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Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Titel: Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Nachtwächter den »Künstler« überrascht – waren bloß zwei
Tupfer. Das beknackte Wirrwarr debiler Kringel in der Schamgegend sollte wohl Haare darstellen. Ein paar derbe Worte neben der Figur in der gleichen silbernen Farbe lieferten die dazugehörige Erklärung:
    TITTITUSSI MIT HAARIGER PUSSI
    Seit sechzehn Jahren verging kaum ein Tag, an dem sie Gary Irvine nicht zum Lächeln gebracht hätte: die Tatsache, dass ein paar hiesige Jugendliche – Cider oder Pennerglück in den Venen prickelnd und die Synapsen mit Klebstoff oder Haschisch geschmiert – ein derart dringendes Bedürfnis verspürt hatten, ihre Liebe zu Tussen, Titten und buschigen Fötzchen mit dem Rest der Bevölkerung zu teilen, dass sie nicht mehr anders konnten, als sich bei Nacht und Nebel hierher zu schleichen und dieses unsterbliche Meisterwerk zu schaffen. Er musste lächeln, und seine Reaktion erinnerte ihn an einen von Stevies Sprüchen: »Traue niemals einem Mann, dem der Anblick eines schlecht gezeichneten Pimmels mit Eiern kein Lächeln entlockt.«
    O ja, Gary lächelte. Manchmal bereitete es ihm allerdings Sorgen, dass dieses Graffiti ihn bereits seit sechzehn Jahren zum Lächeln brachte.
     
    Ein paar Hundert Kilometer weiter südlich fuhr der Lkw die Ausfahrt zur Raststätte Knutsford herauf. Auf einer hölzernen Palette, tief in den Eingeweiden des Fahrzeugs, rollten die glänzenden weißen Spaxons in ihren Kartons zurück.

4
    CATHY IRVINE STRICH NERVÖS DIE SERVIETTE AUF DEM TISCH glatt und fragte sich, ob es wohl noch zu früh war, schon wieder für eine Zigarette vor die Türe zu gehen. Scheiß Rauchverbot. Cathy war nie ein besonders politischer Mensch gewesen – nachdem sie sich Braveheart angesehen hatte, bereute sie es einen kurzen Moment, 1978 nicht die schottische Nationalpartei gewählt zu haben -, aber das Rauchverbot hatte sie definitiv radikalisiert. »So hat das bei Hitler auch angefangen«, hatte sie, kurz nachdem das Gesetz in Kraft getreten war, zu Gary gesagt, und dabei, um ihrer Aussage Nachdruck zu verleihen, mit dem Finger auf den Küchentresen eingestochen.
    Sie gab sich alle Mühe, den Eindruck zu erwecken, sie würde über etwas Wichtiges nachdenken, und während sie das tat, begann sie tatsächlich über etwas Wichtiges nachzudenken. Was bei Cathy in der Regel bedeutete, dass sie über ihren ältesten Sohn grübelte. Lee. Dieser Junge. Zweihundert Pfund hatte er sich letzte Woche von ihr geliehen. Dreihundert im Monat davor. Für Kredite, die er zurückzahlen musste. Er hatte versprochen, es ihr bald zurückzugeben, da er einen Job in Aussicht habe. Aber was für einen? Wenn er … sie würde mit Gary darüber reden, abwarten, was er dazu sagt.
    Cathy war in Restaurants nicht gerne allein. Es war ihr nicht ganz geheuer. Schon gar nicht in einem Laden wie dem Pepper Pot, Ardgirvans protzigstem Italiener. Okay, Ardgirvans einzigem Italiener. Der Vater der Jungs, dachte Cathy verträumt, ihr Erinnerungsvermögen dank eines halben Glases Hauswein in
Sepiatöne getüncht, hätte seine Frau niemals allein in einem Restaurant sitzen lassen.
    Der Tod hatte ihren Gatten von einem einfachen Gott zu einem Wesen erhöht, das sämtliche Gottheiten der griechischen Mythologie auf sich vereinigte: Er war stattlich wie Apollo, so fröhlich wie Dionysos und weise wie Zeus. Dreizehn Jahre war es jetzt her, dass er von ihr gegangen war, und wie oft musste sie an ihn denken? Es wäre einfacher zu fragen, wie oft sie nicht an ihn denken musste, denn die Erinnerung an ihn hielt den weitaus größten Teil von Cathys Bewusstsein besetzt. Wenn sie morgens aus ihren Träumen erwachte – Träume, in denen sie jung und frisch liiert waren – und ihre Beine ausstreckte, nahm sie die andere Hälfte des Bettes immer noch als verlassen wahr. Jede Nacht, wenn sie einschlief, kommunizierte sie mit ihm, sprach flüsternd zu seinem Geist, berichtete ihm, was den Tag über geschehen war, von ihren winzigen Triumphen und Katastrophen, bildete sich ein, ihn neben sich in der Dunkelheit zu spüren: die allnächtliche Transsubstantiation, während derer sich das Kopfkissen in seinen Körper verwandelte. Auch nach dreizehn Jahren erschien ihr die Möglichkeit, sich einen Liebhaber zu nehmen, noch genauso unvorstellbar wie der Gedanke daran, ein Spaceshuttle zu steuern. Dreizehn Jahre, in denen sie sich immer, wenn sie eine Entscheidung zu treffen hatte – egal, ob es eine von finanzieller Bedeutung war, oder ob es nur darum ging, was sie in

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