Ltd.“
    „Guernsey, Kingshouse 23 P.O.“
    Er nickte.
    „Das haben Sie nicht von mir. Die schmeißen
mich raus, wenn ich Kundendaten weitergebe. Dann kann ich in Kalkutta die Garküche
meiner Großmutter zu neuem Leben erwecken, wenn das Haus noch stehen sollte.“
    „Keine verlockende Aussicht, verstehe.“
    „Sonst noch was?“
    „Ja. Wie lange heben Sie ihre Überwachungsvideos
auf?“
    „Dazu brauchen Sie einen Beschluss.“
    „Kriege ich.“
    „Machen Sie schnell, wir warten immer, bis
alles abgewickelt ist. So um die drei Wochen, länger nicht.“
    „Eine Frage

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