Combat Planet: Roman (German Edition)
dir dann helfen?, zischte Zi. Amba spürte das plötzliche Aufwallen ihres Zorns, etwas, das sie schon hundertmal, tausend mal gespürt hatte, auf dem Schlachtfeld, in dunklen, von Mord erfüllten Gassen, an blutigen Schauplätzen von Verbrechen, mit der todestrunkenen FREUNDIN in der Hand. Wer würde dich raushauen, wenn du mal in einer Sackgasse steckst? Wer würde dir in deinen schwachen Momenten beistehen, wenn du zusammenbrichst und dich in den Schlamm und in die Pisse und in die Scheiße hockst und vor lauter, purer Schwäche Tränen heulst? Wer würde dich dann retten, Amba? Wer wäre deine Unterstützung? Wer wäre deine Erlöserin?
– DU BIST NICHT MEINE ERLÖSERIN! , kreischte sie los. NICHT MEINE VERFLUCHTE ERLÖSERIN, HÖRST DU?
Zi verzog sich, und Amba hörte, wie ihr hohles Lachen rasselnd verhallte, wie Würfel aus menschlichen Knöcheln auf dem Zinndeckel eines Armeleute-Sargs. Amba setzte sich aufs Bett hin und vergrub den Kopf in ihren Händen.
–Werde ich verrückt?
Das hier gehört nicht zum Dasein eines Androiden.
Das hier hat nichts mit den Anarchy -Modellen zu tun.
Zi, na ja, Zi ist etwas anderes …
Wieder dachte sie daran, die FREUNDIN zu zerstören. Das Ding lag auf der Kommode, klein und schwarz und harmlos aussehend. Aber es war gefährlich. Sie, die FREUNDIN , war gefährlich. Zi war die gefährlichste Waffe, die man jemals konstruiert hatte. Aber sie sollte nicht mit ihr reden; sie verspotten, sie provozieren, sie mit ihren Sticheleien in den Wahnsinn treiben. Und Zi sprach nie davon, warum man sie geschaffen hatte, worin de facto ihr ultimativer Zweck bestand.
Einmal hatte sich Amba in eine High-Security Oblivion REG UNIT eingeschmuggelt und die Dateien über Anarchy gestohlen. Sie wollte … mehr wissen. Bei diesen Nachforschungen ging es ihr weniger um den Aspekt der Identität, sondern um Verstehen . Sie wollte sich selbst verstehen – auf einer elementaren Ebene. Das elementare Konzept begreifen. Den elementaren Entwurf.
Im Grunde war Amba ein Mensch, sie besaß denselben genetischen Kern. Aber ihre Knochen waren mit einer natürlichen Titanlegierung vermischt, die von besonderen Drüsen in ihrem Hals produziert wurde. Ihre Muskeln waren härter, stärker, mit Kevlar verwoben. Ihre inneren Organe waren mit Chitin verkleidet, das man der DNA von Insekten entnommen hatte. Sie war immun gegen die meisten Gifte, einschließlich Strahlung. Und ihre Gehirnsynapsen arbeiteten mit einer konstant höheren Leistung als die eines »normalen« menschlichen Wesens. Amba war robust. Robuster als robust. Sie war der perfekte Soldat. Der perfekte Killer. Und trotzdem …
Nirgendwo in den Dateien wurde Zi erwähnt.
Zi, ihre glückliche, liebenswerte, bio-codierte FREUNDIN .
Zi war eine Waffe. Sie durfte keine … Persönlichkeit haben.
Zi war ein Fehler im Code. Ein Wurm im Kerngehäuse eines Apfels. Eine Störung in der Matrix.
Und, ob es Amba nun passte oder nicht, Zi würde bleiben.
»Warum kann ich kein Mensch sein?«
–Weil du keiner bist.
»Warum kann ich nicht ein einfaches menschliches Leben führen?«
–Weil sie dich verabscheuen.
»Wie kann ich mich befreien?«
Dann lag sie auf dem Bett und weinte. Träumte von einer Zeit, in der sie einen Mann finden würde, den richtigen Mann, einen Mann, den sie lieben konnte, und er würde sie küssen und sie im Dunkeln in den Armen halten und ihr sagen, sie brauche sich nicht zu fürchten. Alles würde gut werden. Und sie würden im Sonnenschein frühstücken. Sie würden zusammen über komische Dinge lachen und zusammen über traurige Dinge weinen. Sie würden in schicken Restaurants speisen. Sie würden ins Kino gehen und Popcorn und Hotdogs essen, später irgendwo was trinken und über den Film diskutieren. Sie würden Freunde besuchen und Geschichten erzählen und Wein trinken und bis spät in die Nacht hinein lachen. Nach einer gewissen Zeit, wenn sie sesshaft geworden waren, würde sie schwanger werden und ein Kind bekommen …
… ein Kind bekommen …
… ein hübsches kleines Mädchen …
… und ein Haus kaufen …
… ein Haus mit einer hellblauen Tür.
»Zwanzig Minuten, Ma’am.«
Amba nickte und schulterte ihren Rucksack. Zum letzten Mal blickte sie sich in dem schäbigen Hotelzimmer um. Sie würde nie wieder hierherkommen – an diesen Ort, der drei Monate lang ihr Zuhause gewesen war, während sie eine Reihe von Missionen ausführte. Nein. Jetzt war es an der Zeit, weiterzuziehen. Jetzt hatte sie einen
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