Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
Vom Netzwerk:
Bestätigung: Anmietung
durch Julia Mader, Selbstfahrerin. Reutter bog von der Hauptstraße ab und
hielt.
    „Wir sind aufgeflogen. Aber wie?“
    „Irish Moos oder weiblicher Instinkt?“, van Broiken
grinste.
    Er schnaubte unwirsch, seine Begleiterin hingegen
schien ihren Spaß zu haben. Sie, ihr ganzes Gehabe, machte ihn wütend. Er fuhr
sie an: „Hast Du mal darüber nachgedacht, was passiert, wenn rauskommt, was wir
so treiben?“
    Van Broiken blieb ruhig: „Und Du? Fragst Du
Dich auch manchmal nach dem Warum? Warum überwachen wir zwei Polizisten, die
einen Mord aufklären? Warum überwachen wir einen Staatssekretär und seinen
windigen russischen Freund? Hast Du mal darüber nachgedacht, was aus Dir wird,
wenn Ahrendt nicht mehr ist?“
    Maria van Broiken lehnte mit dem Rücken an der
Beifahrertür. Sie musterte ihn überlegen von der Seite und Friedhelm Reutter
spürte, dass sie auf jede ihrer Fragen eine Antwort wusste. Ganz anders als er
selbst. Er hatte sie wohl unterschätzt, über ihre zeitweilige Unbedarftheit,
oder was er dafür hielt, im Stillen seine Witzchen gemacht. Er war nie
besonders schnell gewesen, aber jetzt dämmerte ihm, was es bedeutete, der
Spross einer Dynastie zu sein. Dynastien überleben, weil es ihnen gelingt,
Überlebensstrategien zu entwickeln, die von Generation zu Generation verfeinert
werden. Er dagegen hatte nur die Beamtenkarriere seines Vaters nachgeahmt. Der
folgsame Zögling, Ahrendts bestes Pferd im Stall, vielleicht auch nur sein
willigstes Werkzeug.
    Er startete den Wagen und fuhr schweigend Richtung
Stadtzentrum.

53
    Zuerst war es nur die Stoßstange, dann folgte
der Kotflügel, langsam rollte der Omega an der Einmündung vorbei. Mader ließ sich
instinktiv auf den Beifahrersitz fallen. Patt, dachte sie, jetzt wissen alle
Bescheid – aber warum?
    Dass es der Omega war, den sie vorhin überholt
hatte, da war sie sich sicher. Bislang waren sie auf Distanz geblieben.
Natürlich, es konnte Zufall sein. Vielleicht wollten sie sich nur einen
Überblick verschaffen. Warum aber waren sie dann so betont langsam
gefahren?
    Plötzlich wurde Mader heiß. Sie waren sich beide
sicher gewesen, so sicher, dass sie das Simpelste vergessen hatten. Sie war in
Schneeberg, ihr Handy war in Schneeberg. Kein Zweifel, sie war geortet worden. Warum
nicht gleich ein Plakat ans Auto hängen, dachte sie: „Hallo, hier fährt die
kleine Mader!“
    Mader zog den Akku raus, startete, bog Richtung
Ortsausgang ab und trieb den Motor hoch. Zwei Bullen, die es sonst vor allem
mit Tätern zu tun haben, die quasi an der Wohnungstür darauf warten, verhaftet
zu werden, haben sich in die große Welt verirrt. Sie war wütend, auf sich, auf
Gallert, dessen Hirn noch immer seinem Schwanz zu folgen schien, obwohl er dafür
bezahlt wurde, den Überblick zu behalten. Warum hatte er nicht an ihr Handy
gedacht? Auch wenn es ihr Plan war, natürlich, gerade dann! Wer sonst?
    Der Schweiß lief ihr in kleinen Rinnsalen die
Stirn hinab. Sie glühte vor Ärger, Wut. Dann trat sie reflexartig auf die
Bremse und würgte den Motor ab. Eine rote Ampel – sie war nicht angeschnallt
und knallte mit dem Oberkörper aufs Lenkrad.
    Als der Motor wieder lief, fuhr sie langsam
weiter und bog auf den nächsten Parkplatz ab. Ein Supermarkt.
    Zigaretten und Kaffee. Mader hockte sich auf
die Bordsteinkante vorm Eingang und wurde langsam ruhiger.
    Wegfahren? Ausgeschlossen, spätestens dann
wüssten die anderen, sollte es kein Zufall gewesen sein, dass sie ebenso unter
Beobachtung standen wie Gallert. Also beschloss Mader zu bleiben und hoffte, die
anderen so in Sicherheit zu wiegen.
    Sie zog hastig an der Zigarette und hustete.
    Gallert anrufen? Konnte nicht schaden. Den
andern zeigen, wie sicher man sich fühlt? Besser nicht. Als Schatten hatte sie
abzuwarten.
    Mader trank den Kaffee aus, schob den Akku
wieder ins Handy und fuhr zurück.

54
    Ahrendt starrte auf den Monitor. Jetzt war der
kleine rote Punkt wieder da. Er bewegte sich zurück zum Ausgangsort und blieb
stehen. Für gut zwanzig Minuten war er, sie verschwunden. Vielleicht ein leerer
Akku, vielleicht hatte sie den Omega erkannt, vielleicht auch nur versehentlich
das Handy ausgeschaltet? Vielleicht.
    Einen Moment lang befürchtete er schon, Reutter
und van Broiken seien entdeckt worden. Er war verunsichert. Hatte er die
Kontrolle verloren?
    Doch jetzt war sie wieder da, die kleine
Polizistin, immer im Schatten ihres Chefs. Mag sein, dass sie sich verfolgt
fühlten,

Weitere Kostenlose Bücher