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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Nasenflügel beben. Er bleibt aber cool.
    „Merkst du denn nicht, daß der Herr Direktor dir
    entgegenkommt?“ schaltet sich Bliss ein und be-
    trachtet seine Fingernägel.
    „Du Zwerg, halte du dich da raus, wenn du nicht
    willst, daß ich dich in den Abfluß stopfe, bis die
    Ratten alles Mark aus deinen Knochen gesaugt
    haben.“
    Bliss weicht zurück und verstummt. Seine Augen
    verengen sich. Das bedeutet, daß er gerade nach-
    denkt. Und wenn Bliss nachdenkt, hält selbst der
    Teufel den Atem an.
    Der Direktor wird ungeduldig, ermahnt uns, wir
    sollen uns benehmen. Nach einem tiefen Seufzer
    verkündet er: „Mourad Atti wurde heute morgen in
    die Beobachtungsstation des Sicherheitsbüros zu-
    rücküberstellt.“
    „Ich bin mit ihm noch nicht fertig.“
    „Das macht nichts. Die Jungs von der BdS haben
    mir versprochen, uns zu verständigen, wenn sie
    was finden, was mit unserem Fall zu tun hat.“
    Ich erhebe mich. „Kann ich gehen?“
    „Natürlich …“
    Ich streiche meine Weste glatt, mache ein paar
    Schritte auf die Tür zu. Seine Stimme hält mich
    zurück: „Kommissar …“
    Ich bleibe stehen, ohne mich jedoch umzudrehen.
    Der Direx steigt von seinem Thron herab und
    kommt auf mich zu. Seine sorgsam manikürte Pur-
    purhand legt sich auf meine Schulter und zieht sich
    dann wie unter Elektroschock zurück. Er geht mir
    zur Tür voraus und flötet, während er die Klinke
    liebkost: „Hast du heute etwas Besonderes vor?“
    „Kommt darauf an.“
    „Wenn es dir nicht allzuviel ausmacht, schau
    doch auf einen Sprung bei unserem Freund Ghoul
    vorbei.“
    „So ein Pech aber auch: heute morgen habe ich
    meine Stange zerbrochen.“
    „Was heißen soll?“
    „Daß Schluß damit ist. Ihr Kumpel sollte besser
    einen Privatdetektiv engagieren. Diese Sexge-
    schichten stinken dermaßen, daß ich dabei kaum
    klar denken kann. Suchen Sie sich jemand anderen
    für diese Drecksarbeit.“
    „Das find’ ich überhaupt nicht witzig!“ lamen-
    tiert der Chef.
    „Hab ich ja von Anfang an gesagt.“

    * * *

    Lino bringt mich nach Hause. Er bearbeitet das
    Lenkrad, vermeidet es, mich anzusehen. Gut und
    gerne zwanzig Minuten fahren wir, und noch im-
    mer absolutes Schweigen. Er weiß, daß ich einen
    Haufen Leute gegen mich aufgebracht habe, und
    das setzt ihm ganz schön zu.
    „Diese Kerle sind Bulldozer“, warnt er mich.
    „Mir egal.“
    „Was willst du jetzt tun?“
    „Mich auf meine Pension vorbereiten. Für Er-
    niedrigungen bin ich zu alt.“
    Lino wedelt energisch mit dem Finger. „Das ist
    nicht der richtige Moment, Kommy. Wir haben
    Krieg. Man wird dich wie einen Deserteur behan-
    deln.“
    „Mir egal.“
    „Und deine Karriere, Kommy? Du wirst doch
    jetzt nicht aufgeben, wo du so kurz davor stehst,
    Abteilungsleiter zu werden.“
    Ich bremse ab. „Die echte Karriere eines Mannes,
    Lino, ist seine Familie. Im Leben hat es der zu et-
    was gebracht, der es bei sich zu Hause zu etwas
    gebracht hat. Der einzig wahre und gesunde Ehr-
    geiz besteht darin, stolz auf seine Familie zu sein.
    Der Rest, der ganze Rest, Beförderung, Aufstieg,
    Ruhm, ist nichts als Schaumschlägerei, Flucht nach
    vorn, Ablenkung vom Wesentlichen …“
    Das verschlägt Lino die Sprache.

    * * *

    Ein Unglück kommt selten allein. Dazu fehlt ihm
    der Mumm. Es braucht stets einen zweiten Schick-
    salsschlag, der ihm hilft, einem den Boden unter
    den Füßen wegzuziehen.
    Als ich nach Hause komme, stolpere ich im Vor-
    zimmer über zwei Koffer. Mein ältester Sohn steht
    im Gang, traurig, aber entschlossen. Am schluch-
    zenden Gesicht seiner Mutter sehe ich, daß er sich
    endgültig entschlossen hat auszuziehen. Seit einer
    Ewigkeit geistert der Gedanke, von hier abzuhau-
    en, in seinem Kopf herum. Algier ist ihm zur
    Zwangsjacke geworden. Das Viertel seiner Kind-
    heit hält ihn nicht mehr. Bei meinem Anblick
    schlägt er die Augen nieder.
    Er schluckt: „Tut mir leid, Papa.“
    „Nicht deine Schuld, mein Sohn.“
    Er ist der Sohn eines Polizisten. Nach den Regeln
    der Fundamentalisten verdient er dasselbe Schick-
    sal wie sein Vater. Nicht wenigen Kindern hat man
    die Kehle durchgeschnitten, nur weil ihre Eltern
    Soldaten oder Polizisten waren. Ich bin fast er-
    leichtert, daß er sich zu einer Luftveränderung ent-
    schieden hat.
    „Sei mir nicht allzu böse, Papa.“
    „Ich habe dir doch gesagt, es ist nicht deine
    Schuld. Wohin soll es denn gehen?“
    „Tamanrasset. Ich habe Freunde da. Ich finde si-
    cher

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