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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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ein Stück
    Ziegendreck im offenen Gelände.
    Nach einer vielsagenden Stille trompetet er los:
    „Wann wirst du endlich klüger, Llob? Um Him-
    mels willen! Wann lernst du endlich, daß man den
    Nachbarn nicht beißt, kaum daß man von der Leine
    ist? Wir sind hier nicht im Wilden Westen …“
    Ich bleibe stumm. Gemäß Artikel 13 und 69 der
    Verordnung zur Inneren Sicherheit, die da besagen:
    Wenn ein Chef dir den Kopf wäscht, unwürdiger
    Untergebener, hältst du den Mund, damit du keinen
    Schaum schluckst und dir eine Kolik holst.
    „Man kann dich wirklich nicht allein lassen.
    Nicht einmal eine Stunde hat man seine Ruhe mit
    dir. Kaum drehe ich dir den Rücken zu, tust du
    alles, um die Stadt auf den Kopf zu stellen.“
    „Die Geschichte mit der Leine, Herr Direktor, die
    habe ich nicht ganz verstanden.“
    „Wie konntest du es wagen, die Hand gegen den
    ehrenwerten Haj Garne zu erheben?“
    „Ich habe nur versucht, mich zu schneuzen, Herr
    Direktor. Wenn ich verschnupft bin, bin ich ent-
    setzlich ungeschickt.“
    Anscheinend bin ich doch ein wenig zu weit ge-
    gangen, denn der Direx bäumt sich auf und haut
    mit der Faust auf den Tisch. Da es aber doch noch
    eine Gerechtigkeit gibt auf der Welt, verfehlt er die
    Schreibtischunterlage, und sein Porzellanfäustchen
    kracht auf den Aschenbecher.
    Ich verharre stocksteif, das Kinn im rechten
    Winkel, während er sich seine wunden Finger
    leckt.
    Mit nachlassendem Schmerz findet der Direktor
    langsam, aber sicher seine Gesichtsfarbe wieder. Er
    dröhnt:
    „Er wird dich verklagen. Und ich werde nichts
    unternehmen, ihn davon abzubringen. Ich werde
    auch nicht die Hand über dich halten. Ich möchte
    einmal sehen, wie dir der Himmel auf den Kopf
    fällt, Llob. Seit Ewigkeiten schon suchst du deinen
    Meister, jetzt hast du ihn endlich gefunden …“
    Seine näselnde Stimme ermüdet mich. Einer, der
    durch die Nase spricht, kann einen Hitzkopf nur
    schwer einschüchtern.
    Ich ertrage geduldig mein Schicksal. Aber wie
    sehr ich auch versuche, mich auf ein Spatzenpaar
    auf der Stromleitung im Hof zu konzentrieren,
    meine Gedanken schaffen es nicht, mit ihnen da-
    vonzufliegen.
    Der Direktor gelangt ans Ende seiner Strafpre-
    digt. Tupft sich mit einem Seidentüchlein trocken.
    Nach einem kurzen Schnaufer schlägt vor:
    „Du ruftst ihn jetzt an und entschuldigst dich.“
    „Mitnichten.“
    „Ich hab mich wohl verhört.“
    „Mitnichten …“
    „Ist das eine Meuterei?“
    „Wenn Sie das so sehen.“
    „Du rufst ihn sofort an, oder ich reiße dir die Oh-
    ren aus.“
    Und wenn schon! Verächtlich mustere ich den
    Koloß auf seinen tönernen Füßen, hole tief Luft
    und lege los:
    „Ich spucke auf dich und deine Vorfahren, du
    Schleimscheißer! Ich habe dich gekannt, als du
    noch in einer Bruchbude gehaust hast, am Platz des
    Ersten Mai, und jedem Müllwagen nachgejagt bist.
    Ich erinnere mich noch an deine zerrissene Kutte
    und deine lumpige Jacke. Jetzt bist du ganz oben,
    und das steigt dir zu Kopf. Paß nur auf, daß dir
    nicht schwindlig wird.“
    „Ich erlaube dir nicht, mich zu duzen. Ich bin der
    Direktor …“
    „Ich habe nie ein Votum für dich abgegeben.
    Ginge es nach mir, dein Verschwinden wäre keine
    Verlustmeldung wert. Du bist ein Nichts, ein Rau-
    schen im Wind, eine Null mit Zuckerguß, ein
    Häufchen Hundedreck, ein falscher Fünfziger, fett
    und undankbar … Was deinen Schützling betrifft,
    sag ihm, einen Polizisten respektiert man, selbst
    wenn er halb verhungert ist.“
    Ich lasse ihn sitzen in seinem Schlamm, den ich
    gehörig aufgewühlt habe, und verlasse türschla-
    gend den Raum.
    Auf dem Gang gratuliert mir die Belegschaft
    durch Handzeichen und Augenzwinkern. Alle ha-
    ben mitgehört und konnten es kaum glauben.
    Nachdem das Unwetter vorüber ist, taucht auch
    Lino wieder auf. Er schwebt wie auf Wolken. Er
    versenkt den Wurmfortsatz, den er als Nase aus-
    gibt, in ein Taschentuch und posaunt so laut drauf-
    los, daß selbst Baya im Nebenzimmer hochfährt.
    „Man sagt, daß du dem Direx das Maul gestopft
    hast! Stimmt es, daß du ihn ein Häufchen Hunde-
    dreck genannt hast?“
    „Ja und?“
    „Verdammt!“ Er ist vor Entzücken außer sich.
    „Wo nimmst du nur deine verfluchten Schimpf-
    wörter her, Kommy?“
    „Aus dem Scheißhaus.“

    7

    Ich bin zu Da Achour gefahren. Wenn ich nicht gut
    drauf bin, gehe ich immer zu ihm. Seine innere
    Ruhe glättet meine Wogen. Da Achour ist ein Se-
    her, vielleicht sogar ein

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