Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs
Ruhe, Derek. Hier, nimm einen Whisky …«
»Er hat gerade einen Eagle am Zehnten gespielt! Ist jetzt zehn unter Par!«
»Wer?«
Forbes nahm einen tiefen Schluck Whisky. »Gary Irvine.«
Für den Bruchteil einer Sekunde herrschte Stille, bevor alle in Gelächter ausbrachen. »Such dir jemand anders, den du verarschen kannst!«, rief jemand.
»Hey, das ist bestimmt nicht dein erster Drink heute.«
»Wenn ich es euch doch sage!«
Allmählich begriffen sie, dass es sein voller Ernst war.
»Einen Eagle am Zehnten?«
»Aye.«
»Zehn unter Par?«, wiederholte jemand.
»Heilige Scheiße«, bemerkte Senga. »Er wird die Medaille holen.«
»Die Medaille?«, rief Forbes und kippte den Rest seines Drinks herunter. »Er bricht den verdammten Platzrekord!« Kaum hatte er es ausgesprochen, da war er bereits wieder draußen und rannte über den Platz. Bierkrüge und Whiskygläser wurden auf die hölzerne Theke geknallt, Jacken und Pullis von Stuhllehnen gerissen – und schon eilten ihm alle anderen hinterher.
Ardgirvan war ein kleines Städtchen. Wenn man auf dem Weg zum Bam einen fahren ließ, hieß es, hätte es sich im ganzen Ort herumgesprochen, dass man in die Hose geschissen hat, noch bevor man am Annick vorbei war. Stevie war von einem von Prentice’ Freunden angerufen worden, der ihm allen Ernstes weismachen wollte, dass Gary wie der scheiß Calvin Linklater spielen würde und drauf und dran wäre, den Platzrekord zu brechen.
Er schloss den Laden ab, fuhr nach Ravenscroft hoch und mischte sich am zwölften Tee unter die vielleicht fünfzig Schaulustigen, die gerade verfolgten, wie sich Garys Gruppe zum Abschlag bereitmachte.
Mit vierhundertsieben Metern war das zwölfte Loch das längste Par vier des Platzes. Der beste Weg zum Grün verlief über die rechte Seite des Fairways, aber es war eine gefährliche Route: Out of Bounds, wo man nur hinsah. Ein rostiger Maschendrahtzaun trennte den Golfplatz von der Hauptstraße und der Seniorenklapse, die auf der Straßenseite gegenüber lag. Wie jeden Tag drängelten sich hinter den speichelbefleckten Fenstern die verzerrten Grimassen jener, die ihren Kindern zur Last geworden waren.
Gary trat aufs Tee. Eine leichte Brise strich von rechts über sein Gesicht.
Schlag ihn über rechts und lass den Wind dafür sorgen, dass er im Spiel bleibt.
KAARACK!
Just in dem Augenblick, als der Ball das Tee verließ – gerade geschlagen flog er genau auf der beabsichtigten Linie -, drehte mit einem Mal der Wind, blies urplötzlich kräftig von links und drückte den Ball über den rechten Rand des Fairways, über das rechte Rough, Richtung Straße …
»Scheiße«, sagte Stevie.
Der Ball knallte gegen einen der Betonpfosten entlang der Outlinie und schoss quer über die Straße auf das Heim zu.
Die Demenzgruftis starrten an die Decke, als Garys Ball dreimal vom Dach über ihren Köpfen abprallte.
»So ein Mist«, flüsterte Bert Stevie zu. »Drei vom Tee« – was bedeutete, dass Garys nächster Schlag aufgrund der Strafschläge bereits sein dritter wäre.
Entsprechend erregt pullte Gary nach links ins dichte Rough. Sein erster Fehlschlag heute. Er schlug den Ball aus dem Rough
und überriss dann seinen Annäherungsschlag, so dass der Ball mitten im Bunker hinter dem Grün landete. Er spielte den Ball aus dem Bunker heraus und brauchte zum ersten Mal an diesem Morgen drei Schläge für den Putt. Unterm Strich machte das neun Schläge, einen miesen Triple Bogey, und es warf ihn zurück auf fünf unter Par.
»Na dann«, sagte jemand, »war’s das wohl mit dem Platzrekord.« Ein paar Leute verzogen sich.
»Wo liegt denn der Platzrekord?«, fragte Stevie Bert, als sie sich zum nächsten Tee aufmachten.
»Bei zweiundsechzig«, sagte Bert. »Zehn unter Par. Er dürfte von hier an nur noch Birdies spielen, wenn er den noch brechen will.«
»Zweiundsechzig?« Stevie pfiff anerkennend. »Wer hat das denn geschafft?«
Bert musste lachen. »Du wirst es nicht glauben, aber das war ich.«
Fünf unter Par am dreizehnten Tee. Der alte Gary Irvine, der von vor dem Unfall, hätte sich für einen solchen Score freiwillig einen Hoden entfernen lassen – und zwar ohne Narkose. Der neue Gary Irvine wollte mehr. Und im Golf zu viel zu wollen, ist oft gleichbedeutend damit, sich zu sehr anzustrengen: ein fataler Fehler in einem Sport, der von seinen herausragendsten Vertretern zwar verlangt, dass sie ihr Bestes geben, das aber nach Möglichkeit mit demonstrativ zur Schau
Weitere Kostenlose Bücher