Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs
über hundert Meter tief, mit einer erhöhten Terrasse aus Holzplanken auf der einen Seite. Pauline stellte
sich vor, wie sie dort Gartenpartys veranstalten würden. Barbecues. Hinter dem hohen Holzzaun am Ende des Gartens begann der Wald, ein Ausläufer des Landschaftsparks. Und irgendwo in der Ferne, nördlich davon, lag Glasgow.
Pauline hörte Absätze klappern und drehte sich um, als Mrs McMahon von Bowles, Kinney & Ross in den Raum kam.
»Ich bitte um Verzeihung«, sagte sie, »aber im Büro geht es gerade drunter und drüber.« McMahon war älter als Pauline, Ende dreißig und sehr gepflegt. »Ein fantastischer Garten«, sprach sie weiter und gesellte sich zu Pauline ans Fenster. »Wie geschaffen für Kinder …«
»Mmm«, brummte Pauline.
Ah ja, dachte McMahon und fügte rasch hinzu: »… oder zum Feiern.«
»Oh ja. Das Gleiche habe ich auch gerade gedacht.«
»Also, wenn Sie wirklich interessiert sind, würde ich nicht zu lange zögern, Pauline. Es ist das letzte Haus, das ich noch habe, und diese Woche stehen noch drei Besichtigungen an. Ich schätze, es wird nicht mehr lange zu haben sein.«
»Ich muss bloß noch heute Abend mit meinem … Lebensgefährten reden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir auf Sie zurückkommen.«
Als Pauline in ihren albernen Jeep stieg, der hoffentlich ebenfalls bald der Vergangenheit angehören würde, klingelte ihr Handy. Findlay. Perfekt.
»Hey, Liebling. Hör zu, ich habe mir gerade nochmal das Haus angesehen. Und …«
Masterson sprach. Pauline hörte zu.
»Was?«, unterbrach sie ihn. »Ich dachte, du hättest gesagt …« Sie hörte wieder zu. »Aber die Maklerin sagte gerade …« Er fiel ihr ins Wort. »Aber vielleicht geht uns das Haus durch die Lappen! Schrei mich nicht an! Pass auf, ich … wir reden, wenn ich zurück bin.«
Auf dem Rückweg nach Ardgirvan fuhr Pauline sehr schnell und aggressiv. Zwischendurch konnte sie vor lauter Tränen die Straße kaum noch sehen. Er hatte gesagt, alles würde gut werden. Wenn sie jetzt das verdammte Haus nicht bekämen, weil … Sie schaltete das Radio an und haute auf die Sendertasten ein. Für einen Augenblick hörte sie eine Stimme, die ihr seltsam bekannt vorkam. Stirnrunzelnd hämmerte sie erneut auf die Tasten ein, bis sie die Station wiedergefunden hatte. Es war Radio Ayrshire , der Lokalsender, den sie bloß wegen der Verkehrsmeldungen hörte. Sie drehte lauter. »Ich weiß es auch noch nicht«, sagte die Stimme, »vermutlich werde ich morgen einfach versuchen, das Gleiche nochmal zu machen. Ich will nicht zu viel darüber nachdenken …«
»Großartig, na gut, dann viel Glück für morgen«, sagte der Interviewer.
»Aye, äh, bis dann. Das wird schon.«
»Das war Ardgirvans Golftalent Gary Irvine«, sagte die Stimme des Studiomoderators, was Pauline dazu brachte, einen Schlenker auf die Gegenfahrbahn zu machen, was wiederum den Fahrer des entgegenkommenden Wagens dazu brachte, verärgert seine Hupe zu malträtieren, »der am heutigen Morgen am achtzehnten Loch von Royal Troon das Bewusstsein verlor, nachdem es ihm gelungen war als einziger Amateurspieler der diesjährigen Open den Cut zu schaffen.«
»Es scheint ihm aber wieder gutzugehen«, schaltete sich eine Frauenstimme ein.
»Das tut es, Joan, das tut es. Und nun sag uns doch bitte, was das Wetter macht. Geht das so weiter mit dieser Affenhitze?«
»Allerdings, Tom, so viel ist sicher …«
45
Tag drei der Open Championships
SAMSTAGMORGEN. DIE TEMPERATUREN STIEGEN WEITER, UND auch die Zuschauerzahlen schossen wegen des Wochenendes weiter in die Höhe.
Gary und Stevie standen auf dem Weg vom Umkleideraum zum ersten Tee die Münder offen, als ihnen klarwurde, wie sehr sich in den vergangenen beiden Tagen alles verändert hatte. Während zuvor eine Handvoll Freunde und Familienmitglieder sowie ein Häuflein eingeschworener Golffans den Pfad gesäumt hatten, drängten sich jetzt Hunderte von Menschen gegen die Seile, klatschten und jubelten. Einige schienen sogar seinen Namen zu kennen. »Du schaffst es, Gary«, kreischte eine Frau mittleren Alters, und Gary tippte sich daraufhin schüchtern an den Visor, wie er es von den Profis im Fernsehen kannte.
Als sie um die Ecke des Clubhauses bogen, wurde ihnen das Ausmaß erst wirklich bewusst: Das erste Tee war von einem wogenden Meer aus Zuschauern eingeschlossen. Diejenigen, die es nicht nah genug an die Teebox geschafft hatten, reihten sich entlang der ersten Hundert Meter des Fairways auf.
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