Commander Scott 07 - Das Tor Zum Paradies
des Alltags. Denn worin besteht denn eigentlich der Sinn unseres Lebens? Doch nur darin, uns selbst zu bestätigen, ein erfülltes Dasein zu führen.«
»Vielleicht«, murmelte Scott.
»Was spüren Sie, wenn Sie jagen? Eine Euphorie vielleicht? Einen Nervenkitzel, den erregenden Moment der Gefahr und dann den Höhepunkt, wenn Sie das Wild erlegen? Und dann das Gefühl des Triumphs, wenn Sie sich über das erlegte Wild beugen und Sie wissen, daß Sie besser zum überleben ausgestattet sind als Ihr toter Gegner? Und ist nicht das ganze Leben eine einzige Jagd, ein Kampf, um zu beweisen, wer der Stärkere ist?« Der Prior beugte sich in seinem Sessel vor und senkte die Stimme ein wenig. »Seien Sie offen zu mir, Lieutenant - würden Sie sich nicht darüber freuen, wenn Ihr Kommandeur in den Bergen einmal den kürzeren ziehen würde? Wenn er ein Wild wäre, das Sie jagen und erlegen könnten?«
»Das wäre ein Spaß«, sagte Scott rauh. »Und er könnte sich sogar die Waffe aussuchen. Ich würde diesem Hund eine Lektion erteilen, die er nie mehr vergessen würde!«
»Und gibt es nicht noch andere Dinge, die man so gern im Leben festhalten möchte?« fuhr der Prior fort. »Frauen, zum Beispiel, unvergeßliche Erlebnisse mit Frauen. Helle, blitzende Edelsteine im trüben Strom des Alltags. Denken Sie an diese unvergeßlichen Stunden, die man am liebsten ausdehnen und noch einmal erleben möchte, nur noch inniger, gewaltiger als damals...«
Seine Stimme blieb leise, lockend, beschwörend, während er Scotts Augen nicht mehr losließ. Ein Hypnotiseur, dachte Scott, ein Magier und Meisterpsychologe. Vielleicht hatte er auch eine Droge unter den Wein gemischt, um seine Willenskraft zu schwächen.
»Sind es Träume, die Sie hier im Kloster zu verkaufen haben?« fragte Scott.
»Träume, Lieutenant? Ist nicht dieses ganze Universum ein- Traum? Warum haben Sie Ihr Leben bisher in gequälter Frustration verbracht? Ihre Jagdleidenschaft ist ein Zeichen Ihrer Unzufriedenheit. Sie trinken -um der Wirklichkeit zu entrinnen. Sie beneiden Ihre Vorgesetzten - eine Charakterschwäche. Sie sind arrogant - ein Minderwertigkeitskomplex. Und das alles ist doch so unnötig. Hier, am Tor von Gholan, können Sie die Antwort auf all Ihre Probleme finden.«
»Träume«, wiederholte Scott.
»Nein, Lieutenant, keine Träume -sondern Tatsachen. Seit Jahrtausenden kennen wir hier am Tor von Gholan die Wahrheit. Wir kennen sie. Das Universum ist nicht so, wie es uns erscheint. Es gibt noch ein anderes, das wahrhafte Universum, und das Tor von Gholan ist die Pforte echten Universums.«
»Der Weg, der Pfad«, sagte Scott verdrossen, »die wahre Erleuchtung. Immer das gleiche Lied, nur in verschiedenen Begriffen ausgedrückt. Zum Teufel, das habe ich schon von so vielen religiösen Sekten auf so vielen Welten gehört. Die Meditation wird neue Pforten des Bewußtseins öffnen. Alles Blödsinn.«
»Ja.«
»Sie geben das selbst zu?«
»Daß diese Sekten nur Träume verkaufen? Aber natürlich. Wie ich Ihnen schon sagte, Lieutenant, wir wissen. Wir haben die Pforte zur Wahrheit, und diese Pforte ist der Beweis der Wahrheit.«
»Das ist doch nur Wortklauberei.«
"Glauben Sie?« Hna Irmuse lächelte überlegen. »Nein, keine Worte, Lieutenant. Beweise kann man nur durch Tatsachen liefern. Und hier auf Gholan haben wir die Tatsache - den greifbaren Beweis.« Seine Stimme war absolut aufrichtig und überzeugt. Wenn er bluffte, mußte er ein perfekter Schauspieler sein. Scott blickte stirnrunzelnd in sein Glas. »Das ist ja alles ganz hübsch; aber man hat mir etwas ganz Besonderes versprochen. Bisher habe ich nur schöne Reden gehört.«
»Ich muß Sie vorbereiten.«
»Worauf? Auf dieses Tor, von dem sie dauernd sprechen?«
»Richtig.« Hna Irmuse erhob sich und schlug einen Gong an. Der tiefe, sonore Laut schien das Zimmer zu erfüllen und von den Wänden widerzuhallen. Die Tür ging auf, und zwei Meister in ihren olivgrünen Roben standen auf der Schwelle. »Kommen Sie, Lieutenant. Es ist Zeit, daß Ihnen das Erlebnis zuteil wird, das man Ihnen versprochen hat.«
Sie gingen durch enge Gänge, vorbei an sich drehenden Laternen mit bunten Glasfenstern, die das Gewölbe mit ständig wechselnden Farben überzogen. Es ging abwärts oder immer tiefer in den Felsen hinein. Vermummte Gestalten glitten wie Schatten an ihnen vorüber. Von irgendwoher drang leiser, getragener Chorgesang durch die hallenden Gänge.
»Ich möchte aber keinen Gottesdienst
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