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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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wenn ich nur versu-
    che, sie um ein Glas Wasser zu bitten.
    Verdammter Krieg.
    Ich schiebe den Teller weg, verschwinde ins
    Schlafzimmer. Mina kommt mir nach. Ihre Augen
    sind erschütternd vorwurfsvoll. Sie stellt sich hin-
    ter mich und massiert mir den Nacken. Wenn sie
    sich sonst auf diese Weise meiner annimmt, ist
    Mina die reinste Therapie für mich. Doch an die-
    sem Abend ist jede ihrer Berührungen schmerzhaft
    wie ein Stich.
    Ich drehe mich zum Fenster. Die Nacht gießt Gift
    und Galle über die Stadt. Und schon löst in der
    Ferne die erste Salve den Wahnsinn aus.

    6

    Seit zwei geschlagenen Stunden scheuere ich mir
    die Ellenbogen auf der schmierigen Theke eines
    Cafés Ecke Rue des Révolutions wund.
    Ich throne auf einem Barhocker und halte mit den
    Händen eine Tasse Tee warm, die längst abgekühlt
    ist. Meine Uhr zeigt halb neun, und von Mourad
    Atti noch immer keine Spur.
    Lino hockt mit eingezogenem Kopf und abge-
    nutztem Overall in einem Winkel und versucht,
    wie ein Maurer auszusehen, der seinen Feierabend
    genießt. Er sitzt wie auf Kohlen. Das Viertel hat
    nicht gerade den Ruf, zimperlich mit Polizisten
    umzugehen.
    Der Wirt ist ein verkrüppeltes Männchen. Einen
    Gast zu bedienen, braucht er länger als ein algeri-
    scher Zöllner für die Abfertigung eines Reisenden.
    Man könnte ihn für sanftmütig halten, wenn er
    nicht dieses widerliche Stachelschwein im Gesicht
    hätte: einen subversiven Bart, in dessen Nähe es
    gefährlich werden kann.
    Um mich herum unterhält sich eine Gruppe nase-
    bohrender Greise. Etwas weiter weg wetzen ein
    paar Jugendliche ihre Blicke an der tristen Umge-
    bung. Mit heruntergezogenen Augenbrauen und
    aggressiv vorgeschobenen Lippen ertragen sie ihre
    Verbannung wie eine Risikoschwangerschaft.
    Neun Uhr!
    Ich gehe Mina anrufen, um sie zu beruhigen. Als
    ich zurückkomme, sitzt ein anderer bequem auf
    meinem Platz und hat seine Flossen bereits um
    meine Tasse gelegt.
    „He!“ sagt er spöttisch, „wer einmal fort zur Jagd
    gegangen, von dem hab ich den Platz gefangen.“
    „Ja, schon! Doch kommt er dann zurück zum Ort,
    jagt er den Hund gleich wieder fort.“
    Anerkennend macht der Mann ein Daumenzei-
    chen, daß der Punkt an mich geht und entfernt sei-
    nen dicken Hintern von meinem Barhocker.
    Dem Wirt gefällt das gar nicht. Mürrisch poliert
    er vor meiner Nase die Theke und konfisziert dabei
    gleich mein Getränk.
    Lino zeigt auf seine Uhr, um mich daran zu erin-
    nern, daß die nächtliche Ausgangssperre noch im-
    mer in Kraft ist. Ich deute ihm, die Sache zu ver-
    gessen.
    Da taucht Mourad Atti doch noch auf, mit einer
    Tasche unter dem Arm. Er grüßt einen Zigaretten-
    verkäufer, der sich die Stufen des Cafés ausgesucht
    hat, um seine armselige Ware auszubreiten, dann
    mustert er die Umgebung, sein Blick bleibt an mir
    hängen, dann an Lino, er findet unsere Mienen
    wohl verdächtig. Es bleibt ihm keine Zeit, sich zu
    verdrücken. Serdj schnappt ihn sich sofort.
    „Ganz ruhig“, flüstert er ihm zu.
    Mourad versucht zu entwischen. Ich halte ihm
    meine Pistole unter die Nase. Im Handumdrehen
    befördern wir ihn auf den Rücksitz unseres Dienst-
    Peugeot und machen uns mit quietschenden Reifen
    aus dem Staub.
    Der Art nach zu schließen, wie die einfachen
    Leute unseren Auftritt beobachtet haben, halte ich
    es für ratsam, nie wieder einen Fuß in dieses Vier-
    tel zu setzen.

    Haj Garne braucht kein Wahrheitsserum, um sich
    zu verraten. Er ist die Falschheit in Person. Sein
    Grinsen, seine Lachanfälle, sein schleimiges Schul-
    terklopfen sind nur Köder.
    Er gehört zu diesen Primitivlingen, die es „ge-
    schafft“ haben, ohne jedoch ihre schmuddlige Her-
    kunft verleugnen zu können. Er ist auf vielen Ge-
    bieten ein Analphabet, bemüht sich aber dennoch
    um ein Auftreten, das dem Niveau seines Reich-
    tums entspricht. Aber leider ist da diese verflixte
    Vergangenheit, die aus jeder seiner Gesten durch-
    scheint, so linkisch und ungehobelt wie beim Zir-
    kusaffen, dessen Pagenkostüm seine Grimassen
    auch nicht überdecken kann.
    „Hätte ich nur geahnt, daß du kommen würdest!“
    ruft er mir zu und drückt mich lüstern an sich.
    „Ich komme, um ein wenig in deinem Schlamm
    zu wühlen.“
    „Hab ich mir fast gedacht.“
    Soviel ich weiß, hat Garne bei einem französi-
    schen Siedler als Schmied gearbeitet. Herauszufin-
    den, wie er sein Imperium aufgebaut hat, wäre ein
    endloses Geduldsspiel. Er ist nie irgendein

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