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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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morbiden Arabisierungswut.
    Heute, wo die Intellektuellen ohne Vorwarnung
    umgebracht werden, gehört er seltsamerweise zu
    den wenigen Schriftstellern, die ihrem Geschäft
    frei nachgehen können, ohne sich ständig umsehen
    zu müssen.
    Wie es in der literarischen Halbwelt mit ihrem
    Rivalitätsgerangel nun einmal üblich ist, wo sich
    Herzlichkeit aus gelehrten Gemeinheiten und fal-
    schen Freundlichkeiten speist, war das Verhältnis
    zwischen Llob und Lankabout schon immer das
    zweier Schlangen, die sich auf leisen Sohlen angif-
    ten, wobei er meine Romane beharrlich zur Trivi-
    alkunst erklärt und ich hartnäckig seinen Ruf als
    Don Quichotte der Kunst und Literatur in Frage
    stelle.
    Und so schütteln wir uns mit einem gerüttelt Maß
    an Feindseligkeit die Hände.
    „Worauf warten Sie noch, bis Sie Ihre Dienst-
    marke zurückgeben? So wie die Dinge liegen, läßt
    man sich als Polizist besser nicht mehr auf der
    Straße blicken. Abgesehen davon, verträgt sich die
    Berufung zum Schriftsteller nur schwer mit einem
    Beruf, der darin besteht, den Leuten auf den Geist
    zu gehen.“
    „So wie die Dinge liegen, läßt man sich auch als
    Schriftsteller besser nicht mehr auf der Straße bli-
    cken. Vielleicht legen Sie zuerst Ihre Feder beisei-
    te, Monsieur Lankabout?“
    Er betrachtet sein Glas, als suche er darin die In-
    spiration für das nächste Plagiat. Sein Mund ver-
    zieht sich, als er sagt: „Es heißt, Sie brüten gerade
    über einem dritten Buch?“
    „Diesmal zum Thema Antimaterie.“
    „Interessant, ich wußte gar nicht, daß Sie Alche-
    mist sind. Gibt es tatsächlich so etwas wie Antima-
    terie?“
    „Der Fundamentalismus zum Beispiel: Antimate-
    rie in Reinkultur!“
    „Was werfen Sie ihm denn vor, Llob, so durch
    und durch fromm, wie Sie sind?“
    „Seine Funktion als alogisch-verlogener Neolo-
    gismus.“
    „Aha. Etwas gewagt, finden Sie nicht?“
    „So gleiche ich mein mangelndes Talent aus.“
    Er nickt. „Hmm! Das eine so gut wie das andere,
    sich Ruhm zu verschaffen. Eine Fatwa, und schon
    werden Sie zum Prix Goncourt gepuscht. Es gibt
    eine Menge von Schreiberlingen, bei denen das
    funktioniert hat.“
    „Der lebende Beweis steht vor mir.“
    „Vielleicht, aber mein Risiko war äußerst gering.
    Sie dagegen sind verteufelt mutig, Llob, muß ich
    zugeben.“
    „Was wissen Sie schon von Mut, Monsieur Lan-
    kabout?“
    „Nun, er ist ein höchst plumpes Täuschungsma-
    növer.“
    Er stößt ein boshaftes Kichern aus, schwenkt sein
    Glas, führt es an die Lippen, trinkt aber nicht. Sei-
    ne Augen funkeln vor Falschheit und versprühen
    ihr ganzes Gift in die meinen.
    „Wenn Sie nur die Feder mit der gleichen Leich-
    tigkeit wie Ihre Zunge führen würden, Kommissar
    … Es war eine Qual, sich in Ihr Werk einzulesen,
    Ali Baba.“
    „Beruht ganz auf Gegenseitigkeit, Ali Gator.“
    Meine Uhr erinnert mich daran, daß Anissa mich
    schon über zwei Stunden warten läßt. Vor zehn
    Minuten ist Haj Garne angekommen. Da er meine
    Gegenwart nur schwer erträgt, scheint er sich beim
    Hausherrn entschuldigt zu haben und ist wieder
    gegangen, nicht ohne anzudeuten, daß ein einziger
    Unterernährter, der bei Tische furzt, der ganzen
    Tischgesellschaft die Laune verdirbt.
    Madame Fa hat derweil Gelegenheit gefunden,
    sich der Belagerung durch ihre Gigolos zu entzie-
    hen, um mich in die Enge zu treiben und glauben
    zu lassen, ich stünde kurz davor, Rabelais zu ent-
    thronen. Ihre Hand hörte nicht auf, die Beschaffen-
    heit meiner Bauchmuskeln zu testen. Es stimmt,
    daß sie die Manie hat, ihren Worten durch hartnä-
    ckiges Getatsche Nachdruck zu verleihen, wie das
    bei Leuten so ist, die sich sonst kein Gehör ver-
    schaffen können, aber hier übertreibt sie wirklich.
    Verlorene Liebesmüh. Als ihr klar wird, daß sie
    mich nicht auf die Trophäenliste dieses Sabbats
    bekommt, läßt sie von mir ab.
    Für einen Augenblick sehe ich den Albino von
    Ghoul Malek hinten im Saal, breitbeinig auf seine
    Schweinshaxen aufgepflanzt, einsatzbereit beim
    kleinsten Fingerschnipsen, wie ein Eunuche. Ich
    esse am Buffet schnell eine Kleinigkeit, und als ich
    zurückkomme, ist er schon fort.
    Lino wiederum hat kein Lebenszeichen von sich
    gegeben, seit er mit den zwei Miezen nach oben
    verschwunden ist. Ich folge ihm, um nachzuschau-
    en, da fällt mir eine halb geöffnete Tür auf. Ein
    Blick hinein bestätigt mir, daß Anissas Verspätung
    nicht auf irgendeine technische Panne zurückzu-
    führen

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